Kapitel 99

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PoV Nina

Ich spürte plötzlich zwei starke Arme, die sich um meine Schulter legten und sah langsam auf, in den Spiegel. Hinter mir stand Lynn und legte ihren Kopf auf meine Schulter. Ihr Kinn drückte leicht auf meinen Knochen und sofort entspannte ich mich etwas. Auch wenn ich das nicht unbedingt wollte.
Wie war sie so lautlos in das Zimmer gekommen? Vielleicht waren meine Gedanken zu laut gewesen und ich hatte wieder die Kontrolle verloren.
Es war schon komisch, dass ich sie nicht wegstieß und anschrie, so wie ich es früher getan hätte. Ich sah einfach nur in das komische Spiegelbild vor mir und musterte unsere zwei Gestalten.

Lynn lächelte kurz, auch wenn es nicht glücklich aussah. Dann hob sie ihren Kopf und zog ihre Arme zurück. ,,Es tut mir Leid", flüsterte sie und ihr Gesicht wurde trüb. Sie stellte sich neben mich und ihre Augen trafen auf die meines Spiegelbildes. Ich blinzelte verwirrt:,,Was tut dir Leid?" Ich musste sehr verwirrt klingen, aber das war ich auch. Dieses mal hatte Lynn nichts getan. Aber sie hatte meine Schwäche und die Tränen in meinen Augen gesehen. Und dafür schämte ich mich trotz unserem Frieden. Ich bin immer noch verwundert, das ich das geschafft habe...

Lynn strich sich kurz die Haare hinters Ohr und sagte dann leise:,,Ich hätte mit dir kämpfen sollen, aber-" Sie stockte und schien nach den richtigen Worten zu suchen. ,,-aber ich konnte nicht. Die Vergangenheit ist manchmal zu stark und wir waren zu gute Freunde..." ihre Stimme brach und versagte. Sofort sah ich zu Boden und wich ihrem Blick damit aus. Ich wollte keine Schuldgefühle zeigen. Sie musste sich nicht zwischen uns entscheiden, das war ungerecht. Mein Herz hämmerte in meiner Brust, als wollte es zerspringen. Und ich wollte etwas sagen, irgendetwas, aber ich konnte nicht...

,,Es muss dir nicht Leid tun", began ich und sah wieder zu ihrem Spiegelbild. In die braunen Augen und sah die triste Seite darin. Den Schmerz und die Verzweiflung. Du hast nichts falsch gemacht, das hast du nie... das war immer ich.
,,Du musst dich nicht entscheiden. Das sind unsere Konflikte." Ich nickte langsam und Lynn musterte mich stumm. Dann nickte auch sie und legte den Kopf auf meine Schulter. Diese Nähe war ungewohnt und doch stieß ich sie nicht weg. Nein, ich brauchte gerade jemanden zum Ablenken und es war mir egal, wie. Und Lynn sah so friedlich aus, so anders. Hatte ich mich damals wirklich mit der Selben Lynn gestritten?

Lachend drückte ich dann doch sanft ihren Kopf weg:,,Na Kuschelhase, brauchst du ein Kissen?" Lynn sah mich kurz verschreckt an. Dann jedoch lachte auch sie und schüttelte mit Nachdruck den Kopf. Ich glaubte sogar ein leises "Sorry" zu hören, aber sicher war ich mir dann doch nicht. Kurz schien alles vergessen. Dieser Ort, die Gedanken und all die Sorgen und Schmerzen. Als wäre ich mit einer Freundin in einem ganz normalen Leben. Würde Lachen und glücklich sein. Auch wenn es nur kurz war, zeigte es mir doch, wofür ich noch kämpfte. Nicht für mich, sondern für mein Leben...

Lynn sah mir erneut in die Augen und die Wärme darin war deutlich zu sehen. ,,Manchmal kommt es mir so vor, als wären unsere Streitereien in einem anderen Leben passiert. Als wäre das ein Neues und freieres Leben, ohne Kämpfe um Stolz und Ehre...", murmelte Lynn und sah kurz zur Seite. Sie konnte so ehrlich sein. So offen über ihre Gedanken reden und dafür beneidete ich sie wirklich...
Ich nickte einfach nur. Sie hatte mich an dieses Leben erinnert und doch war es nicht negativ gewesen. Ein neues Leben klingt nicht schlecht...

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Hallo!
Morgen kommt dann Kapitel 100. :)
Aus wessen Sicht wollt ihr das geschrieben haben? ;)
LG
FantasySoja

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt