Kapitel 170

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PoV Fenja

,,Ich weiß ja, wie schwer Paulas Tod für dich gewesen sein muss, aber meinst du nicht, dass du nicht doch noch weiter kämpfen kannst?", Frau Zynk musterte mich interessiert. Ich sah einfach auf den weißen Boden und unterdrückte die Traurigkeit. Was wussten sie schon von mir?
Ich unterdrückte den Hass in mir selbst und schluckte ihn hinunter. Ich hatte vergessen, wie lange ich hier saß. Aber ich wusste, dass ich erst seit ich wieder in jenem Zimmer war, gemerkt hatte, dass ich sie immer noch vermisste. Und sie machten es nicht besser, in dem sie darüber redeten.

Ich schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. Sie schmerzten vom wenigen Schlaf. Warum ich immer noch zu diesen Therapiestunden sollte, wusste ich nicht, es war sinnlos. Ich hatte mich aufgegeben. Entgültig.
Ich wollte eine scheiß Klinge und einfach alles beenden. Das brennende Gefühl spüren, wenn sie die Haut aufschnitt. Die Schmerzen, wenn ich sie tiefer drückte und spürte, wie sich das Metall in das Fleisch fraß. Sterben und endlich tot sein. Ich wollte keine verdammten Gedanken mehr, wollte einfach nur aufhören zu atmen. Ich wollte spüren, wie mein Herz aussetzen würde und jeder Atemzug die Brust schwer werden ließ.

,,Wir reden jetzt seit einem halben Jahr immer über das selbe Thema und ich habe das Gefühl, dass es dir immer schlechter geht", sagte Frau Zynk schließlich und holte eine blaue Mappe vom Tisch. Ich kannte sie, jene Mappe, die mich an die zwei Jahre hier erinnerten. Vermutlich gab es keinen gefüllteren Ordner als meinen. Jeder Schnitt, jeder Versuch und jeder Tag wurde dort notiert. Und es gab nur ein halbes Jahr, in dem die Seiten hell und nicht dunkel waren. Das halbe Jahr, in dem ich Paula gekannt hatte, in dem ich an ihrer Seite leben durfte, anstatt täglich zu sterben.

Vermutlich war Paula die einzige Person, die seit fast fünf Jahren mein wahres Ich gekannt hatte. Sie war mit so vielen Geschichten gestorben und ich konnte ihr nicht folgen.
,,Wir haben überlegt, dass dir eine neue Zimmerpatnerin vielleicht helfen würde", sagte Frau Zynk dann und sah mich interessiert an. Ich kniff meine Finger in den linken Unterarm und schüttelte sofort den Kopf. Niemals! Ich wollte alleine sein, hatte aufgegeben und jemanden; der mich nur noch tiefer in diese scheiß Depressionen zog, brauchte ich nicht.
Frau Zynk seufzte und klappte die Mappe wieder zu. Dann musterte sie mich wieder nur.

,,Wir können das auch anders klären und da du dich mittlerweile gänzlich aufzugeben scheinst, müssen wir wohl amdere Methoden aufzuiehen. Ich hab immer gedacht, dass du es auch so irgendwie begreifst, aber-", ich hörte ihr nicht mehr zu, kniff mir jetzt die Finger so sehr in die vernarbte Haut, dass ich die Luft scharf einatmete und wieder kurz die Augen zusammenkniff. Was verstanden sie schon vom begreifen ?! Ich wollte meinen ganzen Hass loslassen, aber ich beherrschte mich irgendwie. Trauer und Wut brannte sich mir in den Kopf. Sie begriffen gar nichts! Tränen stiegen mir in die brennenden Augen, aber ich ignorierte sie irgendwie.

Sie hatten Paula getötet. Sie hatten mir das genommen, wegen dem ich die Depressionen vergessen konnte. Sie trieben mich in diese verdammten Versuche. Sie quälten mich.
Ich wollte nur noch sterben.
Aber natürlich begriff ich in ihren Augen nichts. Ich war ja nur ein dummer Psycho, der bereit war sich jederzeit eine Klinge in den Arm zu rammen und zu sterben. Ich begriff nichts, mein Leben war nichts wert. Jedes Wort gehörte nur einem suizidalen Psycho, dessen Gedanken sich in der Schwärze verfangen hatten. Ich war dumm, wertlos und verdammt kaputt! Das hatte ich jetzt begriffen!

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt