Kapitel 136

86 12 3
                                    

PoV Fenja

Ich musterte den Umschlag. Trotzdem schwieg ich. ,,Was ist das?", fragte ich dann misstrauisch und hörte zugleich, wie gebrochen meine Stimme klang. Kraftlos und ohne Hoffnung. Frau Zynk seufzte und lies sich auf meinem Bett nieder. Sie strich sich durch die Haare und sah wieder zu Frau Tölke. Dann holte sie wieder tief Luft. Trotzdem klang ihre Stimme anders:,,Paulas Abschiedsbrief an dich..."
Ich zuckte sofort zusammen und schloss die Augen. Sie trafen einen Punkt über den ich nicht gerne sprach. Aber Frau Zynks Worte waren noch schlimmer. Es gab keinen Abschiedsbrief, sie hat nie einen geschrieben...

Ich spürte, wie mein Atem unregelmäßig wurde und sich Tränen nach oben kämpften. Da waren wieder diese Bilder, wie wir zusammen im Zimmer saßen, schweigend und doch einmal nicht alleine. Wie sie ging und dann diese Nachricht von ihrem Suizid.
,,Wir wollten ihn dir eigentlich nie geben, weil wir dachten, dass deine Psyche das nicht verkraften würde", Frau Zynks Stimme war belegt und zitterte etwas. Frau Tölke musterte mich ebenfalls. ,,Wir haben ihn nicht geöffmet und werden ihn auch nie lesen, er ist von ihr an dich und niemanden sonst", sagte sie und seufzte wieder. Dann sah sie ebenfalls zu Frau Zynk.

Ich atmete tief ein. Es konnte nicht sein, sie hatte keinen Brief geschrieben. Sie war alleine gegangen und hatte mich vergessen! Ich spürte wieder diese verdammten Tränen aufsteigen, aber ich ließ sie nicht zu. Verdrängte sie und konzentrierte mich auf die Worte. Es kann einfach nicht sein, sie ist schon so lange fort... Ich verkrampfte meine Finger und fuhr mir damit über meinen Ärmel. Dort wo die unzähligen Narben waren, die Narben, die mich an meine Vesuche erinnerten. Und an die eine Narbe am Bein, die mich für immer an sie erinnern würde. Zumindest bis ich ihr folgen würde...

Erneut hielt Frau Zynk mir den Brief entgegen. Ich zögerte und schluckte. Noch immer konnte ich es nicht begreifen und irgendwie wollte ich es nicht glauben. Sie war schon so lange tot, warum bekam ich erst dann ihren Brief, als alles zu brechen schien?
Dann ergriff ich den weißen Umschlag mit meiner linken Hand und senkte wieder den Kopf. Ich ließ ihn auf meinen Knien liegen und schluckte wieder.
Frau Zynk lächelte traurig. Dann seufzte sie erneut:,,Wir können dich gerne alleine lesen lassen, aber denk dran, durch die Kamera können wir alles sehen."

Dann räumte sie ihre Sachen zusammen und sah zu mir. Meine Hände krallten sich in meinen Hoodie. Ein Tier... Aber ich würde endlich mal wirklich alleine sein. Obwohl sich bei dem Gedanken an den Brief alles in mir zusammenzog. Es konnte nicht sein, sie war tot. Und sie hatte niemandem einen Abschiedsbrief geschrieben, dass wusste ich. Warum dann mir? Oder alle versteckten diese Briefe hinter Lügen. Frau Tölke erhob sich ebenfalls und ich sah die Sorge in ihren Augen. Auch Frau Zynk musterte mich und in diesem Moment kam wieder der Hass hoch. Wenn dies wirklich ihr Abschiedsbrief war, hatten sie mir das so lange verschwiegen.

Aber am Ende werde ich mich immer selbst am meisten hassen. Dann stand auch Frau Zynk auf und zusammen gingen sie zur Tür. Ich sah, wie schwer es ihnen fiel mich alleine zu lassen und mir zu vertrauen. Ich vertraute mir selbst ja auch nicht. Dann verließen sie das Zimmer und schlossen die Tür. Mein Blick fiel wieder auf den Umschlag auf meinen Knien und vorsichtig griff ich danach. Meine Händen strichen kurz über die Kanten daran und ich unterdrückte das Gefühl sie mir über die Haut zu ziehen. Nicht jetzt... Dann schloss ich kurz die Augen. Ich hatte Angst vor diesem Brief, warum wusste ich nicht. Und wieder kamen die Schuldgefühle hoch. Aber ich schob sie fort und griff dann nach dem Umschlag.

-----
Hi,
Feedback in die Kommentare, würde mich freue. ;)
LG
FantasySoja

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt