Kapitel 114

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PoV Anna

,,Hast du sonst noch irgendwelche Schmerzen oder Beschwerden?", frage Frau Ostmeier, eine junge schwarzhaarige Ärztin mich. Sie sah von ihrem Block auf und ich schüttelte den Kopf. Dabei meldeten sich die Kopfschmerzen erneut und ich zuckte zusammen. Mein Hals fühlte sich zwar immer noch trocken an und das Gefühl von Taubheit blieb. Ich hatte keine Angst, aber es war ein komisches Gefühl zu wissen, dass ich im Koma gelegen hatte. Es war beklemmend und kalt zugleich. Und ich hätte iles zu gerne vergessen, vergessen, wie nahe ich dem Tod eigentlich gewesen war. Wie nahe ich dran gewesen war mich aufzugeben.

,,Was sind deine letzten Erinnerungen?", meine Kopfschmerzen wurden nur noch schlimmer von den ganzen Fragen. Und das Nachdenken zwang mich immer wieder dazu schwarze Lichblitze in meinem Sichtfeld zu sehen. Aber das war normal, wenn ich Frau Ostmeier glauben konnte. ,,Ich kann mich nur daran erinnern im Bad gestanden zu haben", meinte ich dann wahrheitsgemäß und fasste mir an den Kopf um diese verdammten Schmerzen irgendwie zu dämmen. Aber das half natürlich nicht. Die Ärztin notierte sich etwas unf nickte dann. Sie beugte sich etwas weiter nach vorne und sah mir in die Augen.

,,Ist danach alles schwarz, ein Filmriss?", fragte sie dann und lehnte sich wieder zurück. Ich nickte und bei diesem Gedanken wurde mir kalt. Was danach passiert war, wusste ich einfach nicht, danach waren meine Erinnerungen einfach abgebrochen. Ein Spiegel. Diese Taubheit. Die Dunkelheit. Mehr war dort nicht, keine klaren Erinnerungen oder Eindrücke. Kein einziger verloren gegangener Gedanke in dem tiefen Schwarz.
Die Ärztin nickte wieder und lächelte kurz. ,,Du scheinst keine bleibenden Schäden zu haben, deine Motorik ist in keinster Weise eingeschränkt und du hast keine Schmerzen", sagte sie ruhig, ,,Aber ich kann dir nicht sagen, ob deine Erinnerungen irgebdwann wiederkommen werden."

,,Was ist denn passiert?", fragte ich und strich mir die Haare zurück. Ich wusste nicht, ob ich es wirklich wissen wollte, wo ich es doch offensichtlich erlebt, aber vergessen hatte.
Frau Ostmeier sah kurz auf ihre Unterlagen, dann auf die Uhr. Sie überlegte kurz, dann seufzte sie und nickte.
,,Ich weiß nicht genau was passiert ist, das kann dir nur eine Person beantworten und die ist momentan nicht aufzufinden", meinte sie knapp. Aber ich verstand es nicht ganz. Also fragte ich nach:,,Wer weiß es denn?" Die Ärztin lächelte entschuldigend und zugleich verunsichert:,,Deine ehemalige Zimmernachbarin."

Fenja. ,,Fenja hat mich gerettet?!", fragte ich fassungslos und erstaunt zugleich. Die Ärztin nickte. ,,Sie stand in der Tür zu deinen Zimmer und wir mussten dich sofort hierherbringen", erzählte sie und tippte auf ihre Unterlagen, ,,Was Fenja bei dir wollte, wissen wir nicht. Und sie schweigt, was passiert ist, wie sie dich gefunden hat und was sie bei dir wollte."
Ich nickte und dachte nach. Warum hatte Fenja das getan? Erst hatte sie Anica das Leben gerettet und dann meins. Ich verstand sie einfach nicht, wurde nicht schlau aus ihr.
,,Wo ist sie denn jetzt?", fragte ich dann und musterte Fraz Ostmeier. Diese zögerte.

Dann meinte sie knapp:,,Sie ist seit zwei Stunden nicht aufzufinden und sie ist suizidal. Wir bezweifeln alle, dass sie noch lebt, wenn sie es tatsächlich geschafft hat zu fliehen, kann sie alles tun."
Mein Hals wurde noch trockener und mein Herz zog sich zusammen. Fenja durfte nicht tot sein, wo sie mir das Leben gerettet hatte. Und doch wünschte ich es ihr irgendwie, denn dann war ihr Wunsch endlich erfüllt.
Die Ärztin stand auf und ging zur Tür. Dort blieb sie kurz stehen und drehte sich um:,,Ruh dich aus und schlaf gut. Morgen können die Anderen dich besuchen." Dann verließ sie das Zimmer und ließ mich allein mit all den ungeklärten Fragen.

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt