Kapitel 107

99 14 2
                                    

PoV Anna

Eiskalt. Eiskalt und Nachtschwarz. Das war das einzoge was ich fühlte. Und diese Enge in meiner Kehle. Der Wunsch einfach aufzugeben, aufzuhören mich zu wehren. Und mit jedem Augenblick, schien sich mein Hals noch ener zu schnüren. Und trotzdem blieb alles dunkel und hell zugleich. Eis traf auf Hitze und besiegte, erstickte diese. Und vor allem das Leben traf auf den Tod. Aber niemand von beidem wollte nachgeben und doch kämpfte keiner von beidem für mich. Ich war nur noch ein Zuschauer meines Lebens in dieser Kälte, der endlosen Dubkelheit und der Enge in meiner Brust, dem ständigen Ziehen.

Ein Teil meines Körpers wollte sich der Dunkelheit überlassen, wollte aufhören mit diesem schmerzhaften Kampf und jeden Atemzug sinnlos machen. Dieser Teil wollte sterben und sich dem Tod anschließen. Er sah den Tod als einen willkommen Freund und Retter aus dieser Enge an. Dieser Teil hatte keine Lust mehr weiter das Leben zu leben und dabei nur von Schmerzen und Lügen geprägt zu werden. Sich durch jeden Tag quälen und die Zeit hassen. Ja, dieser Teil wollte sterben, einfach aufhören zu atmen und in Ruhe und in Frieden aus diesem Leben gehen. Und dieser Teil wollte jeden Herschlag einfach erlischen und eindämmen. Bis das Herz stillstand.

Aber da war noch ein anderer Teil, ein heller und strahlender Teil. Er saß verborgen in der Dunkelheit und wollte weiterkämpfen. Sich dem endlos erscheinenden Kampf hingeben und nicht aufhören das Leben zu leben. Jeden Atemzug zu leben und war bereit jede Qual zu ertragen. Dieser Teil lag in den Schatten und wartete auf seine Gelegenheit die Dunkelheit zu verdrängen. Die Schmerzen durch Freundschaft und Mitgefühl zu lindern und die Jahre zu leben, auch wenn sie unmöglich erschienen. Nur das dieser Teil klein und wehrlos war zu jenem dunklen und vielversprechenderem Teil...

Ich wollte irgendetwas tun, aber ich konnte nicht, weil da diese lähmende Kälte war. Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte nicht, weil dort diese brutale Enge war. Und ich wollte Leben, aber ich konnte nicht, weil dort diese dunkle Seite war. Und sie war einfacher, so viel leichter im Gegensatz zu der Hellen Seite des Lebens. Sie war schmerzloser und ruhiger. Dort gab es keine Lügen oder Enttäuschung. Dort war man endlich frei, frei aus diesem Körper, der schon lange gestorben war und nur noch hielt, weil er musste. Aber glücklich war dieser Körper schon lange nicht mehr, nur noch farblos und matt.

Jeder Herzschlag rollte wie eine Welle durch meinen Körper und jeder Atemzug schien eine Wand in meinem Hals zu sein, die aufhören wollte zu leben. Jedes Stück Schwärze schien stiller zu sein als die dunkelsten Nächte, die ich erlebt hatte. Und jeder Gedanke finsterer als die, die ich bis jetzt gehabt hatte. Denn sie handelten vom Sterben, von meinem Tod. Wenn ich aufhören wollte zu kämpfen, konnte ich das nun tun. Dann könnte ich mich jetzt dem Tod überlassen und alles wäre vorbei. Jeder Herschlag wäre sinnlos gewesen und jeder Atemzug eine unnötige Qual in meinem Leben.

Denn ich wollte nur diese helle Seite, wollte die Schmerzen ertragen und kämpfen. Ich wollte leben und mich den Gedanken widersetzen. Ich musste es einfach, ich wollte nicht sterben, nicht jetzt, nicht so, nicht hier und allein.
Ich will leben!
Die Kälte zog sich tiefer in meine Brust und ich wollte vor Schmerzen aufschreien, aber ich konnte nicht. Ich war wieder gelähmt, genau wie damals. Und diese Schwätze blieb. Ich wollte Tränen spüren, aber die gab es nicht. Sie waren schon lange versiegt und unnütz geworden.
Ich will leben! Ich möchte kämpfen! Und ich will diesen Kampf gewinnen...ich will nicht sterben!

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt