Kapitel 196

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PoV Anna

Ich wusste, dass Nina nicht sprechen wollte. Aber genauso gut wusste ich, dass sie log. Sie schwieg lieber und hing ihren Gedanken nach. Und vielleicht war das manchmal auch einfach besser. Manchmal musste man vermutlivh den Gedanken nachgehen, damit sie einem nicht immer folgten. Man musste sie beenden, auch wenn es unmöglich war. Die Gedanken vonj uns allen waren anders als die von Mencshen, die nie hier sein mussten. Die nie hier sein würden, einfach normal lebten. Sie hatten ein Leben aus Höhen und Tiefen. Aber die Menschen hier waren in diesem Tief gefangen und somit auch ihre Gedanken.

Ich dachte an meinen ersten Tag hier, wie fremd ich mir vorgekommen war. Jetzt schien mir die Welt draußen fremd. Hier drinnen gehörte ich dazu. Zu den ganzen Psychos hier. Aber mit jedem Tag wuchs auch das Gefühl hier fremd zu sein, wieder an. Ich musterte ein Mädchen, das vor ihrem Teller saß und darauf starrte, ohne etwas anzurühren. So hatte ich auch mal dagesessen, aber das war jetzt Vergangenheit für mich. Ich war nicht mehr wie die Jugendlichen meiner Station. Station 5, für Essstörungen und Magersucht. Und diese Störungen hatte ich überwunden und tief in mir wusste ich, dass ich es wirklich ganz überwunden hatte.

Die Tabletten hatten bei mir nie wirklich gut angeschlagen, genau wie die Therapiestunden. Ich hatte erst erfahren müssen, wie es am Ende des Lebens war. DUnkel und Einsam. Und das hatte mir am Meisten gezeigt, dass ich diese Sucht überleben wollte. Das ich essen musste und mich immer falsch gesehen hatte. Das ich meinen Gedanken eher getraut hatte, als der Realität. Und doch bereute ich diesen Lebensabschnitt nicht im gerinsten. Er machte mich stark, zeigte mir, wie Fehler endeten. Ich würde mich zwar immer dafür schämen einmal so schwach gewesen zu sein, aber das war nun einmal mein Leben.

Mein verdammt beschissenes Leben, in dem eben das Traurige und das Dunkle alles überdeckten und man sich täglich die Lügen aus Hoffnung anhören musste. Die Psychologen verstanden mich nicht immer, eigentlich nie. Aber untereinander verstanden wir uns. Weil unsere Gedanken sich glichen und unsere Gefühle alle aus Eis bestanden. Dieser Ort machte uns stark, wir stützten einander. Und wir machten uns gegenseitig Mut, ob wir sprachen oder nicht. Im Innersten wussten wir alle, dass wir hier gesund rausmussten, wenn wir das überleben wollten. Und auch wenn wir mal am Boden waren, richteten wir uns wieder auf und kämpften weiter.

Plötzlich fiel mein Blick auf die Eingangstür und ich musterte irritiert Fenja, die von zwei Pflegerinnern begleitet den Raum betrat. Sie sah schlimm aus, schlimmer las sonst. Die Augenringe waren nicht zu übersehen und so sehr hatte sie noch nie gehumpelt. AUch die Narben an ihren Armen schienen intensiver und tiefer zu sein. Die Arme waren ihr vor dem Körper mit zwei Verbänden zusammengbunden worden und einer zog sich um ihr linkes Handgelenk.  Sie hatte es also wieder versucht. Ich erinnerte mich an damals, als ich versucht hatte mit ihr befreundet zu werden. Damals hatte sie schon am Ende gestaden, aber so geknickt hatte noch sie noch nie gesehen.

Sie setzte sich auf einen Stuhl an unserem Tisch und sah zu Boden. Sie biss sich auf die Lippen und kniff dabei kurz die Augen zusammen. Das weiße T-Shirt schien so gar nicht zu ihr zu passen. Es war zu hell für ihr Ich. Zu viel Hoffnung. Aber es passte irgendwie auch zu ihr, obwohl jetzt jeder ihre Narben sah. Die tiefen und langen Narben, die ihre Arme übersähten. Die Augen, die mehr tot als lebendig schienen. Ich hatte noch nie einen so kaputten Menschen gesehen und dieser Gedanke machte mir Angst. Ich hatte Angst sie zu verlieren... obwohl sie mich vermutlich hasste. Aber wenn dann mussten wir alle es hier rausschaffen, oder?

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Danke für 7000 Reads und 400 Votes! Einfach ein fettes Danke!

P.s: Habe jetzt beim Vorschreiben bemerkt, dass ein Buch bei Wattpad nur 197 Kapitel haben kann. Aber dieses Buch würde ich gerne weiterschreiben, weswegen es dann ein weiteres Buch als Weiterführung geben wird. Ab da wird es dann mit Kapitel 198 starten und weitergehen. ;)

LG FantasySoja



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