Kapitel 171

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PoV Nina

Ich folgte Lynn die letzten Stufen der Treppe heruter und hielt dann inne. Sofort drehte sie sich zu mir um und musterte mich. Ich schüttelte auf ihren fragenden Blick hin nur den Kopf und ging dann weiter hinter ihr her. Seit ich hier gewesen war, war so viel Zeit vergangen. Der Empfangsbereich dieses Ortes verbarg, was hier alles geschah. Hier schien es viel friedlicher.
Ich ignorierte den Gedanken aber sofort wieder und strich mir die Haare zurück. Nichts an dieser Psychiatrie war friedlich. Denn erst beim zweiten mal sah man die Pflegerinnen, die wie Wächter an den Türen standen und mich musterten.

Lynn blieb plötzlich stehen und starrte auf zwei Personen, die vor der Eingangstür warteten. Ich folgte ihrem Blick. Eine schlanke Frau mit den gleichen blonden Haaren wie Lynn und ein breitschultriger Mann mit braunen Haaren und einer Brille. Lynn hielt kurz inne, dann rannte sie los und umarmte die beiden. Ich blieb einfach stehen und beobachtete sie. Fast glaubte ich ein paar Worte zu verstehen, aber sicher war ich mir nicht. Aber das alle drei glücklich waren, sah ich auch so. Lynn hatte selten so gestrahlt und das sie jemanden so umarmte, hatte ich nie gesehen.

Ich hatte es mir so anders vorgestellt, unseren Abschied. Nie hätte ich gedacht, dass es mich traurig machen würde, dass Lynn einmal gehen würde. Aber plötzlich fühlte ich mich einfach nur alleine und zuckte kurz zusammen. War Lynn mir so wichtig geworden? Klar wir hatten viel geredet in letzter Zeit, Gedanken und Erinnerungen ausgetauscht, aber erst wurde mir bewusst, dass dies ein Abschied für die Ewigkeit sein würde. Ich würde Lynn nie wieder sehen, da war ich mir irgendwie sicher. Und ich bereute es erneut, mich so mit ihr gestritten zu haben. Ich musterte sie erneut und nickte kurz.

Schließlich drehte Lynn sich um und ging auf mich zu. Ihre Schritte wirkten zögerlich und erst am Ende entschlossen. Ich wartete einfach, auf Worte. Aber Lynn blieb nicht stehen, sondern ging einfach weiter. Dann umarmte sie mich und drückte mich fest an sich. Kurz konnte ich nichts tun, als erstaunt zu sein, dann aber erwiderte ich diese etwas verwirrt. Und dann genoss ich diesen Moment, denn es würde das letzte mal sein, Lynn so nah zu haben. Ich legte meinen Kopf auf ihre Schulter und schloss kurz die Augen. Genoss ich es gerade ernsthaft von Lynn umarmt zu werden?! Vermutlich ja...

Dann löste sich Lynn von mir und sah mir tief in die Augen. ,,Ich werde dich vermissen", sagte sie dann und ich hörte die Last in ihrer Stimme. Fiel es ihr so schwer? ,,Ich hätte nie gedacht, das mal sagen zu würden, aber ich dich auch", sagte ich dann und versuchte mir die innere Traurigkeit nicht anmerken zu lassen. Sei stark und bleib es auch.
Lynn nickte und dann lächelte sie traurig. ,,Viel Glück", sie sah mir wieder in die Augen. Ich erwiderte das Lächeln:,,Wehe ich seh dich hier moch mal wieder!" Sie lachte kurz und ich schlosd mich an. Obwohl es traurig klang.

,,Vielleicht sehen wir uns ja nochmal wieder", meinte Lynn, obwohl es nicht sehr überzeugend klang. Ich nickte und murmelte leise:,,Vielleicht..." Lynn sah kurz zu ihren Eltern zurück, dann wieder zu mir. ,,Tschüss", sie lächelte wieder kurz, egal wie traurig es auch aussah. ,,Tschau", flüsterte ich fast mit belegter Stimme. Dann drehte sich Lynn um und ging zu ihren Eltern zurück. Diese sahen mich noch einmal kurz an, dann verließen sie das Gebäude durch die große Glastür und ich sah ihnen nach. Die Leere breitete sich sofort in mir aus und ich spürte; wie die Trauer wie ein le Lawine über mich rollte. Ich werde sie nie wiedersehen und vielleicht ist es auch besser so, obwohl ich es schon jetzt vermisse... Ich drehte mich um und ging unter den Blicken der Pflegerinnen zur Treppe zurück.
Leb wohl, Lynn... ich werde dich nie vergessen, auch weil du der Grund bist, warum es mir schlechter und jetzt gut geht.
Danke dafür und alles weitere.

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt