Kapitel 91

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PoV Nina

Ich setzte mich auf meinen Stuhl und nahm mir ein Brot. Dann sah ich zu Jana und Anica, die lustlos vor ihren Tellern saßen und kein Wort sprachen. ,,Ist was?", fragte ich dann und musterte die Beiden. Anica schüttelte bloß den Kopf und doch sah man es ihr an, wie sehr sie diese Gedanken quälten. Ich kannte das Gefühl, zu gut.
Jana blickte mir allerdings nur Trist in die Augen und selten hatte ich so viel Sorge und Trauer zugleich darin gesehen. Ein Kampf von beiden Gefühlen und doch zu unterschiedlich um stark zu bleiben.

Ich biss in mein Brot und schloss kurz die Augen. Warum war ich in letzter Zeit nur so oft so verdammt müde?! Ich atmete kurz tief durch und öffnete sie dann wieder.
Ich war selbst erstaunt, wie gut ich mich die letzte Zeit im Griff gehabt hatte. Ich hatte mich mit Lynn vertragen. Ich hatte zum ersten mal Sorge um eine Person entwickelt.
Und doch war dort ein Schatten, ein Schatten ohne Hoffnung. Warum konnte ich nicht einfach normal sein?!
Kurz wünschte ich mir fast, dass ich damals einfach für immer das Bewusstsein verloren hätte, als ich mich mit Fenja gestritten hatte. Als sie sich das Leben nehmen wollte...warum war das jetzt schon wieder so lange her...?

Ich stand auf und drehte mich um. ,,Ich geh aufs Zimmer, wenn ihr eh nicht redet!", sagte ich und war erstaunt, wie hart meine Stimme klang. Dann ging ich los und spürte wie sich ein Schatten vor mein Herz zog. Was ist nur los mit mir?
,,Hey, Mißgeburt", plötzlich stand jemand vor mir, ,,So redet man nicht mit seinen Freunden!" Ich sah auf und blickte in das hassverzerrte Gesicht des braunhaarigen Mädchens vor mir. Die große Brille und das strenge Grinsen auf ihren Lippen. Kinnie...

Ich schwieg und stieß sie zur Seite. Aber sofort war sie wieder hinter mir und drehte mich an der Schulter herum, obwohl ich weitergehen wollte. Dann sah sie mir in die Augen und ihr Grinsen wurde noch breiter. ,,Haben wir nicht noch eine Rechnung offen?", fragte sie bedrohlich. Ich schwieg. Ich durfte die Wut nicht zulassen, ich musste szark bleiben. Es tut mir jetzt schon Leid, dass du dir jemand anderen zum Streiten suchen musst...
Kinnie musterte mich kurz und ich schwieg einfach. Noch nie war mir etwas so egal gewesen. Innerlich war ich bereit für jeden Schmerz. Fühle es sich so an, Depressiv zu sein und sterben zu wollen?

,,Mach doch", sagte ich dann und mein Mund fühlte sie trocken an und ich konnte die Gleichgültigkeit in meiner Stimme nicht verhindern, ,,Ich will hier endlich raus. Wie das mit dir ist, weiß ich nicht..." Kinnies Gesicht kam noch näher und ich spürte ihren Atem auf meinem Gesicht. Sah in ihre Augen und fühlte doch nur Hass. Noch nie hatte ich so viel Hass gegen jemanden gehabt. Nicht einmal gegen Lynn. Und egal wie sehr das Feuer der Wut auch versuchte Auszubrechen, es durfte nicht. Ich musste stark sein...einmal.

Ihr Schlag kam unerwartet, aber nicht allzu hart. Aber er brachte trotzdem alles zurück. Jeden Streit mit ihr und ich wusste sofort, dass ich verloren hatte. Denn ich konnte nicht anders, als ihr meine Faust ins Gesicht zu schlagen.
Bleib stark...
Kinnie erschrak und schrie kurz auf. Ich sah ihr in die Augen und hasste sie in diesem Moment nur noch mehr. ,,Was ist dein scheiß Problem?!", ich spürte Tränen auf meiner Wange. Heiße Tränen, die so sinnlos waren, ,,Ich will hier einfach nur noch raus, okay?! Ich will diese scheiße nicht noch länger durchstehen! Verdammt, ich kann einfach nicht mehr, okay?!"

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt