Kapitel 52

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PoV Nina

Ich ließ mich auf mein Bett fallen und sah zur weißen Decke hoch. Kurz schloss ich die Augen und versuchte mir einfach nur vorzustellen hier weg zu sein. Auf einer sonnigen Lichtung zu liegen, während um mich herum ein dunkler Wald liegt, aus dem ich endlich herausgefunden hatte. Fast glaubte ich all diese Eindrück zu kennen, aber dann schlug ich die Augen wieder auf und seufzte. Ich durfte nicht daran denken, ich musste es hier auch so rausschaffen. Endlich meine scheiß Probleme in den Griff bekommen, endlich ein normales Leben führen können. Endlich diese brennenden Gefühle loswerden.

Dann setzte ich mich hin und zog die Knie an den Körper. Den Rücken lehnte ich an die Wand. Ich kam mir vor, wie das Spiegelbild einer Depressiven, die auf ihren nächsten Suizidversuch wartet. Einfach nur dasitzen und sich verstecken. Trotzdem wollte alles in mir sich der Welt zeigen wollte. Zeigen, wie es in mir aussah, wenn ich mit meinen scheiß Gefühlen rang und alles versuchte ihnen zu widerstehen, auch wenn mich dabei alles zerriss und meine Energie fortnahm. Denn ich musste kämpfen, zu lange hatte ich mich aufgegeben. Wieder schloss ich die Augen, aber dieses mal war dort nur Dunkelheit, eine kalte Finsternis.

Ich öffnete sofort die Augen, als die Zimmertür aufging und eine mir vertraute Person das Zimmer betrat. Ich stöhnte gernervt auf, denn auf Lynn konnte ich grade echt verzichten. Alles in mir rang schließlich grade mit mir, wie ich Anna helfen konnte und ob ich das überhaupt wollte.
Lynn musterte mich abschätzend und ich sah die frische Narbe an ihrem Kiefer. Neugierig beugte ich mich vor und grinste:,,Hab ich dir etwa den Kiefer gebrochen?" Ich oonnte meine schadenfreude einfach zu schlecht verstecken, denn Lynn nickte bloß und lächelte schief. Dann tippte sie sich auf den Hinterkopf:,,Hattest du Spaß mit deiner Gehirnerschütterung?" Fast wäre ich auf sie zugegangen und hätte sie dafür gegen die Wand gestoßen. Aber es hatte eh keinen Sinn, wir beide würden uns nur noch mehr verletzen, sowohl körperlich, als auch seelisch.

Ich nickte bloß und mein Grinsen verschwand; als sich auch ihr Lächeln legte. Dann richtete ich meinen Blick wieder auf meine Hände und musterte die blauen Flecken darauf. Warum hatte ich so viele? Vielleicht, weil meine Wut Spuren hinterlassen muss, damit ich sie nicht vergesse. Damit ich mich an sie binde und nie preisgebe. Vielleicht aber auch, damit sie mir zeigt, wofür ich kämpfe und wer ich bin. Weil ich mich selbst nicht immer kenne...

Lynn setzte sich ebenfalls auf ihr Bett und zischte kurz vor Schmerzen auf. Ich lächelte etwas. Immerhin hinterließ meine Wut nicht nur bei mir Spuren, sie zeigte sie jedem. Wie stark und unberechenbar sie doch war.
Dann herrschte Stille und ich musterte Lynn kurz. Ihr Blick war zum Fenster gerichtet und ich spürte, wie die Gedanken sie in ihre Mitte nahmen um sich auf sie zu stürzen. Ich kannte das Gefühl zu gut, wenn sie einen aus ihren dunklen Augen anstarrten und dann irgendwann lossprangen. Einen zu Boden drückten, ohne Reue festhielten und nicht losließen. Wie sie einem ihre Worte in die Haut ritzten, damit man sie auch nicht vergaß. Damit man immer daran dachte, warum man hier war. Damit man immer daran dachte, was man war. Damit man sich nur mit seinen Gefühlen verbunden fühlte. Erst dann ließen sie einen los, dort liegen. Blutig von den Wörtern und geschlagen von der Dunkelheit, weil man zu schwach und nutzlos war um sich zu wehren. Weil man nicht konnte, denn die Kraft war fort.
Ich schüttelte traurig und nachdenklich den Kopf. Ging es allen hier so? Hatten alle diese Gedanken, diese unberechenbaren Worte?

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt