Kapitel 109

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PoV Anica

Ich stand vor dem Fenster und sah einfach nur hinaus in die dubkler werdende Welt. Jeder Wimpernschlag schien die Welt noch tiefer ins schwarz sinken zu lassen und doch blieb es draußwn hell. Nur die grauen Wolken waren anders, passten nicht zu dem leisen Regen und dem sanften Wind, der gegen die Scheibe schlug. Kurz wünschte ich mir dort draußen zu stehen und einfach nur sie Tropfen über meine Haare fließen zu sehen. Zu spüren das etwas auf dieser Welt so traurig und doch so wundervoll sein konnte. Und jeder Tropfen machte mich merkwürdigerweise trauriger.

Warum wusste ich nicht, spürte nur diese wachsende Traurigkeit und diese Schwäch. Jedee Tropfen schien die nicht gezeigten und geweinten Tränen zu spiegeln und doch waren beide so unterschiedlich.
Der Regen hatte einen Sinn in dieser Welt und jeder Tropfen eine Aufgabe. Jeder Wolkenbruch hatte die Welt von verschieden Punkten aus gesehen und regnete sich dann irgendwo ab um alleine weiterzuziehen. Aber mein Leben hatte keine Aufgabe, jede Träne war sinnlos und jeder Herzschlag schon lange überflüssig. Und trotzdem schlug es noch, weil ea das Leben nicht loslassen wollte. Weil das seine Aufgabe war.
Ich seufzte und fuhr mit den Fingern die Tropfen an der Scheibe nach.

Ich zuckte zusammen, als plötzlich jemand an die Tür klopfte. Dann drehte ich mich schnell um und löste mich vom Anblick des Regens. Es dauerte kurz und ich strich mir die Haare zurück. Hoffte nicht allzu zerstört und trostlos auszusehen. Dann ging die Tür auf und eine junge Pflegerin mit einem blonden Pferdeschwanz betrat das Zimmer. Sie schien nervös und trotzdem lächelte sie mir zunächst zu. Sie hatte ein Klemmbrett unter dem Arm und trug einen weißen Kittel, wie die Ärztinnen von der Krankenstation. Aber gesehen hatte ich sie dort noch nie. Trotzdem wirkte sie sofort freundlich und aufgeschlossen.

Sie nickte mir zu und fragte dann:,,Bist du Anica?" Ich erwiderte das Nicken und setzte mich auf mein Bett. Irgendwie kam es mir komisch vor so weiter vor dem Fenster zu stehen. Die Pflegerin musterte mich kurz, bevor sie fortfuhr: ,,Ich soll dir Bescheid sagen, dass Anna aus ihrem Koma aufgewacht ist und jetzt erstmal zu sich kommt." Sie machte eine kurze Pause und ihre Augen trafen meinen Blick.
Diese Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht und ich sprang auf. Anna war wieder wach?! Ich stützte mich an der Wand neben mir ab und konnte mich einfach nur freuen.

,,Wann darf ich zu ihr?", fragte ich dann und sah die Pflegerin fragend an. Diese lächelte etwas traurig und zog ihr Klemmbrett mit dem Zettel hervor:,,Das ganue ist ein wenig kompliziert. Wir wissen noch nicht, ob sie bleinende Schäden erlitten hat oder eine kurzzeitige Amnesie. Das Koma war zwar nicht von allzu langer Dauer, aber trotzdem kann sich soetwas schnell auf das Gehirn auswirken. Hätte Anna weiterhin im Koma gelegen, hätten wir sie eh in ein größeres Krankenhaus bringen müssen." Die Pflegerin schaute kurz zu mir und traf meinen Blick erneut:,,Zu deiner Frage: Ich denke du kannst sie morgen Mittag besuchen kommen."

Ich atmete tief durch. So schön diese Nachricht auch war, die Worte der Pflegerin trafen trotzdem mein Herz. Anna hätte sterben können und diese Erkenntniss traf mich erst jetzt so richtig. Ich zuckte zusammen und hasste mich für meine Ignoranz.
Die Pflegerin nickte mir noch kurz zu und ging dann wieder zur Tür:,,Guten Appetit beim Abendessen." Ich sah ihr bloß schweigend nach und spürte, wie sich mein Blick verdunkelte.
Erst als die Pflegerin weg war sank ich auf mein Bett zurück und krallte meine Hände in meine Haare. ,,Anna hätte verdammt nochmal sterben können. Fuck!", schrie ich mich selber an und hasste mich für mein ignorantes Ich.

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt