Kapitel 145

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PoV Anica

Ich betrat den Essraum und ging zielstrebig zu meinem Tisch. Natürlich saß dort wieder niemand, aber daran gewöhnte ich mich tatsächlich allmählig. Es machte mir nichts mehr aus seltener zu Sprechen, vor allem aber nicht über meine Gefühle und Emotionen schwieg ich eisern. Sollte Jana doch mit diesem Wissen verlegt werden und mich mit meinen ganzen negativen Eigenschaften vergessen. Besser wäre es auf jeden Fall. Aber innerlich wusste ich doch wie unnötig dieser Streit doch war. Jedes Wort, jede Handlung schien falsch und arogant. Ich musste immer an unsere Freundschaft denken, wenn ich wieder im Therapieraum saß und psychische Behandlungen ertrug.

Ich setzte mich auf meinen Platz und nahm mir ein Brötchen. Abwesend schnitt ich es auf und griff dann zum Käse. Gelangweilt legte ich je eine Scheibe auf eine Hälfte und hielt dann inne, als mein Blick zur Tür fiel. Dort stand Jana und musterte mich kurz. Ich glaubte sogar eine Spur von Reue und Traurigkeit in ihrem Blick zu erkennen. Dann ging sie zögerlich hinter Charlotte her, bog dann aber ab und ging noch langsamer auf unseren Tisch zu. Schweigend setzte sie sich und nahm sich ebenfalls ein Brötchen. Ihr Blick war gesenkt und ihre Haare verbargen jeden Gesichtszug.

Ich biss in das Brötchen, nahm den Geschmack aber kaum wahr. Schuldgefühle überkamen mich, als ich Jana so da sitzen sah. Und am liebsten hätte ich mich jetzt einfach nur Entschuldigt und sie gebeten mir zu verzeichen. Aber mein Stolz und meine Psyche verboten es mir. Zu schwach um Fehler zuzugeben...
,,Hi", sagte Nina plötzlich neben mir und ich zuckte zusammen. Sie setzte sich auf ihren Platz und musterte uns beide dann kritisch. Dann seufzte sie:,,Wollt ihr euch jetzt wirklich bis Janas Verlegung anschweigen und innerlich daran zerbrechen?" Ihre Stimme klang etwas genervt und forsch fordernd.

Nein.
Aber ich schwieg, wusste innerlich das sie Recht hatte und wollte es mir doch nicht eingestehen. Auch Jana sagte nichts und hob nicht einmal den Kopf. Klar tat es mir unendlich Leid, was ich gesagt hatte, aber ich kam noch weniger damit zurecht, wie leicht es mir viel Menschen zu verletzen ohne mich schuldig zu fühlen. Ich könnte Jana jetzt wieder anschreien und sie würde sofort nachgeben. Ich könnte sie bis ganz in die Dunkelheit ziehen und keine Schuldgefühle haben. Ich könnte sie schlagen und sie würde unsere Freundschaft wiederhaben wollen. Weil sie mir vertraute und sonst kaum Vertrauen erfahren hatte.

Und dabei würde ich nichts fühlen. Erst wenn ich in meinem Zimmer sitzen würde und das ganze realisierte, würde ich zusammenbrechen.
Ich sah wieder zu Jana und dieses mal trafen sich unsere Blicke. Zwar nur kurz, aber es reichte, dass ich wehsehen musste. Ihre Augen waren trist und glitzerten von Tränen. Vetmutlich fiel das ganze ihr noch schwerer als mir. Ich biss mir auf die Unterlippe.
,,Ey, könnt ihr auch reden?", dieses mal klang Nina ganz eindeutig genervt und es ärgerte mich irgendwie.
Ich spürte, wie Wut in mir ausstieg. Zum Teil auf Nina und dieses Schweigen, aber vor allem auf mich.

,,Ganz ehrlich: Es nervt einfach alles nur noch!", schrie ich sie dann fast an und spürte; wie mir Tränen über die Wangen liefen. Aber das war mir gerade einfach nur egal. Ich stand auf und sah in Ninas Blick. Aber dort war nur Verwirrung. Keine Wut auf mich. Dann sah ich zu Jana und mein Blick wurde weicher. Konnte ich sie auch anschreien?
,,Es tut mir Leid", ich sagte diese Worte ohne es zu wollen und erschrak dabei. Hatte ich das gerade wirklich gesagt?! Ich sah zur Seite, durch einen Schleier aus Tränen. Dann drehte ich mich um und rannte aus dem Essraum.

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt