Kapitel 20

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PoV Anna

,,Anna?", ich schreckte aus meinem Schlaf hoch und sah zu der Pflegerin, die in der Tür stand und mich besorgt musterte, ,,Es gibt gleicht Frühstück." Damit verließ fiel die Tür zu und sofort wurde mir kurzzeitig schwarz vor Augen. Ich legte mich wieder hin und langsam wich das Schwarz der weißen Wände des Zimmers. Erneut setzte ich mich auf und wankte ins Badezimmer. Dort stellte ich mich vor den Spiegel und besah mir mein Ich.
Mein Gesicht war leicht gerötet und ich zuckte erschrocken zusammen. Hatte ich geweint? Vermutlich. War ja auch armselig, wie ich aussah. Schnell wusch ich mein Gesicht und kämmte mir meine glanzlosen braunen Haare.

Gerade als ich mich angezogen hatte, wurde mir wieder schwindelig und ich stützte mich krampfhaft am Tisch ab. Schwarze Funken tanzten vor meinen Augen und ich setzte mich einfach auf den Boden. Wie lange hatte ich nichts mehr gegessen? Sehr lange. Vielleicht sollte ich mich doch einmal zu einem halben Brot durchringen. Nur heute. Nur um nicht vor allen anderen umzukippen. Ich wartete wieder kurz und stand dann entschlossen auf.

,,Morgen Anna", meinte Nina müde und musterte mich erstaunt, als ich mir wortlos eine halbe Scheibe Brot nahm. Auch Anica stutzte:,,Gehts dir gut?" Sie lachte kurz auf und beobachtete mich weiterhin. Ich nickte nur und schmierte mir Käse darauf. Innerlich wollte ich mich übergeben, aber äußerlich musste ich standhaft bleiben.

Ich würde immer stark bleiben, egal wie schwach ich war.
Ich würde immer stolz bleiben, auch wenn mein Körper barst.
Ich würde immer anders bleiben, egal wie viel ich aß.
Ich wollte nicht wieder dick werden. Gerade war ich immerhin etwas dünner. Dünn genug um mir nicht jedes mal eine zu schlagen, wenn ich in den Spiegel sah.
Stark,stolz und doch breche ich äußerlich. Irgendwann wird mein Körper brechen, doch ich darf nie zeigen, das ich verletzlich bin!

Würgend und mit verzerrtem Gesicht biss ich einmal ab. Eigentlich war es sogar sehr lecker und tat gut, aber wieder musste ich an meine Figur denken. Ich durfte nicht zu viel essen. Die anderen sahen mich erstaunt an, bis ich alles hinuntergewürgt hatte. Schnell nahm ich mir ein Glas Wasser und spülte den Geschmack hinunter.

Nina lächelte und klopfte mir auf die Schulter:,,Und, war es schlimm?" Ich bekam sofort eine Gänsehaut und zuckte noch mehr zusammen. Ja, es war eine Qual gewesen. Aber das würden sie eh nicht verstehen...
,,Geht...", stieß ich hervor und versuchte ruhig zu bleiben, obwohl ich innerlich mit dem Gedanken spielte es einfach wieder los zu werden.
Doch ich entschied mich dagegen. Ich durfte nicht schwach werden.

,,Sorry, das ich gestern nicht da war...", brach Jana die Stille und sah zum Boden, ,,Mir gings einfach scheiße und es war besser einmal alleine zu sein." Gerade wollte ich ihr antworten,  als ich Schritte von hinten hörte und mich umdrehte.

,,Hallo ihr vier", sagte plötzlich jemand hinter mir und ich drehte mich um. Dort stand Frau Beern, Fenjas Psycholgin. Sie lächelte kurz und fuhr dann fort:,,Ich soll euch mitteilen, das Fenjas Versuch gescheitert ist und sie schon machher zurück auf ihre Station kommt. Ich hoffe diese Nachrichten freuen euch."
Sie lebt.

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt