Kapitel 154

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PoV Jana

Ich setzte mich auf meinen Platz und sah zu Anica hinüber, die sich gegenüber von mir hingesetzt hatte. Sie lächelte kurz und strich sich die Haare zurück. Es war eine merkürdige Situation jetzt wieder hier sitzen zu können und zu wissen, dass ich hier nicht falsch war.
Wir warteten schweigend und ich sah mich unter den anderen Patienten um. Charlotte saß an ihrem Tisch und redete gerade mit Joelyn. Diese lachte und ich seufzte. Seit ich wusste; warum Joelyn wirklich hier war, hatte ich ein ganz anderes Bild auf sie. Ich mochte sie noch mehr, bewunderte ihre selbstlose Art.

,,Hey", hörte ich plötzlich jemanden hinter mir und drehte mich sofort um. Dann sprang ich auf und umarmte Anna. Diese stolperte zurück und erstarrte kurz vor Überraschung, bevor sie mich auch an sich drückte.
Ich hatte sie vermisst, das ruhige und meist positiv gestimme Mädchen mit den dennoch manchmal so traurigen Augen. Anna lächelte und löste die Umarmung. Dann setzte sie sich neben mich und Anica lächelte ihr zu. ,,Wie geht es dir?", fragte sie und ihre Stimme hatte einen freudigen Klang. ,,Gut", sagte Anna und grinste. Sie wirkte so viel glücklicher als vor ihrem Koma, viel hoffnungsvoller und positiver.

,,Wo ist Nina", Anna sah erst zu Anica, dann zu mir. Ich zuckte mit den Schultern und Anica tat es mir gleich. Anna nickte kurz und atmete dann tief durch. ,,Und Fenja?", fragte sie dann und musterte uns beide. Ich zuckte erneut mit den Schultern und kam mir dabei sehr bescheuert vor. ,,Sie ist nicht beim Frühstück gewesen", meinte Anica gleichgültig und trank einen Schluck Wasser. Anna seufzte kurz:,,Okay." Ich wusste genau wie sie sich fühlen musste, nichts zu wissen, das Gefühl zu haben nicht Teil dieser Freundschaften sein zu dürfen. Nur das sie lange gegen den Tod kämpfen musste.

Ich sah auf meine Hände. Seit Anna hier war hatte sich fiel verändert. Sie war mit Fenja in einem Zinner gewesen und hatte sie so mit in unsere Freundschaft gezogen. Unbewusst. Aber es ging nicht, dass wir die ganze Zeit über sie nachdachten. Über ein depressives Mädchen, dessen einziger Wunsch der Tod war.
Ja, ich hasste Fenja, egal wen sie gerettet hatte. Ich hasste sie, hasste ihre nicht vorhandene Wertschätzung vom Leben. Hasste ihre Narben, verstand nicht warum man sich soetwas antat. Klar, ich kannte die Gründe nicht, aber ich konnte mir keinen Grund vorstellen, wegen dem ich mir über zwei Jahre die Haut aufschnitt.

Anna musterte mich kurz, dann fiel ihr Blick auf Nina, die gerade den Essraum betrat. Ihre haare waren nicht so glatt wie sonst und die sah gerade zu fertig aus. Ihre linke Wange war knallrot und sie hielt sich ein Kühlpack daran. Sofort musste ich an Lynn denken. Hatten sie sich erneut gestritten?
Nina setzte sich wortlos neben Anica und musterte uns alle dann kurz. ,,Hey, Anna, wie geht es dir?", fragte sie dann und lächelte schief. Irgendetwas stinmte nicht, dass wussten wir alle. Anna zog eine Augenbraue hoch:,,Gut, und dir?"

Nina seufzte. ,,Ich komme gerade von Kinnie", began sie und ich hob alamiert den Kopf, ,,Sie hatte Fenja eine Klinge gegeben, damit diese sich das Leben nehmen konnte." Ich vergaß zu atmen und schluckte dann. Auch in Anicas und Annas Blick trat Fassungslosikeit. Keiner sagte ein Wort, alles schien stillzustehen. Als hätte die Zeit aufgehört zu existieren und alles andere hätte es ihr gleichgetan. Und zum ersten mal spürte ich da noch etwas für Fenja. Nicht mehr nur Hass, sondern auch Mitleid. Denn Kinnie hasste ich noch mehr, so viel mehr als Fenja. Ihren Stolz und ihren Hochmut. Wer mag schon einen Menschen, der es liebt anderen beim sterben zuzusehen?

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt