Kapitel 60

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PoV Anna

Hunger kannte ich schon lange nur noch aus schwachen Erinnerungen. Das was ich stattdessen empfand waren Schmerzen. Krämpfe, die sich durch meinen Bauch zogen und mich leiden sehen wollten. Sie brannten mir Wunden in den Magen und ich musste kurz würgen, als ich mein Zimmer betrat. Sofort schmiss ich mich auf mein Bett und starrte zur Decke. Erst als die Tür ins Schloss fiel atmete ich auf und versuchte die Schmerzen zu ignorieren.
Langsam rannen mir Tränen über das Gesicht und ich wischte sie fort. Fast sofort kamen Neue und ich unterdrückte ein schluchzen. Warum verstand man mich nicht einfach, egal wie ich war?

Ich musste an die Zeit außerhalb dieser Psychatrie denken. Fast drei Wochen war es her, seit man mich hier reingebracht hatte um sich um meine Probleme zu kümmern. Davor hatte ich sie einfach ausgelebt, mich nicht darum gekümmert, das sie jeden Tag stärker und kontrollierender wurden. Mir war es egal gewesen, wenn man mich gemustert hatte.
Mittlerweile hasste ich diese nachdenklichen Blicke nur noch und glücklich war ich auch nicht grade. Nicht glücklicher als draußen. Und ob es mir besser ging, bezweifelte ich auch.

Schließlich setzte ich mich auf und rieb mir die Schläfe. Warum bekam ich immer so schnell Kompfschmerzen von ein wenig Stress?!
Aber nach Tabletten zu fragen hatte ich keine Lust, erst recht nicht, wenn man meinen Zustand wieder kritisch musterte. Ich verstand sie alle einfach nicht. Aber das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Irgendwie musste ich an Ninas Worte denken und würgte kurz, obwohl mein Magen eh leer war. Zwingen würde man mich sicher nicht und es war schließlich mein Leben. Trotzdem beunruhigte es mich irgendwie und ich seufzte tief. Wie gerne wäre ich einfach ein normaler Mensch, ohne weiße Wände und doppelte Fenster. Einfach frei und ohne Gedanken, die einen zu kontrollieren versuchten...

Ich sah auf meine Armbanduhr und zögerte kurz. Eigentlich musste ich jetzt zur Theraphie, aber darauf hatte ich grade echt keinen Bock. Also schnallte ich mir die Uhr ab und warf sie achtlos in meinen Rucksack. Sollte meine Psychologin doch warten. Ich hielt diese Gespräche einfach nicht mehr aus. Ständige Fragen und merkwürdige Übungen. Und wofür?! Für nichts, nur noch mehr Gedanken und Lustlosigkeit?
Ich blinzelte kurz und sah zum Fenster. Wenn ich hier jemals wieder rauskam, wollte ich einfach nur Freiheit. Die ganzen Gedanken hinter mir lassen und von einem sonnenbeschienen Hügel auf diesen dunklen Ort hinabblicken.
Ich wollte sie dann noch ein letztes mal betrachten und den Wind der Freiheit um mich herum genießen. Dann würde ich an diesen Zeitpunkt denken und mich nach dem Sinn fragen, den ich im Leben hatte. Bis jetzt gab es nun mal keinen...

Die steigenden Schmerzen waren immer schwerer zu ignorieren und manchmal biss ich mir sogar kurz auf die Lippen. Gut war das sicher nicht, aber das "Hungergefühl" linderte es immerhin etwas.
Eigentlich wollte ich auch gar nicht hungern, nicht immer diese Schmerzen ertragen. Ich wollte doch nur eine andere Figur haben. Schlank und ohne Fett.

Die Kopfschmerzen wurden ebenfalls immer stärker und irgendwann began meine Unterlippe sogar etwas zu bluten vom ganzen Beißen darauf. Die Krämpfe zogen sich jetzt schon fast durch meinen gesamten Körper und trotz der Blockade in meinem Kopf musste ich immer mehr darüber nachdenken immerhin etwas zu trinken.
Also stand ich auf und taumelte ins Bad. Ich sah bewusst nicht in den Spiegel, sondern drehte einfach den Wasserhahn auf und klatschte mir das eisige Wasser ins Gesicht. Dann hielt ich meine Hände darunter und trank einen Schluck. Sofort wollte ich würgen, aber es ging nicht. Schnell drehte ich das Wasser aus, als sich noch mehr schwarze Flecken durch mein Sichtfeld zogen.
Sofort schwanden alle meine Kräfte und ich fühlte mich wie ausgesaugt. Als hätte jemand einen Schalter meines Bewusstseins umgelegt. Dann ließ ich mich schwer atmend an der Wand herab und stöhnte kurz vor Schmerzen auf.

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt