Kapitel 156

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PoV Anna

Kinnie. Was konnte ich zu ihr sagen? Ich kannte sie ja kaum und doch mochte ich sie nicht. Ich konnte den Hass der Anderen nicht unbedingt verstehen. Aber ich konnte sie vielleicht dafür hassen, dass sie wollte, dass ich starb. Das ich meinen letzten Atemzug tat und dann für immer stumm sein würde. Und ich konnte sie dafür hassen, dass sie Fenja den Tod geschenkt hatte. Ich seufzte. Aber Fenja hatte das Geschenk abgelehnt. Sprach das für Stärke oder Schwäche? Ich konnte es nicht sagen. Vielleicht war es auch beides. Und vielleicht hasste ich Kinnie doch. Keine Ahnung.

,,Kinnie ist so behindert", Anica wirkte angespannt und irgendwie erstaunten mich ihre offenen Worte. Meist war Anica eher zurückhaltend und griff keinen hier auch nur mit Worten an. Sie musste Kinne ebenfalls hassen. Nur Lynn schien ein wenig mit ihr auszukommen. Aber am Wenigsten vermutlich Nina. Vermutlich würden beide sich gegenseitig umbringen, wenn man sie ließ. Sie würden ihr eigenes Leben dafür aufgeben, dass der Amdere einem folgte, egal wohin. Ich würde diesen verdammt tiefen Hass und die Verachtung nie nachempfinden können, da war ich mir sicher. Aber ich konnte Nina durchaus verstehen. Und Anica auch, nur das Leben nicht.

Nina lächelte kalt. Eiskalt. ,,Wenn sie selbst tot ist, wäre es ihr egal. So lange ihr einer folgt", meinte sie dann und musterte uns alle. Sie sprach meine Gedanken aus. Ich traf ihren Blick und wir sahen uns kurz an. Vielleicht versuchte ich ihren Blick zu deuten, vielleicht suchte ich einfach nur nach einem Ansatz von Hass in ihren Augen. Aber sie waren ausdruckslos und ohne Farbe. Verdeckt von Verständnis und einem Mantel aus Lügen. Lügen, die versuchten die Wahrheit zu verdecken, den unendlichen Hass und die Wut. Nina mochte sich verändert haben, aber etwas von ihrem alten ich war geblieben.

,,Was sagen die Pfleger?", fragte ich dann und löste schnell den Blick. Nina zuckte nur mit den Schultern und sah ebenfalls irgendwo anders hin. Nur nicht zu mir. ,,Keine Ahnung, ich denke sie bekommt endlich auch ne Betreuerin, vielleicht wird sie auch endlich verlegt", Nina strich sich durch die Haare, bevor sie kurz grinste, ,,Vielleicht auch Ketten." Ich grinste ebenfalls und Anica lachte kurz auf. Ich fand es eigentlich nicht lustig, vielleicht weil mich Ketten an mein Koma erinnerten. Gefangen und kalt. Aber irgendwie tat es gut mal wieder lachen zu können. Ansonsten schien dieser Ort zu traurig und nicht für Freude gemacht.

,,Dann hättest du aber schon längst welche bekommen sollen", Anica grinste Nina fies an und diese starrte sie gespielt böse an. ,,Ey", sie löste diesen Ausdruck und lachte wieder. Und ich tat es ihr gleich. Kurz vergaßen wir alle vermutlich diesen Ort, warum wir hier waren und was in den letzten Minuten, Stunden, Wochen und Monaten passiert war. Vermutlich brauchten Menschen hier eine Ablenkung vom eintönigen Alltag. Von den ganzen Therapien, den Pflegern und gleichen Patienten. Von den Gedanken und dem Grund, warum wir hier waren. Kurz waren wir ganz normale Jugendliche, die einfach lachten. Nicht anders, sondern normal.

Für diesen kurzen Moment waren wir nicht hier, sondern draußen, ein fester Freundeskreis, der zusammenhielt. Der sich füreinander einsetzte und jede Möglichkeit des Entkommens nutzte. Nina, die alle anderen Mensch auf Abstand hielt und sich für uns einsetzte. Anica, die uns allen Mut gab und uns zusammenhielt. Jana, die einfach sie selbst war und etwas ausstrahlte, was niemand verstand, aber brauchte. Und ich, die sich einordnete, Hoffnung hinterließ und jeden wertschätzte. Kurz waren wir einfach nur ganz normale Freunde, ohne diesen Ort, ohne unsere Psycheund unsere Gedanken. Ohne die Therapien und Psychologen. Einfach nur ganz normale Freunde...

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Hey,
Sry, dass in letzten Zeit so wenig kam. Ändert sich aber bestimmt, gebe mir Mühe.
LG
FantasySoja

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt