Kapitel 17

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PoV Anna

Ich ließ mich auf meinem Bett nieder und sah mich im Zimmer um. Mittlerweile war es zwei Tage her, das Fenja hier gewesen war. Und vielleicht war das auch das letzte mal gewesen.

Heute hattw ich meine Psychologin Frau Gruhn kennengelernt. Ich war mir nicht sicher, was ich von ihr halten sollte. Sie hatte mir ein paar Fragen gestellt und dann mit mir über meine Probleme geredet. Eigentlich war sie ganz freundlich, aber irgendwie verstand sie mich nicht. Tat das überhaupt ein Psyvhologe hier?

Bis vor ein paar Minuten war Anica noch hier gewesen, dann war sie auf ihre Station gegangen. Jana hatte heute niemand von uns gesehen, aber Sorgen machte ich mir nicht. ,,Sie ist manchmal tagelang in ihrem Zimmer. Liegt wohl an ihrer Vergangenheit", hatte Nina heute Morgen gesagt. Trotzdem war es komisch gewesen ohne die ruhigste von uns den Tag normal zu verbringen.

Ich setzte mich auf und ging ins Bad. Dort sah ich in den Spiegel und strich mir meine braunen Haare zurück. Eine dürre Gestalt war ich, die sich hinter dieser Mauer verbarg. Doch ich war nicht alleine. Gedanken lebten neben mir, schliefen dort. Sie warteten nur darauf aufwachen zu dürfen und sich in diese Gestalt einzugraben. Tief in das schwache Herz, sich dort einzunisten. Dort zu wachsen. Dunkler zu werden, jeden Tag und sich schließlich rabenschwarz in das schwache Mädchen einzunisten.
Rabenschwarze Gedanken.
Schließlich wandte ich den Blick ab und sah auf den Boden. Niemals durfte ich das zulassen.

Ich ging zu dem Schrank und nahm meinen Schlafanzug heraus. Warum ich ihn nicht einfach auf mein Bett legte, sondern immer wieder hierrein tat,wusste ich nicht. Wieder fiel mein Blick auf die schwarzen Sachen von Fenja. Vorsichtig nahm ich einen der Hoodies heraus und faltete ihn auseinander.

Das Leben ist nichts für mich, stand dort in tropfender roter Schrift. Ich zuckte zusammen. Dann legte ich ihn zurück. So wollte ich nie denken. Niemals.
Dann schloss ich den Schrank und zog mich um. Schließlich ging ich zum Fenster und sah hinaus. Man konnte von hier dem schwach beleuchteten Parkplatz und ein paar Wohnhäuser sehen. Doch ganz knapp dahinter waren Baumspitzen zu sehen. Ein Wald musste dort liegen. Freiheit...

Dann zog ich die dunkelblauen Vorhänge zu und machte das Licht aus. Im Dunkeln tastete ich mich zu meinem Bett und ließ mich unter die warme Bettdecke gleiten. Dann schloss ich die Augen und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Jedoch band ich sie fest, damit sie nicht an mein Herz gelangten.
Bilder schossen durch meinen Kopf.

Ich sah ein braunhaariges Mädchen am Boden liegen, zwei Gestalten über ihr. Ihr Gesicht schmerzverzerrt, ihr Körper von blauen Felecken überseht..Jana.
Ich sah ein Mädchen mit schulterlangen blonden Haaren, das mit anderen Jugendlichen, während sie sich eine Spritze in den Arm stach und sofort die nächste ansetzte. Doch ich sah auch, wie ihr Inneres sich wehrte. Und dieses Innere war stark,stärker. Anica.
Ich sah ein Mädchen mit glatten rot-blonden Haaren, das sich mit einem anderen Mädchen stritt und dieses schließlich immer wieder gegen die Wand drückte. Wie das andere Mädchen schrie und dann bewusstlos zusammensank. Blaulichter verwischten das Bild. Nina.
Dann sah ich ein Mädchen, unter einer schwarzen Kapuze verborgen in einer Ecke sitzen, während sie sich die Arme aufschnitt. Muster hineinritzte und dann an der Pulsader ansetzte. Blut bedeckte die Bilder. Fenja.
Zum Schluss sah ich mich, wie ich auf meinem Bett saß. Tagelang. Ohne Regung, nur ab und zu etwas trank und dann zusammenbrach. Wie Sanitäter die dünne Gestalt abholten. Ich.

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt