Kapitel 113

101 12 2
                                    

PoV Fenja

Ich ließ mich auf mein Bett sinken und sah auf meine blutverschmierten Hände. Die unzähligen Risse und Tropfen daran. Der Draht hatte die Haut dort zerschnitten und sich hineingebohrt. Und egal wie sehr es schmerzte, ich ignorierte es einfach. Erst als der Schmerz sich drn Arm hinauffraß zuckte ich kurz zusammen und schloss meine Hände wieder. Eine feine Blutspur tropfte auf den grauen Boden und ich sah jedem Tropfen gedankenverloren nach. Das Aufkommen und zerplatzen jedes tiefroten Tropfens auf dem unversehrten Boden. Aber der Schmerz wurde nicht weniger. Ich öffnete meine Hände wieder und fuhr über die tiefen Schnitte in der Handfläche.

Ich wusste nicht, warum ich es nicht getan hatte. Ich konnte nicht sagen, warum ich mich nicht dort oben umgebracht hatte. Ich konnte nicht sagen, warum ich den Draht einfach nur in meine Hände geschlossen hatte um Schmerzen zu haben. Ich konnte nicht sagen, warum ich ihn letzendlich weggelegt hatte und zusammengebrochen war. Ich wusste nicht, warum ich ihn mir nicht einfach in die Pulsader gerammt und mein Leben beendet hatte. Ich konnte nicht sagen, wieso ich einfach zurückgegangen war, in dieses verfluchte Zimmer. Ich wusste nicht, warum... Ich wusste nichts über mein Handeln oder den Grund.

Ich stand auf und ging ins Bad. Der weiße Boden färbte sich fast sofort mit roten Sprenkeln. Aber es war mir egal. Ich hielt meine Hände in das Waschbecken und vermied es in den Spiegek zu sehen. Ich hasste mein Spiegelbild, mein ich zu sehr um es ansehen zu wollen. Ich wollte keine der Narben sehen, keine traurigen und tristen Augen. Wollte mir selbst nicht ins Gesicht sehen und mich noch mehr hassen. Ich hasste es meinen Hals und die Schnitte daran zu betrachten. Jeder hatte mein Leben beenden sollen und es nur noch schlimmer gemacht. Weil ich zu dumm gewesen war es wirklich zu beenden...

Langsam began sich das Waschbecken ebenfalls rot zu färben und das Blut floss einfach davon. Dann drehte ich das Wasser einfach auf und sah dem rötlichen Wasser zu. Es brannte und ich verzog kurz das Gesicht, biss mir in den Hoodie und kniff die Augen zusammen. Aber zugleich linderte das eiskalte Wasser auch die Schmerzen. Ich sah wieder auf meine Hände und stellte dann das Wasser ab. Sofort trat wieder Blut aus den frischen Schnitten und verfärbten die Wassertropfen in meiner Handfläche. Ich schloss die Hände kurz erneut und verzog wieder das Gesicht vor Schmerzen.

Dann griff ich nach dem Handtuch und trocknete meine Hände ab. Immer wieder zuckte ich vor Schmerzen zusammen, aber es war mir egal. Der Verband an meinem linken Handgelenk war ebenfalls blutgetränkt und nur noch an einigen Stellen wirklich weiß. Ich hängte das jetzt mit blutigen Flecken gezeichnete Handtuch zurück und verließ das Bad.
Ich wusste nicht, wie ich es geschafft hatte ohne gesehen zu werden wieder ins Zimmer zu kommen. Aber bald würde man mich finden und dann würde wieder eine Pflegerin an meiner Seite sein. Plötzlich bereute ich es wieder, mir dort oben nicht einfach das Leben genommen zu haben.

Vielleicht hatte ich es einfach nur nicht getan, weil ich nicht so sterben wollte. Alleine starb man eh, aber nicht draußen allein im Regen. Dort wo man den durchnässten Köroer leblos auffinden würde. Das Blut schon lange fortgewaschen, das Handgelenk zerschnitten und ohne Worte. Warum genau ich nicht so sterben wollte, wusste ich aber nicht.
Vielleicht wollte ich aber auch nicht jetzt sterben, wo ich wieder an Paula denken musste. Sie hätte gewollt, dass ich ihr nicht folgte und weiterlebte. So lange, bis ich wirklich nicht mehr konnte. Und dieser Tag würde kommen und ich wusste, dass es nicht mehr lange dauern konnte, wenn ich mich wieder hier beobachtet sitzen sah.
Manchmal möchte ich einen Moment leben und mir zugleich einfach nur das Leben nehmen...

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt