Kapitel 103

102 13 0
                                    

PoV Nina

,,Wollen wir einmal aufs Dach, nach draußen?", fragte Lynn plötzlich und ich sah fragend zur Seite. Eigentlich hätte ich diese Frage nicht von ihr erwartet. Aber irgendwie klang sie so viel positiver, als weiterhin hier vor dem Spiegel zu stehen und mir darüber Gedanken zu machen, was es bedeutete zu leben. Denn ich hatte nun einmal nur dieses eine Leben und wenn ich es vermasselte, dann war es immerhin kurzzeitig einmal wichtig gewesen. Auch wenn man sich nur an die negativen Aspekte erinnern würde. Denn nur das taten Menschen. Sich an die schlechten Taten eines Menschen erinnern...

Ich nickte und schob mich dann schnell an Lynn vorbei. Ich wollte nicht, dass sie meinte, die Kontrolle zu haben. Egal wie sehr wir uns jetzt mochten, da war noch immer ein Rest Misstrauen. Naja, wer konnte es mir schon verdenken? Noch vor ein paar Tagen, hätte ich sie dort oben einfach umgebracht, wenn niemand zusah. Und das konnte jeder Zeit wieder passieren, wenn wir etwas falsches taten oder sagten. Vermutlich waren das die Überreste meiner Wut. Sie wollte trotzdem noch stark und stolz sein. Einfach nur aus dem Grund, dass sie die Vergangenheit noch besser kannte als ich, die versuchte diese Zeiten zu verdrängen.

Ich verließ das Zimmer, ohne mir etwas überzuziehen und ging zügig den Flur entlang. Hinter mir hörte ich hektische Schritte, die langsam aufholten. Aber ich ging nicht einmal im Ansatz weiter, sondern einfach nur auf die Treppe vor mir zu. Ob wir letzendlich hoch durften musste eine Äztin der Krankemstation erlauben. Plötzlich trat Lynn neben mich und sah kurz in mein Gesicht. Ich zuckte zusammen und ging noch etwas schneller. ,,Wovor willst du weglaufen?", fragte Lynn leise und hielt mich an der Schulter zurück. Ich blieb stehen und zuckte bloß mit den Schultern. Mein Blick traf den weißen Boden vor mir. Vor mir...

Ich drehte mich zu Lynn um und sah ihr in die braunen Augen. Sie leuchteten, nicht vor Wut, sondern sie strahlten einfach. Kaum Augen hier strahlten so, die meisten waren trist und traurig. Ich ging einen Schritt näher zu ihr und hielt ihren Blick fest auf meine Augen fixiert. ,,Warum bist du hier?", fragte ich zurück und zum ersten mal wich Lynn tatsächlich einej Schritt zurück. Ich war selbst erstaunt darüber, ließ es mir aber nicht anmerken. Diese eine Frage brannte schon zu lange in mir und ich musste sie einfach stellen. Egal wie überraschend sie kam. Ich wollte endlich einmal Wahrheiten wissen und nicht in Lügen leben.

Lynn setzte zu einer Antwort an, schloss den Mund aber wieder und schüttelte den Kopf. Nur leicht, aber doch bestimmt. Dann strich sie sich die Haare hinter die Ohren und nickte nach oben. ,,Auf dem Dach", sagte sie dann und ging weiter, einfach an mir vorbei. Ich sah ihr verwirrt nach und folgte ihr dann einfach. Innerlich aber ärgerte ich mich. Jetzt hatte sie mich schon wieder eingenommen, obwohl ich grad noch die Kontrolle gehabt hatte. Und dafür hasste ich mich nur noch!

Früher hätte ich mir nie so viele Gedanken über mein Leben oder Handeln gemacht. Aber die Wut hatte eben auch diese Gedanken mit sich gebracht. Und ich hasste sie noch mehr als meinen Kontrollverlust. Hasste jedes Denken meines Ichs und den Stolz darin. Denn ich war schwach und ein sinnloses Etwas in meinem Leben. Unrelevant und doch ein großer Teil.
Früher hätte ich jemanden wie mich verachtet und gemieden. Hätte jemanden wie mich als Psycho bezeichnet und über ihn spekuliert. Aber ich hätte falsch gelegen, denn mein Leben war so anders. Von Gedanken gequält und von Wut verraten.
Manchmal denke ich sogar darüber nach, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist einmak ein Psycho zu sein... irgendwie schon komisch...

-------
Sorry, wegen gestern. Bemühe mich jetzt zu 100 % mehr. Aber wenn mal kein Kapitel kommt hat das auch Gründe, also kann das manchmal vorkommen. Sorry.
LG
FantasySoja

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt