Kapitel 94

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PoV Anica

Ich schlug meine Faust gegen die Wand vor mir und wollte einfach nur meine Gefühle in diese scheiß Welt hinausschreien. Ich konnte das einfach nicht mehr, die ständige Angst um Anna, das eine Pflegerin kommen würde. Sie vor mir stehen würde, den Blick senken und sagen würde, dass Annas Herz aufgehört hatte zu kämpfen. Ich wollte nicht diese Angst besitzen und mir vorstellen, wie ich zu Boden sinken würde. Ich wollte nicht sehen, wie die Tränen meine Augen verließen und ich in Schuldgefühlen versank. Ich wollte nicht mehr mit dieser Angst leben, Anna zu verlieren, für immer...

Und ich ich kinnte diese ständigen Streitereien von Nina nicht mehr ertragen. Ihre Wubden sehen und in ihrem Gesicht trotzdem Stärke und Tatendrang sehen. Und jedes mal wusste ich doch, wie tief jeder Schlag sie traf und wie sehr sie sich wünschte normal zu sein. Ich konnte nicht mehr damit leben, dass ich nach jedem Streit nicht wusste; wie es ihr wirklich ging und ob wirklich alles okay war. Ich konnte nicht darauf warten, dass sie einmal auf mich losgehen würde. Denn eines Tages würde sie das wieder tun, egal ob sie es wollte oder nicht. Denn ihre Wut war stärker und der Hass nahm ihr ich jeder Tag stärker ein.

Aber ich konnte auch nicht damit leben, dass Jana jede Sekunde von Gedanken gequält wurde und sich bei jedem Wort, was ich sagte Sorgen machte, dass ich mir wieder Versuchen könnte das Leben zu nehmen. Und ich konnte diesen Sorgen zwar verstehen, aber es war nicht ihre Aufgabe. Sie musste selber sehen, hier rauszukommen. Wir mussten Abstand halten, oder niemand kam hier raus.
Dieser Gedanke machte mich zwar innerlich nur noch mehr fertig, aber es musste sein. Denn eines Tages müssen wir alle auch alleine klarkommen, ohne den Anderen. Vor allem, wenn der eine für immer geht...

Aber dort war noch ein Gedanke, ein Gedanke, der mich selbst bestürzte. Der Gedanke, dass ich auch mit dem Gedanken zu einer weiteren Person nicht mehr leben konnte: Der Gedanke, dass auch Fenja ihr Leben beenden würde und es hier nicht raus schaffte.
Und ich hasste diesen Gedanken, dass ich mir Sorgen um einen Psycho machte, der mich hasste und sich selbst nur umso mehr. Ein Psycho, der sich ohne nachzudenken eine Klinge in den Arm rammen würde, wenn er die Gelegenheit hatte. Aber vielleicht verband diese Art uns beide ein wenig, ein Wunsch nach Erlösung oder Freiheit.

Ich ließ mich an der Wand heruntersinken und krallte meine Finger in meine Haare. Den Schmerz nahm ich kaum war, versuchte immer noch meine Gefühle und Gedanken in den Griff zu bekommen. Fühle sich so Selbsthass an?
Vermutlich, denn anders konnte ich mir dieses Gefühl nicht vorstellen. Und für den Wunsch jetzt ein paar Schlaftabletten neben mir haben zu wollen schämte uch mich. Einfach runterschlucken und einschlafen. Und es gäbe kein Zurück. Ein letzter Brief an alle und eine Entschuldigung ohne Sinn. Und alles wäre vorbei, ob ich es bereut hätte oder nicht, war dann ja egal...

Aber ich würde es bereuen, denn sterben wollte ich nicht. Ich wollte Weiterleben und zugleich doch Freiheit. Aber dieser Wunsch war vermutlich so unmöglich, wie der Gedanke, dass ich hier jemals wieder rauskommen würde. Und noch schlimmer war der Wunsch einfach allein zu sein, nie wieder mit jemand anderem reden zu müssen. Auch mit Jana nicht. Ich wusste selbst nicht, warum ich mich distanzieren wollte, warum ich diese Gedanken hatte. Vielleicht war ein Grund ja auch, dass ich nicht zu viel Schmerz erleiden wollte, wenn sie diesen Ort und mich für immer verließ. Aber dieser Grund war klein und verbarg sich in den Schatten der Anderen...

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt