Kapitel 50

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Pov Fenja

Ich lehnte mich an die Hand und stützte meine Arme auf meine Knie. Dann vergrub ich mein Gesicht darin und wollte einfach nur weinen. Einfach meine Tränen freilassen. Wollte einfach nur eine Bestätigung haben, das ich immer noch lebte und mich dafür hassen. Mich einfach hassen für mein Leben. Als gäne es nicht schon genug Gründe dafür...Ich hasste meine Narben, aber sie zeichneten mir nun einmal meine scheiß Lebensgeschichte in die Haut. Wie ein Buch, das man immer weiter schrieb, bis man schließlich das letzte Kapitel anfing. Wie oft hatte ich das jetzt versucht? Wie oft hatte ich das Buch zuschlagen wollen um endlich zu sterben?!

Aber es kamen keine Tränen und ich hätte mir am liebsten eine Klinge über den Arm gezogen. So wie früher immer. Einfach zusehen, wie das Leben einen verließ und zu warten. So oft hatte ich das getan und musste immer noch warten! Und jeden Tag quälte mich dieses scheiß Leben mehr und mehr, während alle um mich herumstanden und nur zusahen. Niemamd sah die Schmerzen, die ich jeden Tag ertrug, weil mich niemand gehen ließ.

Warum hatte ich Anica eigentlich gerettet? Ich hätte jetzt endlich von hier fort sein können. Ich hätte nicht mehr hier sein müssen. Ich hätte endlich sterben können.
Aber ich wollte niemandem Schmerzen bereiten, niemanden so leiden sehen. Und Anica war nicht depressiv. Sie war anders als alle anderen hier und würde hier vielleicht tatsächlich ohne Suizid rauskommen. Aber trotzdem bezweifelte ich das irgendwie...
Ich hob den Kopf und sah auf mein Bein. Der Verband hatte sich wieder rot gefärbt. Wie sehr wünschte ich mir die Schmerzen zurück um zu spüren, wie dumm ich war, mir nicht mal das verdammte und nutzlose Leben nehmen zu können. Um zu spüren, das mein Buch weitergeschrieben wurde und ich daneben stand und es einfach nur schließen wollte.

Kurz sah ich zum Fenster. Es hatte angefangen zu regnen und ich lehnte den Kopf gegen die Wand. Ich sollte ihn eigentlich nicht mehr erleben dürfen, sollte endlich tot sein. Egal wie schmerzhaft der Weg und das letzte Kapitel auch wären. Ich wollte das Buch einfach nur zuschlagen und endlich sterben! Endlich aus diesen scheiß Leben verschwinden, welches einem eh nur Schmerzen brachte. Jeder Tag schrie es mir entgegen und zerschnitt meinen Körper mit Klingen.
Ich sah auf meinen linken Arm und die tiefen und langen Narben an der Pulsader. Jeder Zeit würde ich mir eine weitere zufügen, wenn ich die Chance hatte. Ich würde nie aufhören, egal was die Psychologen auch versuchten.
Wann würden sie endlich merken, das ich nicht mehr zu retten war, weil mein Körper jeden Tag immer mehr starb und die Sehnsucht meine Gedanken zerrissen? Wann würden sie endlich verstehen, das es besser war mich gehen zu lassen, bevor ich mich selbst immer mehr verletzte?

Mein Blick ging zur Tür. Die Ärzte hatten sie verschlossen, damit ich keinen weiteren Versuch unternahm. Als würde das etwas bringen. Türen hielten mich nicht mehr auf. Ganz im Gegenteil. Wenn man es schaffte die Klinke zu entfernen und das scharze Stück Metall über die Haut zog waren sie sogar nützlich. Nur leider war mein Versuch damals ebenfalls gescheitert. Alle waren es, egal wie spitz die Klingen waren, egal wie tief der Sprung war, egal wie viele Schlaftabletten es waren!

Nein, für mich war es nicht mehr möglich ohne Suizid zu sterben, dazu waren meine Gedanken zu dunkel und zu dicht. Sie zogen sich um meinen Hals, wie eine Schlinge. Immer fester. Jeden Tag... Eigentlich will ich nicht unbedingt sterben... aber Leben will ich erst Recht nicht. Und der einzige Ausweg ist Suizid. Und es wird mein letztes Kapitel sein...

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt