Kapitel 28

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PoV Nina

Ich erwachte von heftigen Schmerzen in meinem Kopf und öffnete schmerzverzerrt die Augen. Sofort fiel mir das weiße Bett auf und ich stöhnte. Ich war auf der Krankenstation. Im selben Moment kam eine Pflegerin rein:,,Ah, du bist wach." Ich nickte nur und versuchte mich aufzusetzten, wobei mein Kopf nur noch mehr schmerzte. Jetzt erst kamen die Erinnerungen an Lynn und meinen Streit wieder. Doch die Gedanken daran dröhnten nur noch stärker in meinem Kopf und ich stöhnte wieder vor Schmerzen. ,,Du hast eine leichte Gehirnerschütterung davon getragen. Aber zum Glück hast du dir keine innere Blutung zugezogen. Um sicher zu gehen, das dir sonst nichts fehlt musst du noch bis heute Abend hier bleiben", erklärte mir die Pflegerin und holte eine Schachtel Tabletten aus ihrer Tasche. Diese legte sie eine davon auf den Tisch neben mir und stellte mir einen Becher mit Wasser daneben. ,,Wenn du eine zweite brauchst, sag Bescheid", sagte sie und ging.

Schnell nahm ich mir den Becher, schmiss die Tablette hinein und trank. Fast sofort wurden die Kopfschmerzen erträglicher. Also ordnete ich erstmal meine Gedanken. Ich erinnerte mich nur boch schwach an unseren Streit. Nur Lynns blutender Kiefer und dann dieser Tritt waren deutlicher.

Lynn,wo war sie? Hatte ich ihr wirklich den Kiefer gebrochen? Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte nachgefragt, aber dazu schmerzte mein Kopf zu sehr. Also sah ich mich ein wenig besser um und war enttäuscht. Niemand sonst war hier und sofort ergriff mich Langeweile.

Ich sah aus dem Fenster. Es war vielleicht 9:00 Uhr morgens und die anderen waren sicher beim Essen. Also ein ganzer Tag alleine. Die Vorstellung gefiel mir gar nicht und innerlich verfluchte ich Lynn. Dank ihr war ich ja schließlich hier.

Wir hassten uns eigentlich von Anfang an. Ein Blick hatte genügt und es war uns beiden klar gewesen: Es würde Krieg zwischen uns geben. Und wir waren ebenbürtige Gegner, obwohl wir eigentlich gemeinsam kämpfen sollten. Am Anfang wollte ich nur hier raus kommen, mittlerweile war ich mir nicht mehr sicher, ob ich es je schaffen würde. Zu viele Gedanken, zu wenige Fortschritte.

Ich sah zur Decke. Weiß. Langweilig. Ja, ich wurde schnell ungeduldig und auch wütend. Um mich abzulenken sah ich wieder aus dem Fenster und betrachtete die weißen Wolken, die schon jetzt Regen ankündigten. Ich mochte den Regen noch weniger, seit ich hier war. Er war wie eine Welle der Traurigkeit und Dubkelheit. Er erinnerte mich an diesen Ort und warum ich hier war.
Weil ich Probleme habe, die ich alleine nicht in den Griff bekomme. Weil ich zu schwach bin um selber damit umzugehen.

Manchmal vermisste ich das Leben außerhalb sehr, aber die meiste Zeit war ich doch froh hier zu sein. Dort wo ich kein Außenseiter war und einfach ich sein konnte. Ohne eine undurchdringliche Fassade. Ohne Lügen und falsche Versprechungen. Ohne wegen meinem Ich verachtet zu werden.

Würde es eines Tages besser werden?
Würde ich eines Tages normal sein?
Würde ich hier eines Tages rauskommen?
Wer wird es noch schaffen?
Diese Fragen waren die einzigen, die ich nicht beantworten würde können. Niemand wusste die Antworten. Sie waren unerreichbar in einer Truhe verschlossen. Der Schlüssel war unsichtbar und lag in den kalten Händen der Zukunft. Ja, sie war kalt und ungewiss, die Zukunft. Und doch konnte es ja nur besser werden,oder? Denn sonst würde nur noch Suizid zur Auswahl stehen und das würde ich nie tun. Ich hatte nicht genug Mut dafür, aber vielleicht ja noch nicht. Allerdings wusste ich genauso wenig, ob ich es eines Tages nicht doch tun würde. Niemand wusste das. Nur die Zukunft, welche für mich unerreichbar schien...

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt