Kapitel 83

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PoV Nina

Ich ging zu meinem Zimmer zurück und atmete tief ein und aus. Warum ich plötzlich so komisch auf Annas Koma reagierte wusste ich nicht. Und warum ich sie nicht hassen konnte wusste ich noch weniger. Denn am liebsten wünschte ich mir einfach nur, dass sie nie wieder aufwachte. Wenn sie jetzt wieder vor mir stehen würde, könnte ich meine Gefühle sicher nicht zurückhalten und das tat mir Leid. Vielleicht lag es einfach nur daran, dass ich meine Gedanken genauso sehr hasste und sie am liebsten für immer loswerden würde. Aber auch das war unmöglich, egal wie sehr ich sie hasste.

,,Nina?", fragte plötzlich jemand hinter mir und ich drehte mich um. Sofort verzog ich meine Lippen zu einem schmalen Lächeln:,,Joelyn. Ich dachte du wärst endlich hier raus..." Joelyn strich sich durch ihre langen gelockten Haare und nickte. Ihre blauen Augen überschattete Traurigkeit und ich wünschte mir so sehr das nicht gesagt zu haben.
Joelyn kannte ich genauso lange wie Lynn und beide waren gut befreundet. Am Anfang hatte ich sie nicht wirklich gemocht, wir waren uns zu fremd gewesen. Aber mit der Zeit hatten wir angefangen uns immer mehr zu respektieren und mittlerweile lebten wir zwischen Respekt und Abstand auf einer Station.

,,Sollte ich auch, aber ich-", kurz stoppte sie und schloss die Augen. ,,-...hatte einen Rückfall", beendete sie und schüttelte langsam den Kopf, als wollte sie die Erinnerungen daran loswerden. Aber vielleicht versteckte sie auch einfach nur ihre Schatten aus Enttäuschung. Ein falsches Gesicht jeden Tag zu halten war schwierig, jede Gefühlsregung zu verstecken fast unmöglich. Wie gut ich diese Dinge doch kannte, zu gut für mein gesamtes Leben. Für jede einzelnde Sekunde hatte ich gerade gestanden ohne Respekt und vielleicht war es auch das, warum ich Joelyn und vorallem Lynn doch brauchte. Ein Leben basierend aus Respekt und Akzeptanz!

,,Das tut mir Leid", brachte ich halbherzig hervor und musterte sie kurz. Jeder Muskel in ihrem Körper schien sich anzuspannen, zu straffen um alle Gefühle zu verstecken. Auch wenn man ihr alles ansah, vor allem die Enttäuschung und Sehnsucht nach einem richtigen Leben. Sie öffnete kurz wieder die Augen und sah hinter sich. ,,Ich muss jetzt zu bescheuerten Therapie", sagte sie etwas rauer und ihre Stimme klang nicht mehr so gebrochen, eher stark und fest. ,,Viel Spaß", scherzte ich und war erstaunt mal etwas zu sagen, vor allem zu einen Schicksalsgefährten den ich jederzeit verletzen konnte. Manchmal reichten nur ein oaar falsche Worte und dafür hasste ich mich.

Joelyn musterte mich kurz, aber ihr Gesicht blieb ausdruckslos. Manchmal verstand ich die Psychos hier einfach nicht, auch mich nicht. Wir waren so unterschiedlich und doch in einem gleich, wir waren schwächer als unsere scheiß Gedanken. Jedes Wort, jedes Gefühl wurde kontrolliert und doch blieben wir schwach. Es war lange her, dass ich nicht so dachte, aber es hatte eine Zeit geheben. Und niemand außer mir kannte diese Zeit. Eine Zeit ohne das Feuer aus Hass und Rache. Eine Zeit in der ich kein Psycho war, ein normaler Mensch ohne auch nur einen Gedanken daran einmal hier zu sein.

Ich sah Joelyn nach und seufzte kurz. Vielleicht hatten wir alle diese Zeit vergessen, hatten unser wahres Ich vergessen. Und jeder von uns hatte vergessen, wie man lebte. Wir waren nur noch da, einfach weil wir mussten. Schon lange tot und doch lebendig zugleich. Gezwungen sich den alten Zeiten zu stellen und doch zu wissen, dass die Personen in den Erinnerungen anders waren. Das waren nicht wir. Jede Sekunde war von einem anderen Ich erlebt worden, war gelebt worden. Genossen und einfach nur festgehalten. Aber verdrängt.
Psychos werden nicht geboren... sie werden dazu gemacht unf tragen meist keine Schuld daran...

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Es tut mir so Leid, aber ich hatte gestern kein Netz um zu veröffentlichen. Darum kommt das Kapitel für heute, sorry!
LG

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt