Kapitel 192

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PoV Jana

Ich lächelte kurz, dann wanderte mein Blick erneut zum Fenster und blieb an der schwärze der Nacht hängen. Irgendwie hatte ich immer mehr das Gefühl, dass wir hier drinnen mehr auf die Nacht und deren Atmosphäre achteten. Es war merkwürdig, aber die Nacht schien friedlicher als alles andere zu sein, was es hier drinnen gab. Hier war es hektisch und die Menschen waren anders. Sie lachten nicht, waren in Gedanken versunken, waren eben krank. Und dann suchten sie wohl fast alle Zuflucht in den Gedanken, die die Nacht und die Dunkelheit gab. Und darin waren wir alle gleich.

,,Irgendwann will ich einfach nur irgendwo am Strand stehen und hinaus auf den Sonnenuntergang schauen. Wie die Sonne im Meer versinkt und die Stille einen einhüllt. Wie die ganzen dunklen Gedanken und Erinnerungen mit ihr untergehen und die Sonne, die daraufhin aufgeht wird sie über die Nacht verloren haben. Sie sind in den tiefen des Meeres verschwunden", meinte ich plötzlich einfach so und sah gedankenverloren in die dunkle Nacht, suchte nach irgendwas. Obwohl da nichts war, außer der Schwärze. Anica musterte mich, dann dachte sie nach. ,,Eine schöne Metapher für das alles hier. Für all die Gedanken...", sie sah erneut hinaus in die Nacht.

,,Dann will ich auf einem Berg stehen, von Schnee umgeben und zwischen den Wolken alles vergessen. Das sie diese mitnehmen und auf ihrer Reise verlieren. Das nur der Schnee und die Gletscher noch bleiben und das Sonnenlicht dieses glänzen lässt. Einfach allein, weit weg von allen anderen. Von den Menschen. Von dieser Welt. Weg von diesem Ort und einfach alles vergessen...", sie lächelte fast, aber es blieb nur kurz. Dann veränderte sich ihr Ausdruck und wurde ernster. Ihre blauen Augen sahen auf einen nicht existenten Punkt irgendwo zwischen all dem schwarz. Schienen ebenfalls etwas zu suchen und nicht zu finden.

,,Wir sind krank. Und unsere Gedanken auch. Auch diese. Vielleicht brauchen wir sie aber auch um nicht aufzugeben, obwohl sie sinnlos sind", sie schloss kurz die Augen und öffnete sie wieder, ,,Kranke Menschen sollten nicht an ihre Zukunft denken, wenn es keine gibt, die gewiss ist." Ich sah sie verwirrt an:,,Glaubst du das wirklich? Das wir zu krank sind um nachzudeneken? Über unsere Zukunft nachzudenekn?" Anica nickte. ,,Ja", es klang ernst und ihr Gesicht blieb doch ruhig. ,,Interessant", ich drehte mich jetzt ganz zu Anica und musterte sie, ,,Du glaubst also wirklich, dass unsere Gedanken stärker als unsere Psyche ist?"

,,Muss ja, wenn unsere Psyche krank und sinnlos ist", Anica drehte sich auch zu mir. ,,Unsere Psyche muss aber auch stärker sein, wenn sie sich noch wehren kann. Dagegen, dass sie krank ist. Und solange wir an dieser Zweifeln können, ist unsere Psyche doch gar nicht so krank,oder?", fragte ich dann und zog eine Augenbraue hoch. ,,Vielleicht...", Anica dachte kurz nach, ,,Und doch muss sie krank und schwach sein, wenn wir hier sind. Und solange unsere Psyche ans Aufgeben denken kann, ist sie krank." Anica blinzelte kurz, dann festigte sich ihr Blick wieder. Ich nickte kurz. Irgendwo hatte sie zwar Recht, aber ganz schlüssig erschien es mir nicht.

,,Dann haben wir wohl eine kranke Psyche, die hoffen und aufgeben kann...", meinte ich dann, ,,Aber damit wären wir wie alle Menschen. Also muss unsere Psyche mit den Gedanken und Erinnerungen konfrontiert werden um so zu werden, wie sie jetzt ist. Dann machen uns also diese zwei Dinge krank?" Anica dachte kurz nach, dann nickte sich schließlich. Ein Lächeln verließ ihre Lippen und sie nickte:,,Ja, so könnte es sein." Ich grinste, dann lehnte ich mich wieder an die Wand. Wir waren komisch, daran zweifelte ich kein bisschen mehr. Aber es tat gut so zu sein. Nach langer Zeit...

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt