Ehrlichstett Mai 2015

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Harald Bonsayh zieht die Tür des Wohnwagens hinter sich zu. Erleichtert lässt er unwillkürlich die angespannten Schultern sinken, als er die stickige Luft in der Halle einatmet. Es fällt schwer, sich das einzugestehen, aber er ist froh, wenn er im Wohnwagen alleine ist. Wenn die Kleene nicht da ist. Und wenn er rauskann. Wenn sie da ist.

Ihr Verhältnis hat sich verändert und das nicht zum Guten. Er braucht das eben, dieses Gefühl von Macht, dieses Gefühl, das Sagen zu haben. Ohne das geht bei ihm nichts, ist eben so, muss man mit leben. Und die Kleene, die hat sich, nun, ja, ...verändert. Irgendwie verändert, und das nicht zum Guten. Er hat keine Macht mehr über sie. Langsam schließt er die Hallentür hinter sich und geht zu seinem Auto, das am Straßenrand geparkt ist. Er schließt auf und lässt sich schwer atmend auf den Fahrersitz fallen.

Die Macht, grübelt er. Die hat sie nun und das ist nicht gut. Er wird sie auch nicht los, das Wanst. Die klebt da und hat das Sagen und das ist auch nicht gut. Klar, auch irgendwie nicht schlimm, er hat inzwischen begriffen, dass das sein muss, dass da gewissen Leuten das Handwerk gelegt werden muss und dass er das tun muss, tun will, das das seine Sache ist und dass das nicht läuft ohne ihn.

Aber er wird das Gefühl der Ohnmacht nicht los, dieses Gefühl der Unterlegenheit, und das hasst er, hasst er wie die Pest. Sämtliche Lust auf die Kleene macht das tot in ihm, da ist nichts mehr. Das ist einfach nicht seins, geht gar nicht!

Er lässt den Motor an und fährt los. Sein Projekt, ihr Projekt, die Internetgruppe. Schläft ein bisschen ein, das Ganze. Keine neuen Kommentare, keine neuen Nachrichten. Seitdem dieses Wunderfohlen geboren ist, steht er auf verlorenem Posten und die Leute reden über nichts anderes mehr und pilgern da hin, um sich das Wundertier anzuglotzen. Schlecht fürs Geschäft, denkt er. Ganz schlecht. Da muss ein neues Gerücht herund zwar schnell. Sonst werden die da noch heilig gesprochen, dieses Gesindel im Schloss. Wenn nun endlich dieser Schlossherr anspringen würde! Da könnte er dann noch was ganz anderes bewegen.

Er hat noch mal hingeschrieben – keine Antwort, das nervt! Ob er die Kleene da mal hinschickt? Vielleicht kann die mit ihm reden. Wenn die da ihre Tricks auspackt, vielleicht hilft das? Aber ob die Kleene überhaupt noch macht, was er sagt?

Neulich, da war er so unterwegs mit dem Auto, ziellos, alles zu eng im Wohnwagen, alles zu schwierig, in der Bischofsheimer Straße, da hat er Darya kennengelernt. Darya mit den weißen Stiefeln, von der Ferne sah sie aus, wie Grundschule, ehrlich, ungelogen, so eine kleine Person, niedlich, zierlich. Wie Sylvia, denkt er, wie Sylvia früher, dieses zerbrechliche. Ganz ähnlicher Typ. Gegen Aufpreis hat sie es ihm in ihrer Bude gemacht, war besser als, im Auto. „Kannst auch ein bisschen zulangen," hat sie gesagt, „aber wenn ichs sage, hörst du auf, sonst rufe ich meinen Typen".

Langsam fährt er die Straße entlang, sucht die Prostituierten mit den Augen ab. Da hinten, ist sie das? Er hält an. Sofort kommt eine auf sein Auto zu. Er schüttelt den Kopf lässt das andere Fenster herunter: „Darya?" Ruft er halblaut zu der Frau auf der anderen Seite. Der mit den weißen Stiefeln, dem weißblonden Haar. Sie dreht sich um, sie ist es. Langsam geht sie an das Auto heran.

„Können wir wieder zu dir?" fragt er halblaut.

„Heute geht nicht," sagt sie „heute im Auto ficken!"

Er sieht ihr Gesicht das kindliche, schemenhaft. Seine Erregung macht sich bemerkbar

„Gut" murmelt er. Er macht die Tür auf. Sie rutscht auf den Beifahrersitz. Ungeduldig fährt er mit einem Ruck los. Langsam die Nebenstraße hinunter. Parklücke, einparken, anhalten. Die Rücksitze hat er schon vor dem Losfahren umgelegt. „Nur mit Gummi" kommt es von Darya, die sich umdreht und ihm ihr Hinterteil präsentiert, die schon weiß, um was es geht. Ungeduldig schiebt er den kurzen weißen Lederrock hoch, drückt seine Fingernägel in ihr festes Fleisch. „Au," sagt Darya,"du kannst hauen und von hinten aber nicht wehtun! Und Gummi!" Sie nimmt ihr Handy in die Hand „Sonst ich rufe meinen Typen!"

Er gehorcht. Er befriedigt sich an ihr, an ihrem wehrlosen, nackten Hintern, er keucht vor Lust.

„Jetzt zurückfahren" sagt Darya, als er leer auf ihr liegt. Er streift das Kondom herunter und um zu verhindern, dass es Flecken auf dem Polster macht, wirft er es aus dem Fenster. Er fährt Darya zurück und steckt ihr einen 50 Euro Schein zu.

„Achtzig," sagt Darya, „Mir wehgetan!" Er ärgert sich, weil er nur noch zwei Zwanziger hat, die Darya ihm grinsend aus den Fingern nimmt. „Du kriegst nächstes Mal länger" sagt sie und steigt aus. Draußen zündet sie sich eine Zigarette an und sieht nicht auf, als er davonfährt.

Als er in den Wohnwagen zurückkommt, ist die Kleene eingeschlafen.

Für einen Moment betrachtet er sie, wie sie daliegt, die Schatten, die ihre Wimpern auf ihren runden Kinderwangen werfen. Er ist befriedigt, zum Glück, sie kann ihn nicht reizen. Er muss sie loswerden, irgendwie. Das muss ein Ende haben.
Oder er muss gehen. Und sie zurücklassen. Zu Sylvia. Er muss zurück zu Sylvia.

Er setzt sich leise an den PC und fährt den Rechner hoch. Ein Lächeln bereit sich auf seinem Gesicht aus, ein triumphierendes.

Eine Mail! Eine Mail vom Grafen!

Es kann losgehen. Endlich kann es losgehen! Am liebsten hätte er laut gelacht, einen triumphierenden Schrei ausgestoßen, mit der Faust auf den Tisch geschlagen, aber das hätte die Kleene aufgeweckt.

Mit fliegenden Fingern tippt er eine Antwort in die Tasten.





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