Kylie schießt den Korken einer Sektflasche in die Halle und kreischt hysterisch, als Schaum auf ihren rosa Anorak tropft.
Sie sind in so einer abgewrackten Halle. Autos werden hier repariert, überall liegen Teile herum, Werkzeug und es stinkt nach Motoröl undanderem mechanischem Zeug. Mitten in dem ganzen Chaos steht ein Wohnwagen herum. Er ist angeschlossen, an ein Starkstromkabel angeschlossen, das quer durch die Halle verläuft.
Und sie wollen Party machen. Kylie ist hier, Devon, Kai, Tom und zwei andere Jungs, die Tamara nicht kennt und Lisa, eine Freundin von Kylie.
Sie haben Tammi überredet mitzukommen, sind mit Kais Auto hierhergefahren, haben sich auf dem Weg mit Alkoholika eingedeckt. Das Auto haben sie in die Halle gefahren, in der es nur unwesentlich wärmer als draußen ist. Die Autotüren sind offen und aus der Anlage und den Bassboxen dringt dröhnend Musik. Sie flegeln auf einer fleckigen Garnitur zerschlissener Polstermöbel und haben gute Stimmung. Kylie zumindest.
Sie setzt sich neben Tamara auf die Lehne eines Polstersessels und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Sie reicht ihr die Sektflasche, während sie schon die zweite öffnet.
Tamara nimmt einen großen Schluck. Kylie nippt mehrmals an der anderenFlasche und streicht durch Tammis Haare, die sie zu einem komplizierten französischen Zopf geflochten hat.
„Schön hast du sie gemacht," flüstert sie in ihr Ohr um sich durch den Lärm verständlich zu machen.
Tammi grinst:"Ja, ich weiß, wie mein Pferd!"
Und: „Ich glaub, ich bleib nicht so lange. Kannst du Kai fragen, ob er mich heimfährt?"
„Nö," Kylie reicht ihr wieder die Flasche. „Was ist mit euch beiden los?" Fragt sie? Sie deute mit dem Kinn auf Devon, der mit Tom beim Auto steht.
„Nix, wieso?" Tamara merkt dass sie mit ihrer lakonischen Antwort Kylies Neugier angefacht hat.
„Hat er nicht letztes Wochenende bei dir geschlafen?"
„Wollte er," Tamara nimmt noch einen Schluck und hält sich die kühle Sektflasche an die Stirn. Eine Weile dröhnen nur die Bässe: Baby,sweet baby you're the one. Die Liedzeile kommt ihr total blödsinnig vor.Sie merkt, wie der Alkohol wirkt und Vergangenheit und Zukunft verschwimmen. Eigentlich möchte sie über nichts reden, was länger als eine Minute zurückliegt.
„Aber du kennst Devon," sagt sie schließlich „heute hier, morgen dort. Seine Zusagen sind nicht sonderlich verlässlich."
Sie fühlt sich schwerelos. Die Musik dröhnt ihr im Kopf und erfülltsie ganz. Der Moment gibt ihr ungeahnte Leichtigkeit. Es zählt nur das, was jetzt hier und heute ist.
Sie kann plötzlich nicht mehr sitzen bleiben.
Sie nimmt noch einen tiefen Schluck aus der Flasche und steht dann auf.
Sie fängt an zu tanzen, Musik kann so befreien, sie spürt, wie die Bässe sie ganz durchdringen. Sie bewegt sich ganz von selbst im Takt, sie streicht sich mit der Hand durch die Haare und über den Körper, sie spürt sich ganz und die Musik in sich. Der Sekt aus der Flasche, die sie noch in der anderen Hand hat, spritzt bei ihren Bewegungen über sie, ergießt sich schäumend über ihre Kleidung, aber sie spürt das nicht. Sie spürt nicht, dass die Jungs mit ihrem Gespräch innehalten, dass sie sie gebannt anstarren. „Geile Sau..." flüstert Tom und lässt beinahe sein Bier fallen.
Plötzlichist Kylie neben Tamara und sie reibt ihren Körper wie eine Schlange an ihr. Sie ist an ihr, überall und formt sich um sie und drängt sich an sie.
Auf einmal ist ihr schwindelig.
Sie hört Kylies kehliges Lachen neben ihrem Ohr, nah, leise. Kylie nimmt ihr die Flasche aus der Hand, trinkt. Der Sekt läuft ihr aus dem Mundwinkel, über ihr Gesicht. Sie lässt die Flasche fallen, die mit einem hörbaren Klirren auf dem schmutzigen Boden aufkommt und ihren restlichen Inhalt als schäumende Lache ergießt. Kylie nimmt sie beider Hand und wirft sie lachend auf das zersessene Sofa. Sie lässt sich neben sie fallen und drückt sie kreischend in die schmutzigen Kissen. Sie liegt auf ihr, an ihr, neben ihr.
Dann eine Hand, die sie hochzerrt.
Devons Gesicht.
Wütend.
„Hört auf mit dem Scheiß!" Devon reißt sie hoch.
Erschrocken sieht sie in sein Gesicht, verzerrt, wütend und .....noch etwas....ängstlich?
Sie versteht das nicht.
Warum?
Sie will doch nur feiern, auch dabei sein, hier sein, vergessen, Spaß haben?
Sie reißt sich von Devons eisernem Griff los. Auf ihrem Handgelenk sind die Abrücke seiner Finger für einen Moment weiß, auf der Haut zusehen.
Kylies Lachen folgt ihr, als sie aus der Halle rennt.
Sie will nur noch weg. Fort von Devon und seiner Wut und seiner Angst,fort von Kylie, von der Musik,von allem. Sie wirft die Hallentür auf, das sie scheppernd an die Leichtmetallwand kracht.
Sie läuft raus, auf die Straße.
Die kalte Luft ist wie ein Schock. Ein ernüchternder Schock.
Sie läuft die Straße hinunter..
Sie hört die Schritte, die ihr folgen.
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Libertas Haus, das Schloss
ParanormalWas bisher geschah: Corinne Haalswor und ihre 16 jährige Tochter Tamara ziehen aus München in den wilden Osten Deutschlands ins Hinterland von Halle/Saale in das kleine Dorf Grömlitz. Hier scheint die Zeit stillzustehen und es finden sich bald all...