Der Dunkle zerfasert sich. Er spürt, wie er sich auflöst, wie er sich verliert.
Seinen Dienst tut er nur noch nach Vorschrift, nach seinen Vorgaben aber nicht mehr mit dem Herzen.
Er sieht den Verletzer, er spürt seine Angst vor der Kindfrau, er sieht, wie er mit dem Auto herumfährt. Er sieht, ihn abends vor seinem eigenen Haus stehen. Er sieht ihn seine Knochenfrau durch die Fenster beobachten. Wie er den Motor ausschaltet, wie er die letzten Meter rollt, um keinen Lärm zu erzeugen. Wie er in die Polster zurückrutscht und sie beobachtet. Durch die Scheiben des Hauses. Sieht, wie sie sich bewegt, wie sie in die Küche geht. Sich einenTee aufbrüht, wie sie ins Wohnzimmer geht. Er sieht wie der Verletzer aus dem Auto aussteigt, leise die Tür schließt, in seinen eigenen Garten schleicht, wie ein Dieb in der Nacht, wie er seine Frau beobachtet durch die Fenster im Garten, wie sie Fern sieht, wie sie ihren Tee trinkt und er spürt die Sehnsucht des Verletzers. Nach Frieden. Die Sehnsucht nach Frieden vor der Angst. Die Sehnsucht nach dem Allen, wie es einmal war. Und dann hat er Schwierigkeiten seinen Dienst zu tun. Weil der Verletzer ihm leid tut Weil sein Herz nicht mehr bei der Aufgabe ist. Weil der Verletzer und seine Angst und seine Sehnsucht ihm leid tun.
Und dann zieht es ihn zu dem Schwarzen.
Der Schwarze steht nur wieder draußen und der milde Nachtwind streicht über sein Fell und durch seine lange Mähne. Das Mondlicht spielt auf seinen Flanken und bestrahlt seine ganze Schönheit. Der Schwarze ist nun kein Jungtier mehr, er ist ein Hengst in voller Kraft und Schönheit, mit aufrechter Haltung und starkem Muskelspiel unter glänzendem Fell. Er hat eine Gefährtin. Die Schwester des Grauen ist nun seine Frau, die er beschützt und mit der er auf der Koppel steht. Im nächsten Jahr wird sein erstes Fohlen geboren werden und als ob er sich der Verantwortung bewusst ist, ist das Verspielte von ihm abgefallen. Er ist ganz Pflicht, ganz Dienst und ganz Verantwortung für die kleine Familie, die er haben wird. Die Stute liegt im Mondschein und schläft und der Schwarze steht neben ihr, zieht die feuchtschwere Nachtluft durch seine Nüstern und filtert die Gerüche und bewacht sie, bewacht ihren Schlaf.
Er erlaubt dem Dunklen, ihn zu berühren und die dichte Mähne zu zausen, wie sie es im vergangenen Jahr taten aber sein Herz ist nicht mehr bei ihm. Sein Herz gehört der Nacht und dem Wachen, dem Sorgen und der Familie.
Der Dunkle freut sich, aber er trauert auch. Er liebt den Schwarzen mehr als alles zuvor und noch immer übt er seine Liebe mit Worten an ihn, mit Worten, die er ihm leise spricht und mit der kleinen Melodie, die er summt und die der Schwarze mag. Aber er leidet auch unter der Distanz, unter der Duldung, die der Schwarze ihm entgegenbringt. Duldung, wo er Liebe will, Duldung wo er Freundschaft will. Aber er sieht auch, dass da das ist, was der Schwarze sein sollte. Ein Pferd unter Pferden, nicht der Freund eines Menschen. Und er will, dass sein Freund glücklich ist. Und daher legt er sich ins weiche Polsterder Kiefernnadeln und sieht ihnen zu. Dem Schwarzen und seiner Stute. Er sieht dem Lauf des Lebens zu und freut sich, dass sein Freund daran Anteil hat.
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Libertas Haus, das Schloss
ParanormalWas bisher geschah: Corinne Haalswor und ihre 16 jährige Tochter Tamara ziehen aus München in den wilden Osten Deutschlands ins Hinterland von Halle/Saale in das kleine Dorf Grömlitz. Hier scheint die Zeit stillzustehen und es finden sich bald all...