Hugo von Hülstorff hasst dieses Schloss im Winter. Grau in Grau, eisigkalt, die feuchten Mauern, die eine Eiseskälte abstrahlen, die sich mit keinem Ofen der Welt bekämpfen lässt. Er fühlt sich wie ein alter Mann, in diesem klammen Schloss, im Winter, die Bewegungen steif und ungelenk, wie knarrend, treppauf, treppab.
Er hat gewonnen, sie haben gewonnen. Ein grandioser Sieg. Ein hehrer Sieg. Aber der einzige, den es freut ist Blatter, dieser hirnlose Anwalt, der zunächst gar nicht begriffen hat, wie alles lief und warum und der nun einen Meter über dem Boden schwebt jedes Mal, wenn sie sich sehen und sich selbst für den Gott der Juristerei hält. Er, Blatter, habe die aussichtslose Sache gerettet, kraft seiner überragenden Intelligenz und Kompetenz...bablabla. Hugo kann es nicht mehr hören. Am liebsten würde er diesen Dummkopf nicht mehr sehen aber es lässt sich nicht vermeiden.
Es geht das Gerücht, dass dieser Verein in Berufung geht, das Urteil, dessen Rechtmäßigkeit anzweifelt, vor Gericht.
Gefälligkeitsurteil.
Dieses Wort macht die Runde.
Sollte eigentlich nicht gehen, die Berufung, denn der Richter hat das ausdrücklich ausgeschlossen. Das Urteil ist sicher, sagt der mit dem Einstecktuch. Sicher, wie die Bibel. Der hat gut reden. Was, wenn nicht? Wie weit reicht sein Arm? Reicht sein Einfluss bis zum Bundesgericht?
Können die wirklich dort klagen? Sollte denen nicht längst das Geld ausgegangen sein?
Was, wenn das Urteil nun doch gekippt werden kann?
Was zieht das nach sich?
Und Bundesgericht? Muss das sein? Sieht dann da nicht jeder hin? Die Presse, bundesweit, nicht mehr nur die kleine lokale, der er noch etwas erzählen kann?
Er möchte auch gar nicht, dass das hier alles so Thema wird. Bundesweit.
Er spürt es, er spürt, dass selbst dem mit dem Einstecktuch mulmig wird. Was, verdammt, was wenn...?
Unwillkürlich zieht er die Schultern hoch, diese verdammte Kälte!
Die Kripo ständig auf dem Gelände. Das ist ärgerlich, aber da kann man nichts machen. Auch so ein anderer Typ lungert hier ständig rum. Man hat ihm davon berichtet. Gesehen hat er den noch nicht. Befragt alle, heißt es und schreibt alles mögliche auf in irgendwelche Aktendeckel, macht Fotos, befragt die Nachbarn. Das ist sonderbar. Sehr sonderbar. Keiner weiß, wo der herkommt, von welchem Amt,welcher Behörde. Und warum sieht er ihn nie sondern hört immer nur davon. Dass er angeblich ständig da ist. Täglich. Ist der Mistkerl unsichtbar?
Ärgerlich läuft er zum Fenster und sieht in den grauen Park hinaus. Ein feuchter Nebel kriecht zwischen den dürren Bäumen herum. Das Märchen fällt ihm ein. Das von dem Riesen mit dem schönen Garten, der die Kinder rausgeschmissen hat und dann im ewigen Winter leben musste. Wer hat da noch mal geschrieben? Oscar Wilde? Theodor Fontane?
Egal.
Ungeduldig sieht er auf die Standuhr. Zu spät, der verfluchte Drobbel kommt zu spät und lässt ihn hier warten, in dieser elendigen Kälte. Das war auch mal anders. Da war der Drobbel ihm fast in den Hintern gekrochen und hat sich überschlagen, wenn er etwas über das Schloss schreiben durfte. Aber der ist keine sichere Nummer mehr, der Drobbel und die NOZ. Deshalb muss er vorsichtig sein. Vorsichtig mit dem was er jetzt sagt und den Mann überzeugen, sich jetzt hier nicht aufregen weil der Volltrottel zu spät kommt sondern ihn umgarnen, überreden, überzeugen. Es muss etwas in die Zeitung. Er muss Tatsachen schaffen, dem Verein das Wasser abgraben. Angst sollen sie nun endlich bekommen. Die Leute müssen fernbleiben. Es darf keiner mehr hierherkommen. Verloren. Muss in der Zeitung stehen, verloren, verloren verloren. Gekündigt, geräumt. Vertrieben verflucht. Vom Unglück verfolgt, strafbar gemacht, bösartig, gefährlich.
Am Besten.
Das muss ihm gelingen.
Isolieren muss er die. Kein Geld für eine Klage sollen die auftreiben können. Keine Unterstützer finden. Keinen Ausweg sehen. Vergehen, verderben. Verbrennen, verschwinden,verloren.....Durch den Nebel sieht er eine in einem Mantel gehüllte Gestalt auf das Schloss zukommen..
Der Drobbel, endlich.
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Libertas Haus, das Schloss
ParanormalWas bisher geschah: Corinne Haalswor und ihre 16 jährige Tochter Tamara ziehen aus München in den wilden Osten Deutschlands ins Hinterland von Halle/Saale in das kleine Dorf Grömlitz. Hier scheint die Zeit stillzustehen und es finden sich bald all...