Ehrlichstett, Mai 2016

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Veröffentlichung auf der Internetseite der Künstlerin




Erstmalig seit 1938 wird in Deutschland ein Kunstwerk verboten. Bei den Vertretungen der Künstler und Künstlerinnen, sowie bei allen kulturpolitischen Vertretungen sollte doch hierauf mit einem Aufschrei, wenigsten mit einer Nachfrage, wenigsten mit einer Auseinandersetzung zu diesem Thema, zu rechnen sein.

Doch sonderbarerweise – nichts!!

Es kommt dazu, dass sich, ohne ersichtliche Prüfung der Sachlage und ohne diese Entscheidung zu begründen, namhafte Künstlervertretungen, Künstlerverbände, Gewerkschaften und politische Parteien FÜR das Verbot des Kunstwerkes aussprechen.

Das finde ich schwer verständlich. Dass meinem Wunsch, hierfür eine zitierfähige Begründung zu liefern, eine nachvollziehbare Argumentation, nicht entsprochen wird, empfinde ich ebenfalls als schwer nachvollziehbar und ich möchte, im Sinne einer Diskussion über ein, wie ich meine für alle Kunstschaffenden in Deutschland virulent wichtiges Thema noch ein weiteres Mal darum bitten.


Im Rahmen einer Diskussion des Sachverhalts, des Bilderverbots der Arbeit „rapunzel 4" durch zwei ostdeutsche Gerichte und der anhängigen Verfassungsbeschwerde vom Juli 2016, möchte ich, die aktuelle Diskussion aufgreifend, hierbei zwei Einzelaspekte präventiv herausarbeiten:

Bei meinen gesamten Bemühungen und der Vermittlung über die Internetseite zum Kunstverbot handelt es sich natürlich NICHT um den Versuch eine Handlungsanweisung für das Bundesverfassungsgericht zu formulieren. Wie auch? Es ist lediglich eine Art Umfrage, die im idealen Falle dem Verfassungsgericht ein öffentliches Interesse an dem Sachverhalt vermitteln soll. Natürlich kann und soll eine Entscheidung des Gerichtes hiermit weder beeinflusst, noch vorweggenommen werden. Es besteht sicherlich der Wunsch und der Wille, sich einer solchen hoffentlich erfolgenden Entscheidung zu unterwerfen und, gegebenenfalls, daraus persönliche Konsequenzen zu ziehen.


Dem vielzitierten Argument: „Was wäre denn, wenn es mein/dein Kind wäre, das da gemalt wurde, dann würdest Du doch das Bild auch verbieten lassen?" möchte ich hiermit initiativ, wie folgt vorweg greifen: Jemand gibt die Erlaubnis, seine 16 jährige Tochter von einer Künstlerin in Rahmen eines Bilderzyklus, der ihm/ihr vorher bekannt war, malen zu lassen. Das Bild wird fertiggestellt, vorgelegt und dann im Internet auf der HP der Künstlerin zwei Jahre lang, ohne Anstoß zu erregen im Rahmen dieses Zyklus veröffentlicht. Im dritten Jahr nach Fertigstellung erfolgt eine Ausstellung des genannten Zyklus und die Wogen schlagen hoch. Die Bilder werden in der Presse sehr kontrovers besprochen und man sieht in diesem Zusammenhang das Bild der Tochter in einem Internetbeitrag abgebildet. Dagegen verwehrt man sich und lässt das Bild aus diesem Artikel nehmen, was sofort geschieht. Damit aber nicht genug, man möchte solche Interpretationen des Bildes für alle Zukunft ausschließen und das Bild aus dem Verkehr ziehen. Hierfür stehen jetzt sicher eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Verfügung, die einfachste darunter, das Bild zu erwerben und für weitere Ausstellungen nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Man entschließt sich aber dagegen, denn eigentlich möchte man auch ganz gerne auch noch diese Künstlerin abstrafen. Also lässt man das Bild gerichtlich verbieten und kommt damit durch.

Soweit so gut, so geschehen.

Was ist Kunst und warum wird Kunst vom Gesetzgeber geschützt? Ist Kunst eine unumstößliche Behauptung mit Wahrheitsgehalt und immanentem einzigartigem Interpretationsanspruch? Nein, sicher nicht. Kunst wird vom Gesetzgeber geschützt, weil sie ein Element der Meinungsfreiheit verkörpert, das dem Gesetzgeber diesen Schutz wert ist, hier deutlich: Ein Kunstwerk und dessen Interpretation liegen im Auge und Hirn des Betrachters. Der Betrachter sollte, idealerweise frei sein, ein Kunstwerk so zu sehen, wie er/sie es wünscht.

In diesem vorliegenden Falle gibt das Bild selbst, wie beide Gerichte bestätigten, keinerlei Anlass für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, es wurde übereinstimmend als völlig unverfänglich betrachtet, eine Interpretation wurde von der Autorin nicht vorgegeben, weder durch die Art der Darstellung, noch durch den beigegebenen Titel.

Eingeschränkt durch das Bilderverbot wird hier also die Meinungsfreiheit, die Freiheit des Betrachters.

Und hier wird die Sache spannend: Denn unter diesem Fokus, wenn dies ein Bilderverbot rechtfertigt, dürfen sicher alle Kunstwerke verboten werden. Denn jedes, und es auch noch so triviale und harmlose Bild kann ja „fehlinterpretiert" werden, und damit einem Verbot freigegeben werden. Das ist ein bisschen so, wie wenn man das Wahlrecht derart modifizieren würde, freie Wahlen anzubieten, alle dürfen sich zur Wahl stellen, aber Wahlen finden nur statt, wenn vorher feststeht, dass eine bestimme festgelegte Richtung auch gewählt und bestätigt wird.

Interessant- gab es wohl schon, eine Wiederholung wollte der Gesetzgeber aber verhindern, daher der starke Schutz der Meinungsfreiheit.


Das sollte einem zu denken geben.

Und, gerade in Zeiten, wie diesen, sollte man sich, meiner Meinung nach, allen Versuchen, die Meinungsfreiheit einzuschränken heftig erwehren, von Anfang an!


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