Ehrlichstett,Mai 2016

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„Also ,ich weiß nicht."

Schmilewksi ist müde.

So hat ersich das nicht vorgestellt, mit dem Verheiratetsein. Cindy gibt keine Ruhe. Einmal gemütlich zusammensitzen, wie heute abend, vor dem Fernseher, ein Bierchen trinken, gemeinsam und dann.... Nein, das findet normalerweise nicht statt.

Cindy hat sich zwar dazugesetzt, aufs Sofa, mit einem überflüssigen Naserümpfen, zugegeben, das Stück hat schon bessere Tage gesehen,aber was ist denn mit der Frau im Haus? Die da mal putzt und aufräumt? Nein, er lebt wie vorher, eigentlich, wie als er noch Single war und dass da alles ein bisschen dreckig ist, nicht zu sagen verwahrlost, das ist ja wohl auch verständlich. Cindy ist nie da, nie neben ihm, auf dem Sofa, ein bisschen gemütlich, wie man sich so eine Ehe vorstellt. Er ist direkt erstaunt, dass sie sich nun neben ihn setzt, er hält gleich die Luft an und zieht den Bauch ein, als sie ihr Hinterteil vorsichtig an die äußerste Kante des Sofas platziert, sich die Fernbedienung greift und den Ton ausstellt.


„Doch!"

Ihre Stimme ist wie immer etwas schrill und hektisch, vor allem, wenn ihr eine Sache wichtig ist, so wie die hier jetzt: "Du solltest damit mischen. Von Anfang an, das ist wichtig. Sonst kommt dir der Bonsayh zuvor und das..." Sie macht eine bedeutungsvolle Pause und sieht ihn an.


Warum? Denkt er, hat er sich eigentlich in sie verliebt? Was, denkt er hatte er sich denn damals erhofft?


Aber sie unterbricht seine Gedanken sofort wieder:
„Der Graf ist fest entschlossen. Er wird diese Stiftung gründen und wenn du von Anfang an mit dabei bist, dann hast du da Rechte, Möglichkeiten. Und man weiß nie.." ein leichtes Lächeln spielt um ihre Züge, ihre Stimme ist sanfter geworden: „Der Mann lebt ja auch nicht ewig. Und er ist schon alt."


„Ja, kann schon sein," brummt er unwillig, „aber ich habe das Geld nicht."


Der Graf will eine Stiftung gründen. Eine Schlossstiftung. Ein Haufen wichtiger Leute macht da mit. Auswärtige. Aus der Hauptstadt, aus der Regierung sogar. Und Cindy meint, er, Schmilewksi, solle sich da auch beteiligen. Aber er weiß nicht, eigentlich ist er mit dem Hof ganz zufrieden Er will eigentlich kein Schloss. Wozu auch?

Er richtet sich auf und zieht den fleckigen Pullover herunter. Er selbst riecht, dass das ein wenig müffelt. Wann eigentlich hat er das letzte Mal den Pullover gewechselt? Ärgerlich runzelt er die Stirn. Wenn er eine Frau hätte, die sich um so etwas kümmert, statt in der Weltgeschichte rumzumachen und sich um das blöde Schloss zu sorgen.

„Ne," seine Stimme ist nun fester. „Ich habe das Geld nicht und ich..."


„...aber dein Bruder!"

Cindy lächelt und rutscht ein wenig an ihn heran, auf dem Sofa, bis sich ihre Hüften berühren.

„Dein Bruder hat Kohle, wie Heu. Und wenn du ihn lieb bittest..."
Sie hat sich hinüber gebeugt und ihre Lippen berühren nun seinen Hals. Er spürt den Hauch ihres Atems. Er schämt sich ein bisschen, dass er nicht geduscht hat, heute nicht, und gestern auch nicht, genaugenommen. Aber woher sollte er denn wissen...


„Cindy, nein, das will ich nicht. Ich will kein Geld von meinem Bruder, der wird mir wieder ewig vorhalten, dass ich nichts auf die Reihe kriege und überhaupt."
Er holt tief Luft.

Ihre Hand ist unter den Pullover gekrochen und streichelt nun sanft seinen Bauch.


„Und außerdem...," setzt er wieder an, leicht atemlos, „das ist auch zu teuer. Das ist eine Unsumme, die der Graf da will, nur damit man in seiner Stiftung mitmachen darf."


„Aber wenn wir es geschickt anstellen, dann kriegst du vielleicht einen Posten," ihre Stimme, ein Hauch, an seinem Ohr, ihre Hand wandert tiefer, in den Bund seiner Jeans. Er schnappt hörbar nach Luft, „Aber ich will nicht," matt, angestrengt.


„Ach wirklich?"


Ein energischer Ruck und sie sitzt auf einmal Kilometer entfernt, am anderen Ende der Couch.


„Nein,äh...," er schüttelt ungläubig den Kopf, „ich meine, das will ich natürlich schon, aber..."


„Der Bonsayh will bestimmt," ihre Stimme hat wieder diesen schrillen Ton und ist laut geworden: „und für den ist das sicher kein Problem, mit dem Geld. Und seine Frau, die magere Ziege wird dann die große Dame geben, in den abgelegten Kleidern der Gräfin. Und ich," sie steht auf und geht zum Fenster, ihr schmaler Rücken bebt, ihre Stimme wird leiser und mit Schluchzen unterlegt:
„Und ich, obwohl ich so viel für dich getan habe! Und für den Grafen, und das Schloss..." Schluchzen „Und ich kann zugucken wie die sich da feiern. Wenn die die blöden Ponyleute weg sind. Und dann später, wenns ans Verteilen geht. Wenn es eventuell ein Schloss gibt. Schmilewksi, ein Schloss, für umsonst, wenn man es geschickt anstellt und nicht, wenn man rumheult, wegen der paar Kröten!"

„Und wenn man zu fein ist, seinen Bruder mal um was zu bitten!"


Sie hat sich umgedreht und sieht ihn nun an.

Er kann ihr Gesicht nicht genau erkennen, weil sie vor dem Fenster steht und das Licht von hinten kommt. Aber er würde schwören, dass ihre Augen von innen her so komisch leuchten. Irgendwie hell, irgendwie...sonderbar.


Eigentlich will er nur, dass sie wieder neben ihm sitzt, auf der Couch. Ohne Rumdiskutieren. Dass ihre Hand wieder dahinwandert, wo sie vorher war. Und dass er seine Ruhe hat. Und ein bisschen Spaß. Schloss brauch er eigentlich keins.


„Is ok," nickt er schließlich resigniert, „so machen wirs. Wie du willst, Cindy."

Er sieht sie von unten an. Hoffnungsvoll. Und auf das Sofa, neben sich.



Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt