Ohne Titel Teil59

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Ehrlichstett, Oktober 2015


Die Raben krächzen ihr tonloses Lied in Schloss Ehrlichstett aber die Götter meinen es gut mit dem gebeutelten Verein HEILE WELT. Das Wetter hält an, es ist warm, fast spätsommerlich, von Frost keine Spur. Es gelingt ihnen, die Wasserversorgung für die Pferde zu organisieren, wenn auch unter Schwierigkeiten.

Gerhard hatte Recht: Wenn der Eigentümer nicht zustimmt, dann kann eine offizielle Wasserversorgung nicht in den Stall gelegt werden.

Sie fragen bei Hugo von Hülstorff an, die Antwort ist nur Hohnlachen. Nein, natürlich wird er einem Wasseranschluss im Stall nicht zustimmen. Sie sollen sich gefälligst einen neuen Stall suchen, das wäre die einzige Tatsache, der er zustimmen würde. Sie befüllen also den Wasserwagen, der eigentlich die Koppeln mit Wasser versorgt, Gerhard baut ihn um, statt der Selbstränke ein Hahn und sie fahren nun das Wasser vom Wasseranschluss des Gartenhauses täglich mehrfach über das Gelände zum Stall.

Es ist absurd, aber es ist das Einzige, was ihnen einfällt und was auf die Schnelle realisierbar ist. Der Zuweg über die Nordseite des Schlosses ist mit Zaun versperrt, also fahren sie mit dem Wasserwagen und Corinnes Geländewagen als Zugfahrzeug um den Teich herum. Alsbald wird ihnen dies vom Klapsmann verboten, es ergeht eine Anzeige beim Umweltamt, die allseits beliebte Frau Kohl schreibt mal wieder freudestrahlend eine Stellungsnahme, dass der Weg in Wald und Landschaftsschutzgebiet nicht zu befahren sei. Sie weichen aus auf einen weiteren Weg, der oben aus dem Gelände hinausführt, einen Feldweg, allerdings das Eigentum Dritter und anschließend über einen Fußgängerweg und eine Bordsteinkante, eine Ordnungswidrigkeit, wie sie ebenso alsbald vom Ordnungsamt belehrt werden.

Also, wie nun?

Sie sehen, keine andere Möglichkeit, als nun ihrerseits Zimmermann zu beauftragen, gerichtlich eine Verfügung zu erwirken, den Weg über das Schlossgelände wieder frei zu bekommen.

Gesagt, getan. Die Verfügung wird nach Prüfung dem Grafen per Gerichtsvollzieher zugestellt, große Aufregung im Netz, der arme Mann!

Und eine kurze Freude über den freien Weg, denn dieser geht sofort in Berufung und man befindet sich wieder vor Gericht.

Inzwischen ist auch die Einstellung vom Staatsanwalt gekommen – nun mit es amtlich, Gerhard hat keinen Strom vom Grafen geklaut. Sie sind schlauer geworden, diesmal kommt also der Klapsmann damit nicht durch und das Gericht bestimmt erneut, dass ihnen ein Weg über das Gelände zur Verfügung gestellt werden muss. Ein weinendes Auge bleibt, denn das Verbot des Brunnens lässt sich mit der Einstellung nicht wieder rückgängig machen, weil eine Berufung nicht berufen werden kann.

Ruhe kehrt auch nicht wirklich ein, denn vom Anwalt des Klapsmannes kommen in schneller Folge mehrere Anzeigen:
Corinne und Gerhard erhalten ein Hausverbot für das gesamte Schlossareal, um so absurder, als Corinne im Schloss wohnt, das Hausverbot also schwierig durchzusetzen sein dürfte.

Gerhard erhält gleichzeitig eine Anzeige wegen unbefugten Betretens, Hausfriedensbruchs und einer angeblichen Party, die er im Schloss veranstaltet haben soll. Dafür gebe es Zeugen und eine saftige Rechnung für die so genutzten Räume schickt der Graf gleich hinterher.


Zimmermann macht Überstunden.


Das Veterinäramt steht auch wieder vor der Tür: Man habe gehört, es gäbe keine legale Wasserversorgung für die Pferde, man werde nun leider den Betrieb stilllegen müssen und das Bauamt legt nach wenn es keine Zufahrt zum Gartenhaus gebe, dann wäre ein Betreiben als Vereinsheim nicht denkbar.


Zimmermann?

Zimmermann mahnt schüchtern an, es liefen nun langsam ziemlich viele Rechnungen auf, da kommt es wie ein Segen von oben, dass sich aus dem Trouble TV Auftritt von Nicki ein Sponsor gefunden hat, der einen Batzen Geld überweist, der nun erst einmal an Zimmermann geht.

Auch ein Plüschtier von Nicki wird aufgelegt, Heitmann und seine HIER kommen und ein großer Artikel bringt die ersten Bestellungen, so dass das Vereinskonto sich wieder füllen kann.


Und eine weitere erstaunliche Sache ergibt sich: Gerhard hat Unrecht. Mit düsterer Stimme hat er prophezeit, dass wenn der Streit und die Klage öffentlich werden, die Leute nicht mehr kommen werden, den Verein meiden werden, wie der Teufel das berühmte Weihwasser. Der Ossi, sagt er, macht das nicht, der will mit so etwas nichts zu tun haben, will in nichts hereingezogen werden, will sich schon gar nicht engagieren, wenn der Ausgang unsicher ist. Das erstaunliche Gegenteil geschieht: Trotz der katastrophalen Berichte in der Lokalzeitung kommen die Menschen in Scharen. Sie kommen, um Nicki zu sehen, sie kommen, um die Tiere zu streicheln und mit den Ponys spazieren zu gehen. Aber sie kommen auch, um Mut zuzusprechen, um sie anzuhalten, auszuhalten, durchzuhalten, ihnen das Gefühl zu geben, im Recht zu sein, etwas Gutes zu tun, das Richtige zu tun. Corinne kramt die alte Unterschriftenliste wieder heraus und in Kürze haben sie  500 Unterschriften gesammelt und mehr.

Gerhard staunt und freut sich.


Die Vereinsmitglieder jedoch fangen an, sich zurückzuziehen. Plötzlich ist keiner mehr da, der im Stall hilft, keiner, wenn es gilt Heu in den Stall zu rollen, keiner, wenn die Pferde von den Winterkoppeln geholt werden müssen und es schon dunkel ist, keiner, wenn der Mist aus dem Container auf Leanders Lastwagen umgeladen werden muss.


Sie haben keine Zeit, wirklich im Moment keine Zeit, sich darum zu kümmern, Doreen soll mit den Mitgliedern reden oder Mandy. Nichts hilft wirklich, Desi und Dieter sind ohne Hilfe völlig überlastet und sie werden sich etwas einfallen lassen müssen. Irgendetwas wird geschehen müssen. Und zwar bald.



Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt