Ehrlichstett Juli 2016

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„Mann,du glaubst es nicht, das war so eklig!" Mirko lässt sich mit einemSchnaufen an den Gartentisch sinken, den der Verein vor dem Haus unter einem großen Sonnenschirm aufgestellt hat.

„Erst diese ganzen Fischleichen, ich glaub ich habe schon keine Geruchsnerven mehr und jetzt das." Sie sitzen wieder draußen, endlich. Durch das Abfischen der Kadaver und durch heftigen Gewitterregen der sich die letzten zwei Tage über das Land ergossen hatte, war der Gestank verflogen.

Dieter, Desi und auch Greta, die auf dem Schoß eine kleine Katze streichelt, sehen Mirko fragend an.

„Wir waren beim Rudi im Haus, ich und zwei Kumpels, bisschen aufräumen, weil er doch im Krankenhaus ist und so und du weißt doch, wie es da aussieht und wegen der Ratten und so, nich dass sie ihm noch die Bude dicht machen oder der Kammerjäger kommen muss, jetzt wenn doch da keiner da ist. Kostet nen Schweinegeld, son Kammerjäger. Und du weißt, wie es da aussieht. Mann ich sage dir..."

Er macht eine bedeutungsvolle Pause und sieht Dieter an.

„Mann, ein Saustall. Ich weiß nicht, wie der da vorher noch gelebt hat. Alles durcheinander Essensreste und Dosen und Rattenkadaver, und Rattenhäute."


„Wie, Rattenhäute?"


„Ja, weiß auch nicht. Da waren gehäutete Ratten. Über der Spüle hing eine Leine und da waren Ratten aufgehängt. Die Felle."


Desi schüttelt sich und gibt eine kleinen angeekelten Quietscher von sich.


„Wie meinst du das?" Fragt Dieter nach.


„Also, ich weiß nicht. Da hingen halt die Felle von den Ratten und stanken vor sich hin."


„Aber wo waren die Ratten, die in den Fellen waren?"


Mirko zuckt die Schultern. „Keine Ahnung. Gegessen?"


Nun gibt Desi einen Aufschrei von sich.

„Das ist widerlich, Mirko, du spinnst, wer isst denn Ratten?"


Mirko zuckt erneut die Schultern. „Keine Ahnung, verdammt. Aber ich sage euch ich bin froh, dass ich nie die selbstgemachte Salami von dem Typen gegessen habe!"


Dieters Gesicht verfärbt sich langsam von blass zu eine grünlichen Grundton.


Mirko lacht laut auf und zeigt mit dem Finger auf ihn: „Aber der da, Desi, der hat die Wurst gekostet."


„Ja," sagt Dieter, trinkt einen Schluck kalten Kaffee aus der vor ihm stehenden Tasse und verzieht das Gesicht, „aber der Klapsmann, der hat die regelrecht runtergeschlungen und lebt auch noch. Verdammt, wie eklig. Ich ess da nie wieder was. Von dem."


„Wassn Glück, dass der das Fischsterben nicht mitgekriegt hat. Wer weiß,was er daraus zubereitet hätte."

Desi gibt einen erstickten Laut des Ekels von sich..


„Mal sehen, ob der überhaupt wiederkommt," sagt Mirko langsam.


„Na, muss doch, oder? Was macht der Klapsi ohne ihn. Da geht doch nichts bei euch ohne ihn ."


„Klar," Mirko grinst. „hat doch keiner ne Ahnung. Und der Klapsmann kommt da nicht ran. Der brüllt rum und ordnet irgendwas an ohne Plan und wir machen heute hier und morgen dort, aber voran geht nichts, das stimmt schon!"


„Wirst sehen, der Klapsmann holt den wieder," sagt Dieter düster.


„Quatsch.Der Typ ist totkrank. Der arbeitet nie wieder was. Der wird krankgeschrieben für immer und wir haben das gemütlichste Leben imSchloss. Heute hier bisschen kratzen, morgen da bisschen schrubben und wenn der Klapsi nicht da ist,...." er grinst, „gar nichts kratzen und schrubben!"


„Der Meister wird ihn wieder holen!" Gretas zerbrechliche Hände malen eine zarte Geste in die Luft, als alle sie ansehen.


„Quatsch," Mirko wird bleich, „lass doch endlich diesen Scheiß mit dem Meister? Wer solln das sein? Der Klapsgraf vielleicht?"


„Ihr werdet sehen," wiederholt Greta unbeirrt, „Renfeld ist Sklave des Meisters. Er war der Wächter des Schlosses schon immer und zu allen Zeiten. Und der Meister wird ihn brauchen. Der Meister holt ihn wieder und der Meister," sie macht eine bedeutungsvolle Pause, schließt die Augen und hebt ihr schmales Gesicht in die Sonne: „Der Meister kann selbst den Tod besiegen. Ihr werdet sehen."


„Mann, Greta," fährt Mirko respektlos dazwischen, "Rede doch keinen Quatsch. Dieses Gequarke mit dem Meister und den toten Katzen und dem ganzen Mist, das kann doch keiner mehr hören. Der Rudi ist krank und Ende. Der wäre fast gestorben, du hast ihn nicht gesehen. Der war schon hirntot, Mann! Der, der kommt doch nie wieder auf die Beine!"


Dieter schüttelt nur den Kopf und sieht weiterhin Greta an, die die Augen noch immer geschlossen, die schnurrende Katze auf dem Schoß, ihr Gesicht der Sonne zugewandt hat. Auch Desi ist still und betrachtet Greta, deren Züge sich, wie die einer urzeitlichen Göttin im Sonnenlicht glätten und entspannen.


„Mann," Mirko steht auf, sein Ton jetzt wütend, „ihr habt doch alle einen an der Klatsche. Manchmal habe ich echt die Schnauze voll von hier, ihr lauft echt alle nicht ganz rund."


„Und der Renfeld," setzte er noch hinzu," den sehen wir nie wieder! Der rückt direkt in die Klappe ein, ich sag es euch. Werdet schon sehen!"


„Und mancher von euch wäre da auch nicht schlecht aufgehoben!" Er wirft Greta einen bösen Blick zu, als er aufsteht sich rumdreht und zum Schloss zurückstapft.


Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt