Ehrlichstett April 2016

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Sie sind am Schlossteich und stapfen den Weg um den Teich entlang.

Das heißt, von Hülstorff stapft und Renfeld schlurft mit kleinen hastigen Altmännerschrittchen hinterher.

Von Hülstorff ist wütend.

Sie haben gewonnen, einen gerichtliche Verfügung erwirkt, dieser Affenverein, eine Verfügung, dass ihnen ein Weg gestellt werden muss.

Bis zur Hauptverhandlung muss er sich jetzt überlegen, wo er das Affenpack langgehen lässt. Alle Wege sperren, das darf er nicht, sagt das Gericht.

Mit Gerichtsvollzieher zugestellt, er saß draußen im Schlossgarten nichts ahnend, die Verfügung zugestellt Unterschrift, er bleich geworden, bleibt einem fast das Herz stehen und das Affenpack dahinter dem Zaun konnte alles sehen. Haben sich wahrscheinlich kaputtgelacht, widerliches Pack!

Er wünschte, er wäre die schon los, das ist kein Zustand mehr und solche Ausschreitungen, das will er nicht, sich privat da belästigen lassen müssen, vom Gerichtsvollzieher, das darf doch alles nicht wahr sein. Was ist eigentlich los mit der Welt, da so etwas erlaubt wird?

Wütend greift er mit großen Schritten aus und stapft den schmalen Trampelpfad am Teich entlang:
„Renfeld, verdammt. Wo bleiben Sie denn? Lassen Sie sich nicht so viel Zeit, das gibts doch gar nicht! Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit für diesen Mist!"


Renfeld beeilt sich und trippelt zu ihm auf, sein Atem pfeift, er bekommt kaum Luft und auf seiner Stirn ist ein glänzender Schweißfilm.

Einst genau so groß, wie der hochgewachsene Graf, ist er nun in sich zusammengesackt und sein Blick auf den Boden gerichtet.


„Renfeld, was hier passieren muss, ist klar oder? Sie nehmen den Traktor und fahren den Weg auf und ab. Vornehmlich um ihn zu verbreitern und frei zu schieben. Aber sie fahren so lange hin und her, bis das hier eine Schlammwüste ist, ist das klar? Die sollen bis zum Bauch im Schlamm versinken, wenn die hier langgehen, die Besucher will ich sehen, die dann noch zum Verein kommen, wenn sie knietief durch den Schlamm waten müssen!" Er stößt ein kleines tonloses Lachen aus.


„Ja, Chef, wird gemacht," Renfelds Stimme pfeift, als er kurzatmig die Worte ausstößt. „Aber ich denke, die werden den Weg dann einfach befestigen, mit Kies oder so, was sollen wir dann machen?"


„Papperlapapp, Renfeld. Wenn die damit anfangen, sofort Anzeige!" Von Hülstorff lacht wieder:" Der Weg hier, der ist völlig illegal, Renfeld. Sowie die anfangen, den zu befestigen, gibt es eine Anzeige beimUmweltamt, Frau Kohl, ist schon abgesprochen, das ist nämlich Landschaftsschutzgebiet, da darf man keine befestigten Wege anlegen.

Und eine Anzeige beim Ordnungsamt. Sehen Sie, legen sie den Weg hier ganz nah an das steile Teichufer. Da besteht Einsturzgefahr. Die dürfen diesen Weg gar nicht benutzen. Anzeige, Anzeige, Anzeige!" Er stößt wieder dieses kleine Lachen aus. Das ein bisschen klingt, wie wenn trockenes Papier gefaltet wird.

"Und wissen Sie, was das beste ist, Renfeld?"
Er macht eine kurze Pause, aber nur um dann gleich fortzufahren:
„ Wenn sie das hier breitfahren und das eine Schlammwüste ist, dann kommt die nächste Anzeige!" Lachen" Weil alles so dreckig ist. Die Pferde, die hier langgehen müssen und alles! Veterinäramt!

Das ist wir in Amerika, mit den Negern. Verbiete die Schulen für die Neger und behaupte dann die Neger sind dümmer als die Weißen und beweise es. Denn die dummen Neger können ja dann leider nicht lesen und nicht schreiben! Also, Neger sind dumm, wie Tiere und – weg damit, keine Rechte, kein Nichts."


Renfeld sieht ihn verwirrt an:" „Die Neger?" Wiederholt er.


„Das ist doch nur ein Beispiel, Renfeld, Sie Dummkopf! Schicke den Verein einen Weg entlang in knietiefen Matsch und behaupte dann wie schmutzig alles ist und wie sie alles verkommen lassen: Die Pferde, den Stall, das Gelände! Alles voller Schmutz und Schlamm. Sie verteillen alles überall, geht ja nicht anders, sie müssen ja dauernd die Schlammstrecke entlang ." Lachen „Und Fotos, Renfeld, immer Fotos, vom zerfahrenen Weg und der Matsche. Das geht direkt ans Gericht, wie die hier alles zerstören!"


„Aber die haben doch gar keinen Trecker," wirft Renfeld leise ein.


„Papperlapapp!" Von Hülstorff nun lauter, während er sich umdreht und unter den niederen Ästen der Bäume den Weg zum Schloss zurückgeht: "Meinen Sie, dass das es dann noch jemand interessiert, Renfeld? Und vor Gericht? Da weiß doch dann niemand mehr wann welche Fotos entstanden sind. Und der Richter weiß doch nicht, dass die keinen Trecker haben und bis die Verhandlung endlich ist..." ein Seufzen,"... da weiß doch auch keiner mehr, wer wann welche Fotos gemacht hat. Und außerdem werden wir denen die Fotos ja nicht auf die Nase binden. Und dann sieht das schön so aus, als ob die das Ganze Gelände zerfahren hätten. Eine Schlammautobahn!"


Er ist stehen geblieben und lacht wieder in sich hinein. Wieder das trockene Papiergeräusch.


Sie stehen unter den Büschen und eine Spinne lässt sich an einem Faden zwischen den beiden Männern herab und landet auf der Schulter von Renfelds zerschlissenen Anorak. Renfeld, greift nach dem Insekt, nimmt es zwischen zwei Finger, die er sich abwesend zwischen die trockenen Lippen schiebt, während er noch über den Worten seines Chefs grübelt. Ein leise Krachen, als er den Panzer der Spinne zerbeißt.


„Renfeld!" Von Hülshoff sieht ihn fassungslos an, ein angeekelter Gesichtsausdruck.


Renfeld hebt den Blick und sieht Hülstorff verwundert in die Augen.


„Renfeld,haben Sie da eben eine Spinne gegessen?"


Renfeld schüttelt abwesend den Kopf und ein hohles Kichern steigt in seiner Kehle auf. Rasselnd, wie klappernd.

„Wie die Neger," kichert er, „Herr Graf, Sie sind ein Genie! Ich habe es verstanden. Wie die Neger, wie die Neger!" Kichern.

„Ich hole den Traktor," er wendet sich ab und schlurft den Weg entlang, kichernd, „Wie die Neger, der Drecksverein, wie die Neger!"



Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt