Ehrlichstett, August 2016

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Er will seine Welt zurück. Er will zurück in die Welt, in der er das Sagen hat, in der die Kleene Angst vor ihm hat und ihn respektiert, in der er Corinnes Angst im Flattern ihres Herzschlages in ihrer Kehle spürt, in der der Graf ihn achtet und die Zukunft des Schlosses in seine Hände legt, in der er die Zukunft hat, Zugriff auf eine Zukunft, die tut, was er will.

Er weiß nicht, wann alles begonnen hat, so schief zu laufen, wann ihm alles aus den Händen geglitten ist: Mit dieser unfassbaren Strafandrohung des Staatsanwaltes? Mit seinen Anzeigen, auf die niemand mehr reagiert? Mit dem Mitgliederschwund in der Bürgerinitiative? Mit dem Verbot seiner Internetgruppe? Mit Cindy, die irgendwann angefangen hat, ihr eigenes Ding zu machen und ihren Schmilewski in eine Position gebracht hat, an die er nicht rankommt.

Einzig Doreen, die dreht plötzlich auf. Die schiebt wohl Frust, weil sie mit dem Pferd nicht zurecht kommt, das sie bei der Künstlerin gekauft hat. Und, er muss zugeben, das Tierchen sah schon mal besser aus. Selbst er als Laie sieht das, im Vergleich zu den Pferden des Vereins, Doreens Pferd irgendwie struppig aussieht, und schmutzig und so ein dicker Hängebauch, seit es an dem anderen Stall steht. Hm, er weiß nicht.

Aber Doreen entwickelt Eigeninitiative, das ist gut. Sie schreibt da unter einem Pseudonym bissige Kommentare zu den Filmchen, die die Tochter ins Internet stellt. Ist zwar insgesamt noch viel zu zahm, ging noch mehr, aber immerhin. Sie schickt ihm ihre Postings weiter und erwartet dafür ein Tätscheln, eine Belobigung, wie ein kleines Hündchen. Er lächelt. Man muss sich wohl schon über kleine Unterstützung freuen.

Er ist nicht zufrieden.


Er weiß, dass er zurück ins Spiel muss.

Prüfend mustert er seine Züge in dem kleinen Spiegel des Waschtisches im Wohnwagen. Verlebt, er sieht fertig aus. Seine Augen liegen tief in den Höhlen. Er war noch nie gutsaussehend, da macht er sich keine Illusionen, aber er war doch präsent, da, vorhanden, wahrgenommen. Er fühlt sich nicht gesund. Was ist geschehen? Und wie kann er das ändern?

Er muss, er muss zurück ins Spiel, zurück an die Macht, anders geht es nicht.

Und das geht am Besten...?

Er grübelt. Er hat noch einen Trumpf im Ärmel. Seine Gruppe, die Bürgerinitiative, wenn auch geschrumpft, es gibt sie noch. Und der Drobbel, wenn auch zurückhaltender, er schreibt noch für die Zeitung. Und wenn er initiativ wird, wenn er eine Vorlage bietet, wenn er eine neue Initiative startet. Für das Gute? Für das Wahre? Zur Rettung des Schlosses. Und er als Retter des Ganzen? Nein, nichts wie dieser Mist mit der Petition, die ja völlig nach hinten losging. Plötzlich wollte keiner mehr etwas davon wissen, plötzlich hatte das niemand mehr unterschrieben, niemand gewollt, pah... er schnaubt verächtlich.

Nein. Etwas anderes. Etwas positives, etwas HEILE WELT mäßiges. Das kann er auch.

Als Retter, als Heiland. Er, er ganz allein.

Er sieht sich an im trüben Licht des Spiegels und sein Augen beginnen  zu leuchten. Er hat da eine Idee. Es kommt ihm da eine Idee.

Etwas Schönes, etwas fast Poetisches, für die gute Sache!!

Etwas Verbindendes und er im Mittelpunkt. Er, der die Volksstimmung herumreißt und ein goldenes Licht aufs Schloss wirft, er der im Licht der Öffentlichkeit die Gute Sache vorantreibt, vertritt und präsentiert.

Gleich straffen sich seine Wangen und er spürt, wie neue Energie ihn durchdringt. Er ist noch nicht am Ende. No Sir! Er ist noch dabei. Und er hat eine Idee, wie man alles retten kann!


Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt