Ehrlichstett, Januar 2016

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Sie sitzen im Vereinsheim zusammen, Mandy, Gerhard, Doreen und Corinne. Es ist spät geworden. Es ist kalt. Die Vereinsmitglieder und Einteller sind schon gegangen. Die Stimmung ist trüb, wenn nicht gar verzweifelt, das können nun auch Corinne und Gerhard nicht mehr übersehen.


„Die werden das doch wohl nicht etwa schaffen," Corinne lässt den Kopfauf die aufgestützten Arme sinken.


Mandy schnaubt, "ja, da seid ihr nicht ganz schuldlos dran. Ihr mit eurer Verschleierungspolitik. Keiner weiß doch mehr, was läuft und wann was ansteht. Wie ist die Sache mit der Klage? Wie ist die Sache mit den Ämtern? Wie werden die eingenommen Gelder verwendet? Die Fördergelder? Die Zahlungen der Vereinsmitglieder? Und die Einstellgebühren?
Und..."
Sie steht auf und macht ihrem Unmut in hektischem Hin- und Herlaufen Luft:
„Da ist auch noch das Private! Die ganze Gerüchte. Ich kann schon gar nicht mehr über den Hof laufen. Das ist echt zum Kotzen. Jeder schaut mich mitleidig an. Gerhard hat angeblich was mit Corinne. Gerhard hat was mit Doreen," sie schaut die Blondine giftig an,"oder mit beiden oder was weiß ich. - Also mir reicht es gestrichen! Wir sollten überlegen, ob wir uns nicht was anderes suchen. Etwas Kleineres vielleicht, etwas privater. Etwas ruhiger."


„Ach Mandy," resigniert hebt Corinne den Kopf: „Klar sollten wir,aber, erstens mit welchem Geld? Ich habe mir schon einen Plan gemacht, auch wegen der Mitglieder: So wie ich die Steuerabrechnung fertig habe, lege ich die vor. Ich mache die öffentlich, jeder kann das dann einsehen. Dann könnt ihr alle sehen, wo die eingenommenen Gelder bleiben. Und das nichts übrigbleibt. Alles, was wir einnehmen müssen wir für den Unterhalt der Pferde wieder ausgeben. Und es trägt sich knapp. Wenn Bonsayh und Konsorten nicht alle Mühen unternommen hätten, uns hier die Leute abzuwerben mit Lügen und Gerüchten und wenn die Zeitung mal irgendwann wenigstens neutral berichtet hätte, dann würde sich das gut selber tragen.

Alle Fördergelder sind zweckgebunden und dürfen nicht anders verwendet werden, als vorher vereinbart. Und der Verein hat haufenweise Rechtsanwaltskosten zu tragen.


„Und neuerdings auch noch Strafen und Gebühren für unsre Freunde vom Amt," fällt Gerhard ein: „Das Umweltamt möchte gerne 6000 Euro von uns haben für geleistete Dienste."


Mandy holt hörbar Luft vor Schreck, auch Corinne und Doreen sehen Gerhard fassungslos an.

„Seit wann das denn?" Fragt Corinne schließlich.


„War gestern in der Post," Gerhard antwortet mit einem resignativenLächeln, „sie haben alle Termine und Tätigkeiten zusammengelegt und eine Gesamtrechnung erstellt für behördliches Handeln und dann gleich eine Strafandrohung hinterhergeschickt, weil wir da ja nicht gezahlt haben und wenn wir das jetzt auch nicht zahlen, dann können wir gleich noch einmal mit einer Rechnung von 4000 Euro rechnen."


„Sind die irre?" Corinne kann es nicht fassen.


„Keine Ahnung. Wir müssen es Zimmermann geben, zur Prüfung und dann in Widerspruch gehen, anders können wir das nicht lösen."


„Verflixte Scheiße!" Corinne springt auf und pfeffert wütend eines der Reitstundenbücher durch den Raum. Das Buch prallt mit einem lauten Knall von der Wand ab. „Das ist doch echt zum Abkotzen verdammt! Da müht man sich ab und strampelt und versucht alles, was geht, und immer wieder, immer wieder kommt was Neues und man steht wieder am Anfang und kann versuchen, wie man das hinkiegt. Verflixte blöde Oberscheiße!"


Mandy lässt sich auf einen Stuhl sinken und Corinne starrt trübsinnig in die Dunkelheit vor dem Fenster. Im Schloss ist ein Licht angegangen. In Tammis Zimmer. Ach, denkt sie fahrig, Tammi ist nach Hause gekommen. Sie war an der Uni, hat sich wegen eines Studienplatzes erkundigt. Jura, denkt sie, wie könnte es anders sein. Das ist so, wie sie das Ganze verarbeitet. Verflixter, verdammter Mist!

Corinne senkt den Kopf an die kühle Scheibe.


„Ich weiß nicht," sagt Mandy leise von hinten." ich kann nicht glauben, dass das gut ausgeht, Ehrlich nicht. Was, wenn wir verlieren?" Sie wird noch leiser: „Ich habe auch Angst, dass wir mit Privatvermögen drinhängen. Dass wir alles verlieren und dann alle wirklich vor dem Nichts stehen. Ich will hier wieder raus und ehrlich gesagt, ich will auch raus aus dem Ganzen auch aus meiner Familie, aus meiner Ehe," sie hebt den Blick und sieht Gerhard an,„ich weiß nicht, was ich noch glauben soll, wem ich noch vertrauen kann. Ich habe das Gefühl, ich habe alles schon verloren, meinen Sohn schon lange, noch bevor das hier anfing, meinen Mann gerade, sei es an andere Frauen, sei es an diesen Verein und mich nun auch."
„Die Träume, diese irren Träume haben wieder angefangen. Ich glaube, ich kann nicht mehr."


Alle sehen sie an und alle schweigen.

Es ist ein Tiefpunkt ein absoluter Tiefpunkt. Geht es noch tiefer? Gibt es noch Hoffnung? Oder ist alles hier zu Ende? Hier und jetzt?



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