Ehrlichstett, Mai 2015

4 0 0
                                    

Harald Bonsayh ist in seinem Element. Er spricht und alle hören zu. Er erläutert seinen Plan und alle schwiegen.

Der Graf sieht allerdings aus, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen.

Der wird gleich anfangen, zu widersprechen, weiß Bonsayh. Aber das kann er stecken lassen, er, Bonsayh, ist der Fachmann. Der Graf hat ihn immerhin geholt, weil er die Situation retten kann, nur er, wie er wortreich am Anfang der Sitzung erläutert hat. Der Graf. Oder der Klappsman, wie ihn alle hinter seinem Rücken nennen. Der Name hat sich wie ein Lauffeuer durch Ehrlichstett verbreitet und, Bonsayh muss es wider Willen zugeben, er passt einfach perfekt. Der Mann ist fertig. Sein Blick unstet, seine Hände zittern, der Mann ist am Ende, da ist nichts adliges mehr an ihm, nichts aristokratisches. Der will nur noch eins: Rache! Und da ist er, Bonsayh der richtige Mann. Darauf hatte er gewartet.

Er blickt in den Rest der Runde und holt mit seinem Blick alle in seine Erläuterungen mit rein. Sie sind in einem der kleineren Räume im Schloss. Sie, der Rest, das sind Cindy, die Trulla vom Schmilewski und Sylvia, seine Frau, Sylvia, mit der er seit Monaten das erste Mal wieder in einem Raum ist. Sie hat sich höflich verhalten, still und zurückhaltend, wie es ihre Art ist. Aber so, als ob sie sich nicht näher kennen würden, als ob sie sich fremd wären. Und irgendwie erregt ihn das. Seine Sylvia, so unnahbar, so zart und fremd. Er reißt sich am Riemen, Bonsayh, konzentrier dich, denkt er, das kann warten. Und er grinst innerlich bei dem Gedanken, wie das warten kann. Und wie er sie zurückerobert, und wie er.... und was er dann mit ihr macht.

Er ruft sich energisch zur Raison und führt seine geplanten Maßnahmen weiter aus:

„Und einen Zaun bauen!"

Der Klapsmann verzieht das Gesicht noch weiter.

„Ja,ich weiß," sagt er an ihn gewandt, „ das sieht grauenvoll aus. Aber das kann man vertreten, nach außen hin. Wir sagen, die hätten den Zaun gebaut, dass die das Schloss absperren, den Leuten nicht erlauben, hinzukommen, die Pferdegutmenschen. Das die gar nicht so gut sind, nein, sehen Sie her, die bauen einen Zaun um das Schloss, wie im Knast. Muss schlimm aussehen! Soll schlimm aussehen!"
Die Züge von Hülstorff glätten sich. Er hat verstanden. Das ist seine Sprache, das versteht er. Das ist Taktik, das ist Diplomatie, zermürbend, aber damit kommt man weiter.

„Und dann absperren, alles absperren. Und kontrollieren lassen. Dass die da nirgends mehr langgehen. Was die nicht gepachtet haben, dürfen die nicht nutzen, so klar ist das. Also, alles zumachen. Und Wachleute davorstellen, wenn es sein muss. Die vom HILFE e.V., das sind Obdachlose, üble Gestalten, sehen grauenvoll aus, tun aber alles für ein paar Euro und erschrecken die Kinder zu Tode, darauf können Sie wetten!"

Bonsayh grinst zufrieden.

Der Klapsmann runzelt allerdings schon wieder die Stirn: „ Da bin ich nicht für, die zusammenzubringen, die Pferdegutmenschen und den HILFE e.V.. Der Betreiber, das ist doch auch so ein Gutmensch, der kann sperrig und ungemütlich werden, das könnte ein Fehler sein, die aufeinander loszulassen, das könnte das Gegenteil bewirken, die sind sich zu ähnlich, die gefallen sich nachher zu gut."
„Ach!", Bonsayh wiegelt ab, „ der Leander, der den HILFE e.V. gegründet hat, der ist doch fertig. Der ist insolvent, dem stehen die Banken bis zum Hals mit seinem Obdachlosenprojekt. Und ohne Moos nichts los.Der kann nicht mehr frei entscheiden, sonst machen sie ihm den Laden dicht, der muss Geld nehmen, wo er es kriegt. Also Schluss mit Gutmenschentum!" Er grinst „Jeder ist käuflich, und die von der HILFE, die sind auch noch billig, werden Sie sehen!"

Hülstorff blickt ihn zweifelnd an, schweigt aber.

Cindy hingegen wirft ihm ein strahlendes Lächeln zu, und heischt nach mehr. Die, ja die könnte er auch rumkriegen, keine Frage, die bewundert ihn nachgerade. Und die mit ihrem Schnarchsack von frischgebackenem Ehemann. Wäre kein Wunder, wenn die nicht mal Lust hätte auf etwas härtere Kost. Aber lass ma. Lieber die Finger von lassen. Den Schnarchsack, den braucht man noch, also mal lieber nicht vergrätzen.


Da is ja noch seine Sylvia. Er merkt, wie sie ihn ansieht, auf seine weiteren Worte wartet. Er wirft ihr ein 

Lächelnzu. Einen bestimmten Blick. Den Blick. Sie wendet schnell den Kopf ab, senkt ihre Augen zu Boden. Er freut sich. Er freut sich auf sie. Er wird sie wiederkriegen, er ist sich da sicher. Sie ist sein. Immer schon gewesen. Und das ändert sich nicht. Niemals.


„Und den Brunnen," führt er fort. „Zuschütten. Sollen die Gäule doch verrecken. Ist heiß hier. Wenn die kein Wasser mehr für ihre Viecher haben, dann kommen die zu Kreuze gekrochen, schneller als man denken kann," er grinst selbstzufrieden.

„Wer soll das machen?" Fragt Hülstorff. "Meine Leute lassen davon die Finger. Ich habe auch keine Ahnung, ob das nicht illegal ist, Brunnenvernichten. Und ich habe genug vom Umweltamt am Hals, ich brauche diese Erfahrung nun nicht wöchentlich! Der Brunnen hing schon immer an dem Stall, das war schon immer der Viehbrunnen, ich weiß nicht, ob man sich da nicht auf sehr glattes Eis begibt!"

„HILFE e.V," sagt Bonsayh nur kurz, „wie gesagt, für Geld machen die alles. Und wenn es Probleme gibt, dann haben die eben etwas falsch verstanden, waren übereifrig haben eigenmächtig gehandelt. Und wer, frage ich Sie, glaubt schon so ein paar kaputten Pennern?"


Schwiegen breitet sich aus.

Alle sehen ihn an.

Cindy gibt ein albernes kleines Lachen von sich, das sonderbar fremd imRaum hängenbleibt.


„Also,sind wir entschieden?" Nimmt er die Führung wieder auf. „Ich sorge für die HILFE e.V. Leute, Sie, Hülstorff lassen den Zaun bauen, das ganze Schloss einzäunen, je schneller, je besser, keine langen Baumaßnahmen, muss schnell gehen, und wenn es grauenvoll aussieht, um so besser.

Sylvia,"er legt eine bedeutungsvolle kleine Pause ein, während der er ihren Blick sucht,

"Sylvia kümmert sich um die Presse. Die NOZ. Soll schreiben, schreiben, schreiben. Wie die Ponyleute alles zerstören, das Schloss, den Schlosspark, den guten Ruf des Schlosses und...." er lächelt wieder, diesmal gemein, „wie die Haalswor dort ihre illegalen Geschäfte betreibt. Wie sie dort ihre Bilder malt, von zerstückelten Kindern. Wie sie wohl die Fotos herstellt, was wohl mit den armen Kindern geschieht, bei diesem Verein."

Er legt eine Pause ein. „Da sind er Fantasie keine Grenzen gesetzt!"

„Und ich?" Cindy japst fast vor Aufregung, „Was kann ich machen?"

Richtig, die dumme Trulla gibt es ja auch noch. „Für dich, „ sagt er mit einem vertraulichen tiefen Blick in die erwartungsvoll schimmernden Augen, „für dich habe ich überbehaupt den wichtigsten Job: Gerüchte! Du kommst doch herum und du bist Fachfrau. Ihr habt doch selber einen Pferdehof. Also erzähle es rum!"

„Was?"

Siehat nichts begriffen. Er seufzt innerlich auf: „Na, was die alles verkehrt machen. Wie schlimm es dort ist. Alle Pferde verhungert, das Futter verschimmelt, nie ausgemistet, die Koppeln kaputtgefressen,die Pferde zu wild, zu sanft, zu blöd, zu alt, zu bunt, zu eckig, keine Ahnung, lass dir etwas einfallen."
Jetzt ist der Groschen gefallen.

Cindynickt eifrig!
„Ok, habe verstanden. Egal, was, Hauptsache irgendwie schlimm. Und wenn die weg sind," sie sieht Hülstorff erwartungsvoll an, wie ein kleiner Hund, der nach dem Tätscheln seines Herrn verlangt, „wenn die weg sind, dann kommen Schmilewski und ich hierher und machen Ihnen den schönsten Ponypark hierhin. Mit den Kindern und allem"
Hülstorff sieht sie fassungslos an.

„Ach," sie springt auf und schlägt die Hände zusammen, wie ein kleines Kind, "das wird so herrlich, ein wundervoller Ponypark und alles bunt und lustig! Und vorher mache ich Gerüchteküche. Das kann ich, da fällt mir viel ein. Die Haalswor, dieses widerliche Weib, die ist so gut, wie tot. Ich erzähle es allen, allen, wie die hier die Tiere quält und die Kinder und was die noch alles macht. Die Hexe, die miese widerliche Hexe muss weg!"

„Ja," Bonsayh nickt begütigend, „ja, das ist richtig. So soll es sein. Wo Rauch ist, ist auch Feuer, Gerüchte das funktioniert immer!"

Und sie sind sich einig.

Diese Ponyleute, die werden sie schon wegbekommen.

Jetzt kann es losgehen!


Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt