Ehrlichstett, 1856

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Der wohl erste erhaltene Reisebericht über Schloss Ehrlichstett aus dem Buch: „Reiseerinnerungen von Heinrich JakobDe la Recherche und Constance de la Recherche.".
Inselbigen berichten der Dichter und seine Frau über eine Reise, welche sie von ihrem Herrschaftssitz bei Berlin über Domstadt nach Dresden und Karlsbad führte. Auf dem Rückweg war ein Besuch bei Heinrichs Freund und ehem. Kampfgefährten, dem auf Ehrlichstett lebenden Schlossherrn geplant. Betrachtet man die im Vergleich zum Gesamtbuch umfangreichen, und poetisch ausgeschmückten Texte über den Besuch hier, so muss die Stippvisite das schreibende Ehepaar außerordentlich beeindruckt haben. Im entsprechenden Text heißt es:

Zu den Freunden in E... wollten wir, da waren wir schon am Vorabende erwartet. Keiner von uns kannte den Ort und seine Lage anders, als aus Bildern. Allerlei Legenden ranken wohl um den Ort, die Burg, das Schloss und den umwobenen Meister von E..., der seit Jahrhunderten auf seinem Ross in den Wäldern sein Unwesen triebe und dort ruhelos, da seine Grabruhe, sein Grabmal, der berühmte Rabenstein von solchen gestört wurde, die Schändigen verfolge. In unsichrer, gespannter Erwartung fuhren wir nach Domstadt durch den dunklen Wald, der Weg windet sich mannigfach. Plötzlich stoßen beide Postillione in die Hörner, wir kommen einen kleinen Abhang hinunter, durch ein grünes Laubthor, mitten in ein märchenhaftes Traumbild hinein. Hunderte, es scheint mehr noch, Raben durchschneiden die Luft mit ihren Schwingen, der Rabenstein, hier muss es sein. Ein Grauen überfällt uns, denn von den alten Legenden wurde uns berichtet. Der Meister, so heißt es, der Meistervon E..., sei hier begraben worden in Alter Zeit. Auf seinem und seines Rosses Grab sei eine schwere Sandsteinplatte gesenkt worden, verziert mit magischen, heidnisch vorchristlichen Zeichen, einem Halbkreis, einer Rune, der Rabenstein. Da aber die Dorfbewohner mit ihrer einfachen Gesinnung und ihrem leichten Glauben hier Gaben niederzulegen pflegten und zu dem Orte gar pilgerten, dem wundersame Kräfte nachgesagt wurden, hat einst ein Paffe die Praktiken zu unterbinden gewusst, indem er einen schweren Stein auf die verzierte Grabplatte schaffen ließ. Als der Stein dorthin geschafft worden war und auf die Sandsteinplatte gesenkt wurde, glitt er den Helfern aus den Händen und zerbrach die Platte. Seitdem so heißt es, sei die Ruhe des Meisters gestört und in dunklen Neumondnächten sehe man einen bläulichen Schein aus dem Grabe treten und durch die Wälder streifen. Der Meister, so heisst es, suche Gerechtigkeit und verfolge selbst in ihren Träumen, die die schändlich handeln, die ungerecht sind, selbstsüchtig und habgierig, die die Wahrheit verdrehen und verbiegen und rücksichtslos ihren Vortheil suchen. Der Rabenstein selbst jedoch, sei über die Jahrhunderte zugewuchert und zugewachsen. Der genaue Orth sei unbekannt, aber die Raben, die hier in großer Zahl nisten, bewachten ihn seitdem.

Solcherart sind wir nun des nächtens unterwegs im dunklen Walde. Wo sind wir denn? Rufen alle. Niemand antwortet. Das geheimnißvolle Schweigen macht die unsichern Empfindungen noch wankender. Wäre es möglich? Giebt es so etwas? Hegen die räthselhaften Bäume, die Dunkelheit des Waldes wirklich noch Wesen, die im inneren Einverständniß mit der Natur Zauberkünste üben? Und sind wir auf unbegreifliche Weise in solche Zauber hineingerathen? Schüchtern blickten wir umher. Es scheint wirklich, ein bläulicher Schein liegt über dem Wege und ein sanftes Säuseln umschließt die Luft um uns. Von beiden Seiten schließen hohe Bäume den schmalen Weg ein, Rechts dem Einfahren denhebt sich endlich das wohlerhaltene Schloss. Dunkler Epheu umrankt Fels und Gemäuer, riesige Schwarztannen wölben ihre Aeste unterhalb in einander.
Alles sonst war umher still und lautlos. Kein lebendes Wesen ließ sich sehen. Jetzt kamen wir durch ein Thor, der Wagen fährt in den Hof.
Wir waren wirklich in E...


Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt