Ehrlichstett, Juli 2015

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Corinne kauert auf dem Gras der Koppel und drückt den Auslöser ihrer Kamera. Doreen Schmilzer wirft die herrlichen blonden Locken über den Rücken und zeigt ein verschmitzt verwirrtes Lächeln, als sie gespielt versucht Minipony Nicki einen riesigen Sattel aufzulegen. Rudi Heitmann steht daneben und beobachtet die Szene amüsiert und schreibt in Abständen etwas in sein kleines graues Notizbuch.

Es ist Pressetermin.

Doreen Schmilzer lernt reiten. Ein neues Highlight. Klar denkt Corinne, natürlich nutzt auch Doreen Nickis Berühmtheit, um ihr Renommee aufzupolieren, ständig auf der Suche nach Möglichkeiten in der Presse zu erscheinen. Aber darüber hinaus haben alle, selbst der knurrige Gerhard die üppige Blondine schnell in ihr Herz geschlossen. Sie hat so eine erfrischende sorglose Art, mit der sie Corinne und Gerhard gleich empfing, als die beiden von dem frustrierenden Termin im Umweltamt zurückgekehrt waren. Doreen und Nicki, das war wie ein Hoffnungsfunke.

Und Doreen machte Ernst. Sie wollte nicht nur mit Nicki vor der Presse stehen und sich profilieren, sie wollte ernsthaft reiten lernen.

Und für den Verein sprechen.

Und der hatte Fürsprecher nötig. In der vergangene Woche waren in kurzer Folge drei einstweilige Verfügungen in strengen braunen Umschlägen im Briefkasten gelandet. Zimmermann machte Überstunden: Der Brunnen war nun gesperrt, der Weg gesperrt und ein Zeltlager, das der Verein für die Kinder veranstalten wollte, verboten. Drei Gerichtstermine waren nun anberaumt, bis dahin gespanntes Abwarten.

Und Kosten. Die Kosten drohen den Verein zu erdrücken. Aber auch hier weiß Doreen eine Lösung:
„Ich kaufe euch ein Pferd ab!"

„Wir haben nur die Fohlen zu verkaufen," sagt Corinne, „und was willst du mit einem Fohlen?"
„Liebhaben," grinst Doreen „und Fotos machen. Viele schöne Fohles mit einem netten kleinen Pferdekind!"

Sie sitzen unter dem großen Sonnenschirm vor dem Gartenhaus und grübeln.

„Wenn der Klapsmann den Brunnen sperrt, dann sehen wir wirklich alt aus!"Tamara ist ist wieder da, aus Berlin. Sie wirkt ruhiger und irgendwie älter. Irgendetwas ist geschehen, denkt Corinne, irgendetwas hat sie verändert. Und irgendetwas ist mit ihr und Jakob. Aber sie schiebt den Gedanken schnell beiseite und antwortet:

„Ja das wäre wirklich schlimm. Aber Zimmermann meint, das geht nicht. Wir haben doch die schriftliche Genehmigung mit den Mails und wir haben da eine Menge gebaut, die ganzen Leitungen und so. Das hat er alles abgesegnet. Der kann das nicht so einfach verbieten lassen."

Tamara zuckt die Schultern. „Weiß nicht, ich trau dem nicht, der kann alles verbieten lassen, glaube ich. Der nervt, wie die Hölle."

Tja, da hat sie recht, denkt Corinne, nickt aber bloß. Doreen setzt ihreTasse ab:" Was ist, wenn du mal versuchst mit ihm zu reden?"fragt sie.

„Wie, ich?" Corinne blickt sie überrascht an.

„Klar! Der wollte doch mal irgendwann, dass du herkommst und jetzt will er das nicht mehr. Aber ihr habt euch doch mal gut verstanden. Kannst du nicht versuchen, das wieder hinzukriegen? Mit den Waffen einer Frau!"

Corinne muss wider Willen kichern, „Ach. Doreen, du bist echt gut! Ich glaube, die Waffen einer Frau lassen wir mal stecken, also zumindest ich, aber die Idee ist vielleicht nicht schlecht. So jedenfalls kann das nicht weitergehen. Und wenn jetzt noch alles vor Gericht geht und die ganzen Kosten. Vielleicht..." sie macht eine kurze Pause,"vielleicht hast du recht."
„Was meinst du,Tammi?"

„Was soll ich dazu sagen?" Tamara steht auf und schiebt ihren Stuhl an den Tisch „ich finde den Typen unmöglich und ich glaube nicht, das man mit dem reden kann. Klapsmann eben. Der ist doch irre, das wird nichts. Aber wenn du willst versuchs doch.Ich mach mich an den See, Kylie wartet dort auf mich. Wir sehen uns!" Sie hebt kurze die Hand und wendet sich ab.

„Sie ist so niedlich!" flüstert Doreen hinter ihrem Rücken und lächelt Corinne mit ihrem verschmitzten Lächeln an.

„Ja, sie ist wundervoll," antwortet Corinne ernst. „Aber ich wollte, ich könnte ihr all das ersparen. Die Möglichkeit für eine ruhige Entwicklung geben. Die Möglichkeit sich auf sich selbst zu konzentrieren, darauf einen Beruf zu finden, sich mit ihrem Freund zu arrangieren und nicht dauernd die Aufmerksamkeit auf solchen Mist, wie dies hier zu lenken."

„Ich wünsche ihr ein bisschen Frieden," sagt sie leise."Und geben kann ich ihr das nicht."


„Ach. Mach dir keine Sorgen" fürsorglich legt Doreen ihr einen Arm um die Schultern „die wird schon. Die ist stark und wundervoll, da hast du recht. Und das kann auch formen, eine solche Erfahrung, das kann auch noch stärker machen"


„"Klar, da hast du sicher recht. Aber sie ist in einem Alter, da sollte sie spielen lernen und nicht kämpfen meinst du nicht?"


„Lass mal, das kommt schon noch. Sag mir lieber, welches Fohlen ich nehmen soll? Holly, das kleine Wunderpferd oder Samira, die schöne Schlanke?"


Dankbar sieht Corinne Doreen an. Doreen ist eine Rettung, denkt sie, sie kann Gedanken umlenken und Sorgen nehmen. Was haben wir bloß so lange ohne sie gemacht?
Sie grinst:" Für dich, meine Liebe kann es nur eine geben: Samira. Sie ist eine geborene Königin. Und;" setzt sie hinzu: „Eine echte Diva!"

Beide Frauen lachen.

Und es ist ein schönes Lachen. Befreiend und für einen Moment ohne Sorgen.


Libertas Haus, das SchlossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt