Kapitel 9

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Im Krankenhaus...

Nach einer gut gefühlten Stunde kommt der behandelnde Arzt aus dem OP, Paul springt schnell von dem Stuhl auf, geht auf ihn zu und fragt nach seiner Kollegin. „Ihre Kollegin hat grosses Glück gehabt, der Schuss hat die Ader knapp verpasst. Wir haben in der OP die Kugel rausgeholt und die Wunde desinfiziert. Wenn es gut verheilt, wird auch keine Narbe sichtbar bleiben. Wir behalten Ihre Kollegin für eine Nacht unter Beobachtung, morgen kann sie entlassen werden", schildert der Arzt den Verlauf. Paul atmet erleichtert aus und schon zaubert die gute Nachricht ihm ein Lächeln auf seinen Mund zu. „Allerdings braucht Ihre Kollegin jemanden, der ihr im Alltag unterstützt und sie sollte nicht alleine sein. Voraussichtlich eine Woche wird sie wohl nicht arbeiten dürfen." Paul bedankt sich bei dem Arzt und fragt, in welchem Zimmer Jenny liegt. Der Arzt ruft eine Schwester zu sich, die Paul zu dem Zimmer von Jenny führt. „Danke", an die Schwester gewandt, holt Paul einmal tief Luft ein und klopft an die Tür, als er nichts hört, drückt er die Klinke leise runter, die Tür öffnet sich und beim Betreten des Zimmers sieht er die schlafende Jenny im Bett liegend. Er geht um das Bett herum, schaut Jenny kurz an, blickt auf den Stuhl, das am Fenster steht, und stellt es neben dem Bett. Eine Weile sitzt er neben ihr und flüstert so leise:"Ich bin so froh, dass dir nichts Schlimmeres passiert ist!" und berührt ihren Handrücken mit seinem Zeigefinger, die er dann wieder zurück nimmt. Für einen kurzen Moment verlässt er das Zimmer und telefoniert draussen auf dem Flur mit Susanne, die bitte Jennys Vater informieren und der Chefin ausrichten soll, dass er heute nicht mehr auf die PAST zurückkommt und Jennys Zustand stabil ist und sie morgen entlassen werden kann. Dann geht er wieder zu Jenny zurück, die immer noch schläft. Gegen späten Abend erwacht Jenny langsam im schwach beleuchteten Zimmer, sieht sich um und bemerkt eine Person neben ihr sitzend auf dem Stuhl und mit dem Kopf schlafend auf die Bettdecke gelehnt. Sie erkennt Paul an seinen blonden, wuscheligen Haaren, ihr wird es warm ums Herz, dass Paul nicht von ihrer Seite weicht. Als sie mit ihrer Hand an Pauls Haaren streichelt, erschreckt Paul schnell hoch und blickt Jenny in die schönen Augen. Mit geräderten Augen fragt Paul:"Wie geht es dir?" „Gut, nur ein wenig Schmerzen. Ich habe Durst", fühlt Jenny mit ihren linken Hand auf das Verband, welches ihre rechte Schulter, die in einer Tragschlaufe gestützt ist, abdeckt. Paul nimmt vom Nachttisch die Flasche Wasser, füllt etwas in ein Glas und reicht diese Jenny. Richtet sich im Bett mit Pauls Hilfe in bessere Sitzposition und nimmt das Glas dankbar an und trinkt einen Schluck:"Warst du die ganze Zeit hier bei mir?" Paul geht ans Bettende und legt seine Arme auf die Bettkante und schaut Jenny mit einem warmen Lächeln an:"Ja, ich wollte da sein, wenn du aufwachst und du dich nicht alleine in diesem grossen Raum fühlst." Jenny erwidert seinen Satz mit einem schönen Gefühl, in ein bekanntes Gesicht aufzuwachen und nicht von einer Krankenschwester. Verlegen und näherkommend an Jenny gewandt:"Ich bin froh, ...", weiter kommt Paul nicht, da in diesem Augenblick an der Tür klopft und Martin Dorn mit einer kleinen Tasche Wechselklamotten für Jenny eintritt. „Hallo, ihr beiden! Jenny, wie geht es dir? Es tut mir leid, dass ich es nicht früher schaffte. Ich sehe, du bist nicht alleine", kommt ihr Vater ans Bett, umarmt seine Tochter vorsichtig und setzt sich neben ihr hin. Paul geht ein paar Schritte zurück. „Wie ich gehört habe, hattest du verdammt noch mal grosses Glück gehabt! Was hätte noch alles passieren können?", mit dem Gesicht zu Paul gewandt:"Danke, dass du dich um sie gekümmert hast!" „Das mache ich doch gerne!", gibt sich Paul freundlich gegenüber Herrn Dorn. Den Satz lässt bei Jenny einem Lächeln hervorrufen. „Ich habe soeben mit dem Arzt unterhalten, du kannst morgen, wenn alles gut geht, entlassen werden. Nur ich habe wichtige Termine bis zum Wochenende, und du wärst so lange alleine zuhause bis ich abends da bin, vielleicht kann deine Freundin Laura zwischendurch am Tag mal bei uns nach dir schauen?" überlegt Martin und schaut Jenny fragend an. „Ich habe gestern mit Laura Nachrichten geschrieben, sie ist diese Woche von ihrer Firma auf Fortbildung geschickt worden", richtet sich Jenny ein wenig traurig mit der linken Hand die Bettdecke zurecht, nachdem ihr Vater aufgestanden ist. „Jenny kann ja auch bei mir bleiben", kommt es spontan aus Pauls Munde. Ein wenig überrascht, und schon huscht ein kleines Lächeln ganz kurz aufs Jennys Gesicht, verwandelt sich aber ganz schnell in eine spöttische Antwort:"Du? Ob das wohl gut geht? Das artet doch im Chaos aus!" Paul schaut Jenny mit einem frechen Grinsen an, „finde es heraus, ob du mir sowas zutraust!" Herr Dorn findet diese eine gute Lösung und wenn es nach dem Wochenende ruhiger wird, dann könne Jenny zu ihm kommen, wenn sie mag. Nach einiger Zeit verabschieden sich die Männer bei Jenny und gehen hinaus.


In Gerkhan/Renner-Büro...

In guter Laune erscheint Paul vor Semir eintreffend sitzend am Schreibtisch, in einer Hand den Apfel bereit zum Essen und in die andere Hand tippt er eine Nachricht ins Handy. Semir kommt staunend mit einem „Guten Morgen, Partner!" in dem gemeinsamen Büro, wo er Paul pünktlich vorfindet. Gespräch zwischen den beiden beginnt: „Meiner Tochter geht es wieder besser, sie hatte Bauchschmerzen." Frau Krüger kommt an den beiden vorbei, fragt Paul nach Jennys Wohlbefinden, er klärt sie kurz auf, sie hört sich alles an und wünsche ihr gute Besserung, geht in ihr Büro, nimmt im Chefsessel Platz und führt ein Telefonat. Semir zuckt mit den Schultern fragend an Paul gewandt, worüber es eben im Gespräch geht. „Gestern ist was mit Jenny passiert, sie wurde bei einem Tankstellenüberfall an der Schulter getroffen und soweit geht es ihr gut." Paul erhält eine Nachricht, schaut rein und lächelt:"Sie schreibt mir gerade, dass ich sie nach der Arbeit aus dem Krankenhaus abholen könnte. Der Arzt hat die Entlassung stattgegeben." „Hä, wieso du? Habe ich was verpasst?" „Laut Arzt solle Jenny nicht so lange alleine sein mit der Verletzung. Ihr Vater kann wegen wichtiger Termine nicht und ihre Freundin ist auf Fortbildung. Da habe ich mich einfach angeboten, sie bei mir aufzunehmen." „Ach, ob das gut geht mit Miss Perfekt?"     „Fang du bitte nicht auch noch damit an!"      Semir hebt seine Hände in die Luft, „ok, wenn du meinst. Viel Glück!" 

Der restliche Tag verläuft mit ruhiger Streife in Semirs BMW auf der Autobahn. Susanne und Finn erkundigen zwischendurch bei Paul nach Jennys Gesundheit und die Kommissare erledigen Aktenarbeiten bis es Feierabend klingelt. Freudig strahlend steht Paul vom Stuhl auf, schaltet den Monitor aus, schnappt sich Jacke und Autoschlüssel, will gerade aufbrechen, als „So eilig ins Krankenhaus zu kommen? Man könnte meinen, du freust dich auf Jenny", aus dem schmunzelnde Mund von seinem Partner ertönt. „Für Freunde tut man was Gutes, würde ich bei dir auch machen, bis morgen dann", Paul und Semir geben sich die Fäuste zum Abschied. Geht mit schnellen Schritten aus der PAST, startet den schwarzen Mercedes und braust davon Richtung Krankenhaus. Derweil wartet Jenny mit gepackter Tasche im Zimmer und läuft auf und ab, wirft einen kurzen Blick aus dem Fenster, das eine gute Sicht auf den Besucherparkplatz hat, in der Hoffnung, den Dienstwagen von Paul zu sehen. „Was mache ich mich so unruhig? Paul kümmert sich nur um mich, nur aus Freundschaft. Oder erwarte ich zuviel davon?", grübelt Jenny aus dem Fenster und erschreckt sich, als Paul hinter ihrem Rücken steht:"Hallo, wartest du sehnsüchtig auf mich, oder was gibt es Besonderes zu sehen?", guckt ihr über die Schulter. Jennys Herz beginnt heftig zu klopfen, dreht sich um und blickt Paul direkt in seinen braunen Augen. Einen Moment lang zieht den beiden das Magische an, umarmt Jenny Paul am Hals, freut sich, dass er da ist, bis Jenny wieder klaren Gedanken fasst und Paul von sich loslässt. Paul wundert sich über die Umarmung, sagt aber nichts, denn ihm hat es auch gefallen. „Komm, lass uns gehen", will Jenny ihre Tasche heben, als Paul schneller an der Tasche ist:"Das mache ich schon, schone dich!", lächelt er sie mit seinem schönsten Lachen an und öffnet die Tür:"Lady First!"

Mehr als nur Freundschaft?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt