Kapitel 153

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Rückkehr mit böse Überraschung...

Unterwegs im Mustang, den James steuert, wirft Jenny einen neugierigen Blick in das Lunchpaket von Alice. Neben dem belegten Sandwich und einem Schokocroissant ist auch einen Apfel vorzufinden. „Pauls Lieblingsobst", schiesst es sofort in Jennys Gedanken. Sie bekommt Lust auf das Schokocroissant und merkt, dass ein gefaltetes Blatt Papier mit in der Tüte steckt. Jenny holt es heraus und liest die Nachricht, die Alice ihr mit auf die Rückreise nach Deutschland gibt. „Liebe Jenny, es hat mich gefreut, Dich kennenzulernen! Ich wünsche Dir eine gute Heimkehr und melde Dich, wenn Du gut gelandet bist. Hier habe ich etwas Snacks für Dich und dem Baby eingepackt, damit ihr nicht verhungert. Liebe Grüsse nach Deutschland, Alice..." Herzhaft beisst Jenny in das Croissant und stöhnt dabei wohlig. „Genau das Richtige im Moment!", lässt Jenny den Schokocroissant auf der Zunge zergehen. „Wirklich schade, dass du den Jobangebot nicht angenommen hast", bedauert James die Entscheidung Jennys. „Ich habe gute Gründe dafür." „Verstehe ich. Ich habe gerne mit dir zusammen gearbeitet.", wirkt die Stimme von James ein wenig traurig. „Vielleicht irgendwann oder es kommt eine andere Bewerberin", lächelt Jenny und möchte James ein wenig aufheitern. James schlägt die Hand an seine Stirn. „Die letzte Bewerberin hat mir gereicht. Sie hatte an allem zu nörgeln und bestand darauf, jeden Morgen einen Donut zu haben. Ohne den Donut war sie den ganzen Tag launisch. Nee, auf sowas kann ich verzichten. Da bist du mir lieber, freundlich und tolerant." Jenny muss laut prusten, was James wiederrum verwundert. „Tja, ich habe auch meine Ordnung. Wenn du mich länger kennen würdest, dann würdest du mich bestimmt auch in die Wüste schicken." James schaut Jenny von der Seite an, als sie an einer Ampel stehen. „So schlimm? Kann ich mir nicht vorstellen." Nun müssen beide lachen und die Ampel steigt auf grün. Der Ford Mustang brettert durch die Strassen New Yorks Richtung Airport.

„Schatz, reichst du mir bitte die Marmelade?", bittet Andrea ihren Mann, der seine Nase in die Zeitung steckt. Mit der Hand tastet Semir auf dem Tisch nach der Marmelade ohne seinen Blick von der Zeitung zu wenden und prompt landet sein Zeigefinger in der Heidelbeermarmelade. „Ähm, es tut mir leid", erst jetzt sieht Semir, was er angerichtet hat und leckt sich den Finger ab. „Oh, lecker! Selbst gemacht?" Andrea wirft einen bösen Blick zu ihrem Mann, der schon versteht, dass seine Frage blöd war. Semir trinkt den Kaffee, als ein lautes Rufen durch den Flur ins Wohnzimmer hallt. „Morgen, Papa! Morgen, Andrea!", begrüsst Dana die Eltern am Tisch und Finn folgt Dana schüchtern an den Frühstückstisch. Beinahe verschluckt sich ihr Vater an dem heissen Kaffee, als er Finn sieht. Dana gibt ihrem Vater einen Kuss an die Wange und flüstert ihm ins Ohr:"Kein Drama bitte!" Semir gehorcht was ihm schwer fällt, und macht gute Miene zum Spiel. „Guten Morgen ihr beiden", freundlich bietet Andrea Finn eine Tasse Kaffee an und Dana schnappt sich ein Brötchen aus dem Körbchen. „Oh, du hast meine Lieblingsmarmelade gemacht. Danke, Andrea!", freut sich Dana und greift zum Glas mit den Heidelbeeren. Semirs sprachlosen Gesichtsausdruck scheint nur Andrea zu bemerken und hebt ihre Augenbraunen hoch. Semirs Neugier kann nicht stillhalten und platzt mitten ins Frühstück. „Wie kommt das, dass Finn hier übernachtet hat?" „Papa, wir haben gestern noch zusammen gelernt für meine Prüfung. Nix weiter!" Unter dem Tisch bemerkt Semir einen leichten Tritt von seiner Frau, die ihn mit ihrem Schuh ans Schienbein trifft. „Ah!", nun schaut Semir Andrea böse an und diese lächelt nur. „Ich habe Dana nur geholfen, Fragen abzuhören", begibt sich Finn cool, nachdem seine Schüchternheit verflogen ist. Der Rest des Tages verläuft harmonisch, am Abend möchte Semir den Grill anschmeissen und Finn ist das erste Mal zum Abendessen bei Familie Gerkhan dabei.

Am Airport lässt sich Jenny von James helfen, das Gepäck bis zum CheckIn zu tragen. Dort verabschieden sich die beiden und tauschen ihre Handynummer aus. Die Wege trennen sich. Der Flieger landet pünktlich in Köln/Bonn und Jenny sucht am Ausgang des Flughafens ein Taxi auf. Schon kommt ein Taxi scharf angefahren und der Mann, mit einem Arm voller Tattoo steigt aus. Er öffnet den Kofferraum und Jennys Reiserucksack wird darin verstaut. „Wohin, schöne Frau?", flirtet der Mann und bleibt dennoch höflich. „Zum Hotel XXX!"

Derweil ist Paul damit beschäftigt, für die Rückkehr Jennys eine Freude zu bereiten. Er macht den Plattenspieler an, seine Lieblingsmusik ertönt. Gut gelaunt stellt er den Sekt in den Kühlschrank, dass er auch richtig schön prickelnd ist beim Öffnen. Schliesslich hat Paul was zu feiern, nämlich die Rückkehr Jennys und auf die Liebe! Auf den kleinen Couchtisch im Wohnzimmer, der mit einer prall, gefüllten roten Rosenstrauss in der Vase die anderen Dekosachen im ganzen Wohnzimmer die Show stiehlt. Er stellt pfeifend zwei Sektgläser auf den Tisch hin und einen kleinen Briefumschlag lehnt an der Vase. Die Surfmagazine und Jennys Frauenmagazine werden ordentlich gestapelt und in den Leseständer neben der Couch gesteckt. Paul rechnet mit später Ankunft so gegen Mitternacht und macht sich Gedanken, ob Jenny vielleicht Hunger hat. Er bereitet Bruschetta vor, die schnell mit Tomaten belegt werden zum Servieren. „Alles perfekt organisiert!", spricht er zu sich selbst und strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Dann wendet sein Blick auf die Uhr, die geht heute irgendwie langsam voran, bis er Jenny endlich in seinen Armen schliessen kann...

Das Taxi hält vor dem Eingang zum Hotel XXX, beim Öffnen der Tür bittet Jenny den Taxifahrer, einen Moment auf sie zu warten. Der Mann nickt und scheint nun mit dem Handy beschäftigt zu sein während Jenny vor dem Zimmertür von Alex steht. Sie nimmt all ihren Mut zusammen und möchte mit der Vergangenheit abschliessen. Sie klopft und es dauert eine Weile bis Alex die Tür öffnet. Er kommt gerade aus der Dusche mit einem Handtuch um die Hüfte bekleidet. Alex Freude ist riesig, während Jenny kurz und verlegen lächelt, nachdem sie den Blick von Alex Oberkörper abwendet. „Hi, Jenny! Ich wollte dich abholen. Habe ich deinen Anruf überhört, oder?" Alex möchte Jenny umarmen, diese lässt sich kurz darauf ein und löst sich aus der Umarmung. „Nein, alles gut. Ich habe nur einen früheren Heimflug genommen.", sagt Jenny. „Dann konntest du es kaum erwarten, zu mir zu kommen. Oh man, wie ich mich freue!" Nun kommt Alex näher zu Jenny und mit beiden Händen an ihre Wangen berührend, möchte er sich zu ihr beugen und sie küssen. Jenny jedoch dreht ihren Kopf leicht zur Seite. „Ich habe Fragen an dich, warum kommst du erst nach zwei Jahren und gestehst mir deine Liebe? Warum hast du nicht am Anfang um unsere Liebe gekämpft? Das zeigt mir, dass ich dir nicht so viel bedeute!", traurig erkennt Jenny, dass Alex sich in den letzten zwei Jahren verändert hat. „Sei bitte ehrlich!" Länger kann Alex Jenny nichts mehr vorschaukeln, Jenny war und ist schon immer die Frau gewesen, die ein gutes Gespür hat, ob es um Ehrlichkeit geht, sogar weibliche Intuition von sich preisgibt. „Ok, ich erkläre es dir. Ja, es war ein Fehler, dass ich nicht um unsere Liebe genug bemüht habe. Das bereue ich und ich weiss, dass es absurd ist, nach zwei Jahren dir zu sagen, dass ich dich immer noch liebe. Jenny, du bist mir nicht egal, im Gegenteil!" Jenny verschränkt ihre Armen an ihrem Brustkorb und mit einem ernsten Blick sagt sie:"Da steckt noch was anderes dahinter? Mit dieser Erklärung gebe ich mich nicht zufrieden." Von Alex ist ein lautes Seufzen zu hören, er fährt fort mit der Erzählung. „Ich habe meine Mutter in Brasilien gefunden, war glücklich darüber und vor einem halbem Jahr haben wir eine schreckliche Diagnose bekommen. Meine Mutter ist an Krebs erkrankt. Sie hat bereits eine Chemo hinter sich.", erzählt Alex und muss sich setzen. Die Sache geht ihm ans Herz, so wie er über seine Mutter erzählt. Jenny hat Mitleid mit ihm und nimmt seine Hand in ihre. „Es ist möglich, dass der Krebs wieder zuschlägt und sie hat einen grossen Wunsch, den sie noch vor ihrem Tod erleben möchte...", Alex stockt mitten im Satz, Jenny schaut ihn fragend an. „...meine Mutter würde gerne ihr Enkelkind in den Armen halten, das wäre ihr schönster Moment...", blickt Alex auf und sieht Jenny dabei in die Augen...    

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