Kapitel 105

313 14 7
                                    


Verwirrungen...

Nach dem schönen, langen Wochenende kehrt der Alltag wieder ein, die Arbeit auf der PAST wird wieder eingenommen, einige Gesichter erscheinen am ersten Tag in der neuen Woche müde oder schlecht gelaunt. Susanne gähnt immer wieder hinter ihrem Schreibtisch, was Jenny nicht entgeht. „Alles in Ordnung mit dir?", fragt sie die Sekretärin, die zu ihr rüber schaut und mit dem Kopf nickt:"Ja schon, nur Friedrich hat letzte Nacht schlecht geträumt und wollte danach nicht mehr einschlafen. Das hat schön gedauert bis seine kleine Äugelein müde wurden." „Mhm...", macht Jenny ein ausdruckloses Gesicht, als sie eine langweilige Akte zu bearbeiten hat, ihre Miene erhellt sich gleich wieder, indem sie erzählt, wie viel Spass sie am Wochenende mit den Mädchen hatte:"Die Zeit vergeht so schnell, und jetzt sitze ich wieder vor den Akten, als ob ich nie weg wäre." Susanne setzt ein kleines Lächeln auf ihren Lippen:"Ja, das kenne ich, gestern war Friedrich noch ein Baby und heute erkundigt er mit schnellen Schritten aufgeregt das Leben." Beide lachen und gehen der Arbeit nach. Im Büro der Kommissare scheint es auch nicht anders zu laufen, die Krüger hat ihren schlechtesten Tag und erscheint alle zehn Minuten im Türrahmen der Kommissare und möchte dies und das, eine unnötige Frage nach dem anderen, was schliesslich Paul den letzten Nerv raubt. „Ich glaube, die braucht einen Mann, oder wann hat sie zuletzt Sex gehabt?", ist Paul sicher, grinst dabei und Semir kann sich ein Lachen nicht verkneifen und stimmt zu:"Am besten einen Mann, der die Liebe zur japanischen Kultur mit ihr teilen kann." Als ob die Krüger dies mitbekommen hat, steht sie wieder auf der Matte, das Lachen von Paul und Semir verstummt und Frau Krüger sieht die genervten Augen, die sie anschauen. „Ich möchte nur wegen dem Sommerfest kurz was sagen, Freitag endet der Tag gegen Mittag, so dass die Mitarbeiter alles für den nächsten Tag organisieren können." „Ach so, ja gut!", sagt Semir und tippt weiter auf der Tastatur während Paul einen kleinen Scherz erlaubt:"Und als Belohnung bekommen wir einen neuen Dienstwagen?" „Träumen Sie weiter, Renner!", auf Stöckelschuhen marschiert die Krüger in ihr Chefbüro. „Hier kann man ja nicht in Ruhe unterhalten", spielt Paul mit dem Baseball in der Hand und Semir hat eine Lösung:"Machen wir doch heute mal einen Kumpelabend! Andrea möchte heute einen Wäscheberg bügeln, da haben wir unsere Ruhe auf der Terrasse." „Gute Idee, ich kläre es noch schnell mit Jenny ab", möchte Paul aufstehen und geht in die grosse Halle auf den Schreibtisch von Jenny zu. Jenny starrt gedankenverloren das Bild an, welches Emilia ihr geschenkt hat, das zeigt, wie Paul und Emilia so herzhaft lachen. Angestachelt vom letzten Wochenende, wo sie eine schöne Zeit mit Paul und den Mädchen verbracht hat, lächelt sie in ihren Träumen und scheint sicher zu sein, dass sie mit Paul ihr Leben verbringen will. Jenny kann nicht leugnen, dass sie sehr gerne eine Familie gründen möchte, irgendwann mal. Sie berührt das Armband, das Paul ihr als Zeichen seiner Liebe geschenkt hatte, dabei hat sie Pauls Worte noch im Kopf, als er ihr damals gesagt hatte, „Du sollst die Mutter meiner Kinder sein"... nicht jeder sagt das so aus dem Herzen, sogar Paul bestimmt nicht zu jeder Frau! Aber was möchte die alte Dame mir mit ihrem Satz über die Liebe festhalten sagen?" Als Jenny nicht auf Pauls Frage reagiert, geht er um den Schreibtisch herum und küsst sie an der Seitenschläfe, Jenny erschreckt aus dem Traum und landet wieder in der Realität. Finn, der gegenüber von Jenny an seinem Schreibtisch sitzt, schmunzelt über die Küsse am Arbeitsplatz. „Kannst du gar nicht genug von uns kriegen?", flüstert Paul Jenny ins Ohr, ohne dass Finn ein Wort versteht. Jenny schaut zu Paul hoch und lächelt verlegen, als ob Paul ihre Gedanken lesen kann. „Semir würde gerne mal wieder einen Bier mit mir trinken, heute bei ihm Zuhause. Wäre das in Ordnung?" spielt Paul mit seinen Lippen und Jenny antwortet:"Dann kann ich meinen Vater besuchen und hole dich dann abends ab." „Du bist ein Schatz!", nun gibt Paul Jenny einen dicken Kuss auf den Mund und beide merken, dass Finn zu ihnen schaut. „Wann sehen wir dich mal mit einer Frau?", lächelt Paul und zwinkert mit seinem rechten Augen, und Finn räuspert sich:"Vielleicht demnächst? Ich habe da jemandem im Auge." Jenny pfeift spielend mit einem Kugelschreiber in der Hand und „Aha", sagt Paul, geht an Finn vorbei, klopft ihm freundschaftlich an die Schulter, sagt:"Da wünsche ich dir viel Glück!" und geht gut gelaunt zurück ins Büro. „Semir, stell das Bier schon mal kühl, ich komme nach der Arbeit mit zu dir und Jenny holt mich ab", steht Paul vor Semir, der konzentriert am Monitor arbeitet und doch Pauls Ansage mithört. „Gut, ich rufe Andrea an und sage ihr Bescheid. Ich freue mich, dass ich wieder mit dir Männergespräche führen kann", schaut Semir Paul mit einem Lächeln an, „das habe ich in den letzten Wochen vermisst." Beide boxen sich mit der Faust an und freuen sich auf später, dagegen ist die schlechte Laune der Krüger für den Rest des Tages auszuhalten.

Nach der Arbeit besucht Jenny spontan ihren Vater in der Villa Dorn, überrascht öffnet Martin seiner Tochter die Tür und freut sich über ihren Besuch. „Ich hätte nicht gedacht, dass du schon heute kommst. Ich freue mich!", schliesst ihr Vater Jenny in seine Umarmung und Jenny hat ihren Vater auch vermisst. Die Tage, die nur dem Vater und Tochter gehörten, sind schon eine Ewigkeit her, seitdem ist viel passiert und durch die Liebe zu Paul geht Jenny einen anderen Weg. „Wenn ich gewusst hätte, dass du kommst, hätte ich uns was gekocht", legt Martin seinen Arm um die Schulter seiner Tochter und beide gehen ins Wohnzimmer. „Wir können ja was bestellen, oder?", schlägt Jenny vor und ihr Vater findet dies eine gute Idee. „Da brauchen wir nicht lange zu überlegen, wir nehmen wie immer Vato-Pizza", lächelt Martin, ruft beim Italiener an und bestellt eine vegetarische Familienpizza, die die beiden liebevoll „Vato" nennen, eine Kombination aus Vater und Tochter, die sie damals spontan und im Beisammensein genossen haben. „Das waren schöne Zeiten", sagt Jenny und wird ein wenig melancholisch. „Das ändert sich nichts daran, auch wenn du jetzt mit Paul dein Leben führst. Ich werde immer dein Papa bleiben und für dich da sein, wenn du ein Problem hast." Jenny lehnt sich an ihrem Vater, der sich neben ihr auf der Couch sitzt und sie in seine Umarmung nimmt. „Ähm", beginnt Martin, „die Frau am Samstag im Eiscafe, also Nora...", Martin sucht nach richtigen Worten und Jenny spricht leise:"Ja, was ist mit ihr?" „Ich weiss nicht, wie ich es dir sagen soll?" „Versuch es einfach, wir haben uns immer alles erzählt", erinnert Jenny ihr Vater an das gemeinsame Versprechen vor vielen Jahren, als die beiden plötzlich alleine zurück in der Villa gelassen wurde, als die Mutter die Familie verlassen hatte und Patrick auszog. „Ich finde Nora attraktiv und bin schon paar Mal mit ihr ausgegangen. Ich könnte mir vorstellen, dass daraus mehr wird als nur die Arbeit, die uns beide verbindet." Als Jenny eine Weile kein Wort sagt, schaut Martin seiner Tochter in die Augen und bemerkt, dass Jenny einen nachdenklichen Gesichtsausdruck hinterlässt. „Ist alles in Ordnung?", drückt Vater Martin Jenny fester in die Umarmung, „du brauchst keine Angst zu haben, dass ich dich vergesse, was Nora betrifft. Sie weiss, dass wir immer einen Vater-Tochter-Tag machen, wenn es die Zeit zulässt." „Das ist schön, dass du eine Frau gefunden hast, die dich vielleicht glücklich macht. Ich freue mich wirklich für dich und versprich mir, dass wir auch weiterhin Zeit für uns nehmen, so wie heute!", bittet Jenny und Martin nickt, drückt sie erneut fest in seiner Umarmung. Nun wird die Pizza geliefert und Vater und Tochter setzen sich in die Küche. Nach einer Weile platzt Jenny mit der Frage heraus, die ihr momentan durch die Gedanken begleitet:"Papa, würdest du einer alten Dame, die du überhaupt nicht kennst, Glauben schenken, wenn sie dich einfach so anspricht und dir sagt, Folge deinem Herzen, haltet die Liebe fest und stürmische Zeiten werden kommen?" Martin legt die angebissene Pizza zurück in die Pizzaschachtel, kaut weiter und schaut seiner Tochter mit grossen Augen an. „Keine Ahnung, ist mir noch nie passiert, dass mir jemand eine Zukunft voraussagt. Wie kommst du darauf?" „Ich habe die alte Frau im Supermarkt unwissentlich mit dem Einkaufswagen angerempelt und dabei hat sie mich mit einem Lächeln im Gesicht diese Sätze gesagt, so als ob sie in die Kristallkugel geschaut hätte", erzählt Jenny und ihr Vater wird stutzig. „Geht's dir gut?", besorgt schaut Martin Jenny in die Augen, und diese ist genervt:"Ach, Papa!" Nun spürt Martin, dass seiner Tochter irgendwas auf ihrer Seele belastet...    

Mehr als nur Freundschaft?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt