Kapitel 109

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Es braut sich was zusammen...

Der nächste Morgen zeigt weisse Wölkchen am Himmel, ein kühler Wind weht draussen, die Sonne lässt sich kaum blicken. „Ah, tut das mal gut, keine Hitze zu haben", stellt Semir fest, als er von draussen aus dem Briefkasten die morgendliche Zeitung herausholt und sich in der Küche an den gedeckten Frühstückstisch setzt, wo sich mittlerweile alle Frauen auf ihren Plätze sitzen und die Toast mit Marmelade schmieren, Dana hat gerade das Müsli mit Milch übergossen, schon vibriert ihr Handy eine eingehende Mitteilung und prompt lässt sie das Müsli links liegen und tippt angeregt auf ihrem Smartphone. Nach einigen Minuten schaut Semir genervt von der Zeitung auf, faltet sie zusammen und legt sie weg. „Dana!", ruft ihr Vater, der ihr gegenüber sitzt, „Dana! Kannst du bitte beim Frühstück dein Handy weglegen?" Verdutzt blickt Dana von ihrem Smartphone auf und schaut ihren Vater an, der ihr einen bösen Blick zuwirft. „Ach, es wird gerade spannend!", meckert Dana und ihr Vater gibt schnippisch zur Antwort:"Gleich wird es spannend, wenn du zu spät zur Arbeit kommst!" Widerwillig steckt Dana das Handy in die hintere Hosentasche und beginnt das eingeweichte Müsli zu essen, dabei verzieht sie ihr Gesicht. „Schatz, reichst du mir bitte die Zeitung?", bittet Andrea ihren Mann und beginnt den Nachrichtenteil zu lesen, während Ayda und Lilly über die Schule reden. Bevor Semir das Haus verlässt, unterstützt er Andrea noch schnell beim Tisch abräumen und er erklärt sich bereit, die Töchter zur Schule zu bringen. „So, nun jetzt ab mit euch!", klatscht er in die Hände, die Töchter ziehen die Schuhe im Flur an, streifen ihre Jacken über deren kurzen T-Shirts und rennen nach draussen. Im Flur steckt Semir noch seine Dienstwaffe in den Holster, holt sich ein Abschiedsküsschen bei seiner Frau, die im Türrahmen steht und den drei zuwinkt. „Dana? Ich dachte, du fährst mit mir?", fragt ihr Vater, als er merkt, dass Dana ihren Helm aufsetzt, auf ihrem Mofa aufsteigt und den Motor startet. „Ich habe nach der Arbeit noch was vor!", ruft Dana durch das Visier des Helmes. „Schon wieder?", runzelt Semir die Stirn und Andrea zuckt mit den Schultern, als sich Semir fragend zu seiner Frau dreht. „Die trifft sich mit einem Jungen", lässt Ayda die Bombe platzen. „Ach, hat Dana das dir erzählt?", wundert sich Semir, Dana hätte das ihrem Vater auch erzählen können. Der Motor des silbernen BMWs wird gestartet und von der Rückbank hört Semir seine Tochter Ayda sagen:"Nein, mir hat sie das nicht erzählt, ich habe nur zufällig gesehen, dass sie eine Nachricht auf ihrem Handy von einem Jungen bekommen hat." „Weisst du vielleicht auch zufällig den Namen?", hofft Semir auf weitere Antworten. „Papa, hast du schon mal was von Briefgeheimnis gehört?" Semir verdreht gerollt die Augen und biegt gerade in die Strasse ein, die vor dem Schulhof endet und die beiden Mädchen steigen aus. „Tschüss, Papa!", sagen beide und ihr Vater, der gerade ausgestiegen ist, verteilt Küsschen an deren Wange lächelt den beiden zu, wie sie durch den Schulhof zu ihren Freundinnen gehen. Die Schulklingel ertönt, der Unterricht beginnt. „Ups", schaut Semir auf die Uhr, „schon acht Uhr?" Steigt in den BMW und gibt Gas auf dem Weg zur PAST.

Paul deckt gerade den Tisch, als Jenny mit müdem Gesichtsausdruck an den Tisch gesellt, den Kaffee in die Tasse einschenkt und daran nippt. Mittlerweile mag sie Pauls Kaffee auch gerne, in der PAST jedoch steigt sie auf Cappuccino um. Dabei darf ein Karamellbonbon nicht fehlen! Sonst ist das kein Cappuccino, wie Jenny es manchmal betont. Aber hier am Frühstückstisch mit Paul lässt sie den starken Kaffeeduft durch ihre Nase atmen, dabei hat sie ihre Augen geschlossen, die Mundwickel leicht nach oben hängend. Paul lächelt leise als er den Gesichtsausdruck von Jenny sieht und geht auf sie zu, gibt ihr einen liebevollen Kuss an die Wange. „Guten Morgen, meine Schöne!" Langsam öffnet Jenny die Augen, stellt ihre Tasse ab und nimmt Pauls Gesicht zwischen ihren Händen, gibt ihm ebenfalls Küsse auf seine Lippen. „Dir auch einen Guten Morgen!" „Wie geht es dir? Hattest du noch schlafen können?" „Ja, in deinen beschützenden Armen habe ich noch Schlaf gefunden, aber ich bin noch müde", blickt Jenny Paul an, der ihr nochmal einen Kuss gibt bevor er sich auf seinen Stuhl setzt und das Frühstück zu sich einnimmt. „Bist du sicher, dass du heute arbeiten möchtest? Ich meine, wegen letzter Nacht, du weisst schon...", fragt Paul und schmiert nebenbei das Mischbrot mit Butter. Jenny nickt:"Ja, dann komme ich auf andere Gedanken! Der Traum darf keine Macht über mich haben. Ich muss stark bleiben!", versucht Jenny sich selbst Mut zu machen und beginnt ein geschmiertes Marmeladebrot zu essen. Kurz vor Abfahrt zur Arbeit wird die Dienstwaffe in denjenigen Holster reingesteckt, ein Apfel braucht Paul am Tag für eine kleine Zwischenmahlzeit. „Das Wetter ist heute nicht so sonnig", wirft Jenny einen Blick durch das Fenster, als sie diese im Wohnzimmer schliessen möchte. Sie zieht ihre langen, blaue Trenchcoat an, Paul schlüpft in seine über alles geliebte blaue Nike mit rosa Schnürchen. „Ach, die sind von dem vielen Rennerei verschlissen. Noch kann ich sie tragen!", fällt Paul an den Nike auf. „Du kannst ja die schwarzgelben Nike anziehen", schlägt Jenny vor und Paul sagt:"Die grellende Gelbfarbe gefällt Semir nicht." „Aha", kommt von Jenny, die die Tasche von der Garderobe abnimmt und dessen Inhalt überprüft. „Sag mal, du bist ja bald in New York, könntest du mir vielleicht neue Nike mitbringen? Die sind in Amerika günstiger als hier und die Amis sind verrückt nach Nike", mit einem grinsenden, bittenden Blick auf Jenny gerichtet und diese sagt:"Das passt dann alles nicht mehr in den Koffer!" „Dann pack weniger ein, und schon passt es für den Rückflug. Bitte, Schatz!" „Aber nur, wenn ich es mit der Zeit schaffe!" Paul küsst sie dankend mit einem dicken Kuss an ihren Lippen, neckt dabei:"Aber bitte keine orange Nike, ich möchte Semir einen Herzinfarkt ersparen!" Von der Garderobe nimmt Paul seine blaue Jacke und zieht diese an. Beide müssen über die Vorstellung der orangenen Nike, die eine grauenhafte Vorstellung zeigt, lachen und gehen auf den schwarzen Mercedes zu.

Kaum sind Semir und wenigen Minuten nach ihm Paul mit Jenny in der PAST angekommen, schon steht die Krüger mit verschränkter Armen vor ihnen. „Guten Morgen, kleine Erinnerung: Bis morgen müssen die Akten abgegeben werden!" „Guten Morgen!", sagt Paul als Erster, bevor die anderen ihrer Chefin ebenfalls grüssen. „Ja, wird gemacht", sagt Semir und sieht wie Finn vertieft mit seinem Smartphone zu beschäftigt sei. „Die Jugend heutzutage!", schüttelt er ungläubig den Kopf, Paul schaut Semir verwirrt an. „Was soll daran so schlimm sein?", sieht Paul keinen Grund. Jenny ist an ihrem Schreibtisch gegangen, Paul geht nun neben seinem Partner den Weg in das gemeinsame Büro. „Ach, Dana war auch heute beim Frühstück schwer vom Handy abzukriegen! Ayda meint, sie schreibe mit einem Jungen." Paul dreht sich noch mal in die grosse Halle um, und beobachtet Finn, der bei dem Tippen auf dem Handy lächelt. Dann hat er das letzte Gespräch von Finn wieder in seinem Kopf, wo Finn meinte, vielleicht bahnt sich da was an. Paul braucht nur eins und eins zusammenzuzählen und grinst, was Semir noch mehr verwirrt. „Das findest du auch lustig?", schaltet Semir den Monitor an. „Warte es ab, du erfährst es noch früh genug!", muss Paul weiter schmunzeln und Semir ist schon fast genervt, dass sein Partner mehr weiss als er. „Im Gegensatz zu dir habe ich Augen im Kopf und brauche nur ein Bild davon zumachen. Ich kann mit meiner Vermutung auch falsch liegen!" „Aha", kommt nur von Semir und schon hat er den kleinen Ärger mit Dana vergessen, die schon vor ihrem Vater auf der PAST erschienen ist und in einer anderen Abteilung beschäftigt ist. „Mann, wie ich das hasse, die Berichte schreiben!", flucht Paul und wirft einen Blick durch die Glasscheibe auf Jenny, die gerade in die Tastatur tippt. Paul fühlt Mitleid mit Jenny, er würde ihr gerne helfen, die Angst zu nehmen. Um Jenny ein wenig abzulenken, steht Paul auf, geht in die kleine Küche und serviert Jenny ihren heiss geliebten Cappuccino mit einem aufgelösten Karamellbonbon. „Paul, das wäre nicht nötig!", Jennys Augen lächeln, „Danke!" Pauls Lächeln erstrahlt und ihr wird es warm ums Herz. Sie schaut Paul hinterher, der kurz bei Susanne der neusten Info abholt und den Weg in sein Büro einschlägt. Jenny lässt in ihren Gedanken nochmal Revue passieren, wie verständnisvoll und rührend Paul sich letzte Nacht um sie gekümmert hat und für sie scheint Paul der richtige Mann zu sein, mit dem sie ihr Lebensabend verbringen möchte, oder?...    

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