Kapitel 45

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Überraschungen...

Schockiert bleibt Jenny stehen und glaubt, sich verhört zu haben. Nun ist es Semir, der das Bild auf dem Handy Jenny zeigen möchte:"Schau mal, das sieht wirklich lustig aus!" Jenny zweifelt mit sich, ob sie sich das ansehen möchte oder nicht. Letztlich entscheidet sie sich, es anzusehen, damit sie auch die volle Gewissheit über Paul hat. Das Telefonat gestern habe sie immer noch in Erinnerung. Sie geht mit langsamen Schritten auf Semir zu und kommt dem Bild näher und näher...und dann fällt ihr ein Stein vom Herzen, aber was für ein Stein! Lachend fügt sie dazu:"Ja, das ist wirklich lustig!" Paul sitzt in der Mitte auf dem Sofa, mit einem Verband um den Kopf gewickelt, sein linkes Arm ebenfalls in vollem Verband eingewickelt, in der rechten Hand hält er ein Glas Wasser mit einem Strohhalm drin. Links neben ihm Lilly sitzend und rechts die grössere Schwester Ayda. Beide Schwestern haben sich aus Zeitungspapier eine Mütze gebastelt und in der Mitte der Mütze einen dicken roten Kreuz gemalt, das als Krankenschwester dargestellt wird. An Pauls rechte Augen haben die Mädchen ein blaues Auge aus Schminkfarbe für Karneval gemalt. „Meine Mädchen haben immer kreative Ideen", freut sich Semir über die gute Stimmung im Moment zuhause. „Paul ist bei euch?", wundert sich Jenny, dachte sie bis gestern noch, dass Paul alleine in seiner Wohnung wäre. „Ja, Paul ist bei uns die Woche. Ich wollte ihn nicht alleine zu Hause lassen, also kann er sich bei uns gut erholen!", lächelt Semir immer noch das Bild anschauend. „Klar, bei den zwei Krankenschwestern", entgegnet Jenny, der es warm ums Herz wird, als sie sieht, dass Paul gut bei den Gerkhans aufgehoben ist und geht zu ihrem Schreibtisch zurück.

Paul hilft den beiden Mädchen, Ayda und Lilly, bei den Hausaufgaben, die sie am Tisch im grossen Esszimmer machen. Dabei kommt Paul der Gedanke, sich um das Abendessen für die ganze Familie zu kümmern, er wolle nicht nutzlos rumhängen und sich bedienen lassen. Dass sein Partner Semir Paul die Gastfreundschaft hier anbietet, das ist schon sehr grosszügig, irgendwie möchte Paul sich auch dafür bedanken und so hat er eine Idee für das Abendessen. „Was haltet ihr davon, wenn ich das Abendessen für die ganze Familie mache?", fragt Paul spontan in die Runde und die Mädchen kreischen:"Au ja!" Dann folgt ein Wort nach dem anderen bis Paul die Diskussion unterbricht:"Pommes oder Hotdog hatte ich nicht geplant. Ich dachte eher mehr an Gemüse." „Iiihhh...", kommt von Lilly und Ayda setzt einen obendrauf:"Muss das sein? Bin kein Gemüsefreund!" Paul schaut den beiden Mädchen an:"Ihr wollt doch hübsch aussehen und weiterhin schlau in der Schule sein?" „Was hat Gemüse damit zu tun?", fragt Ayda. „Sehr viel! Darin stecken viele Vitamine, die der Körper braucht und ausserdem gibt das auch eine schöne Haut", versucht Paul die Töchter von Semir zu überzeugen. „Aber Paul, du hast eben gesagt, man möchte hübsch aussehen. Du siehst doch gut aus, aber wieso hast du dann keine Freundin?", fragt Lilly. Alle lachen und Paul streichelt Lilly auf ihren Kopf:"Für eine Richtige muss auch die Chemie und Gefühle stimmen. Aber das lernst du ja noch!" Während die Mädchen weiter in den Aufgabenheften rechnen und schreiben, denkt Paul eine kurze Zeit an Jenny. Ihm sei bewusst, dass sein Herz für Jenny schlägt. Der Undercover Einsatz habe Paul die Möglichkeit gegeben, Jenny privat näher kennenzulernen. Für eine Frau war in seinem Leben kein Platz und eine feste Bindung wollte er auch nicht haben bis Jenny in sein Leben getreten ist, von der er sich langsam angezogen fühlt. „Fertig!", kommt von Ayda und Paul legt die Gedanken beiseite. „Das ist super! Und bei dir, Lilly?" „Gleich!" „Dann würde ich vorschlagen, wir gehen in die Küche und schauen, was euer Kühlschrank zu bieten hat", steht Paul auf und nimmt sich die Krücken. Nun ist Lilly auch fertig und die beiden Mädchen räumen die Schulsachen in die Taschen und stellen es in den Flur. Paul geht auf Krücken voraus in die Küche auf den Kühlschrank zu, öffnet diese und steht mit dem verletzten Knie über den Krücken gelehnt davor und mustert den Inhalt des Kühlschrankes an. Dann kommen die Mädchen angerannt, schauen auch rein und können nichts Besonderes an dem Essen vorstellen. „Alles klar", kommt es von Paul, der nun ein paar Schritten zurück mit dem einen Bein hüpfend auf Krücken geht. „Also doch Pommes?", hofft Lilly. „Nix da!", kommt von Paul, „haben wir Lasagneblätter hier?" Ayda öffnet die Schublade unter der Besteckschublade und darin findet Paul neben anderen getrockneten Lebensmitteln Lasagneblätter in einer Packung und prüft deren Inhalt. „Super! Es gibt Gemüselasagne", freut sich Paul und schaut in die Blicke der beiden Mädchen. Lilly rollt mit den Augen während Ayda einlenkt:"Ok, dann probiere ich das mal aus. Aber wenn es mir nicht schmeckt, muss ich es nicht aufessen!" „Das verlangt auch keiner, aber probiere es wenigstens", versucht Paul sie auf den Geschmack zu bringen, „sogar meine Nichte Emilia mag meine Gemüselasagne!" Die Mädchen holen die restlichen Gemüse aus dem Kühlschrank und fragen:"Dürfen wir mithelfen schneiden?" „Klar, warum nicht?", greift Paul nach einem Topf und beginnt die Sauce zu bereiten, während die Mädchen das Gemüse waschen und schnippeln. Alle drei haben Spass daran und die Lasagne wird abwechselnd von den Mädchen in einer Auflaufform geschichtet bis es in den Ofen wandert. Der Tisch im Esszimmer wird gedeckt, als Semir und Andrea fast zeitgleich ihre Autos in die Einfahrt rollen. Ein wenig erschöpft vom langen Arbeitstag kommen sie durch die Haustür hinein und der Duft der Lasagne steigt ihnen in die Nase empor, schon ist die Müdigkeit verflogen und das Knurren im Magen meldet sich. „Ah, das riecht aber gut", rupft Andrea die Nase, während sie die Akten aus ihrer Hand auf die Kommode im Flur legt, Semir hilft seiner Frau aus der Jacke, zieht seinen auch aus und hängt sie an die Garderobe. Dann gehen beide mit langsamen Schritten in das Wohnzimmer und sehen Paul mit den beiden Mädchen auf der Couch sitzen in einem Buch lesen vor. „Hallo!", rufen beide Eltern und die Drei grüssen zurück, rühren sich aber nicht vom Fleck, da es gerade gemütlich geworden ist. „Gleich gibt es Essen", verkündet Paul. „Aber Paul, das musst du doch nicht machen. Du bist hier Gast", kommt es von Andrea. „Ich wollte mich erkenntlich zeigen für den Dank, dass ich eure Gastfreundschaft hier nutze." „Dafür sind Freunde da", fügt Semir zu. „Ja", sagt Paul und deutet mit dem Kopf Richtung Küche, „die Lasagne müsste fertig sein!" Andrea geht in die Küche und ist erstaunt, dass sie eine saubere Arbeitsplatte vorfindet, hatte sie irgendwie ein Chaos vorgestellt und holt mit den Backhandschuhen die Lasagne aus dem Ofen, stellt es auf den schönen, gedeckten Tisch. Semir schenkt Weisswein in die Gläser für seine Frau, Paul und sich ein, während die Mädchen und Dana, die gerade zur Haustür reinkommt und sich an dem Tisch Platz einnimmt, Fruchtsaft in die Gläser einschenken. „Sieht aber gut aus", kommt es von Semir und Dana aus dem Munde. „Wir haben das mit Paul zusammen gemacht", erzählt Lilly voller Stolz ihren Eltern davon. Das Abendessen beginnt und alle essen und erzählen sich, was am heutigen Tag passiert ist. Nach dem Essen wird abgeräumt und gespült. Semir erklärt sich bereit, die Spülmaschine zu reparieren, sei er durch das leckere Essen motiviert und werkelt daran. Andrea spült und Paul trocknet ab, gibt zwischendurch Werkzeug an Semir. „Wie hast du das geschafft, dass Ayda und Lilly die Gemüselasagne gegessen haben?", möchte Andrea von Paul wissen. „Hm, da gibt es so ein kleines Geheimnis", zeigt Paul mit dem Finger auf „Kleines Geheimnis". Alle drei lachen und Semir sagt auf dem Boden liegend neben der Spülmaschine rumschrauben:"Es geschehen manchmal Wunder!"

Nachdem die Spülmaschine erfolgreich repariert wurde, nehmen sich Semir und Paul draussen auf der Terrasse ein kühles Bier zu sich. Semir schildert Paul kurz über den Fall Gravenberg, der nun endgültig zu den Akten gelegt wurde. Nun versucht Semir mit Paul über das Thema zu reden, was Paul bedrückt. Sein Partner spürt, dass Paul was mit sich rumträgt und seine schlechte Launen manchmal müsste eigentlich einen Grund haben. „Wir sind jetzt mal alleine unter uns", beginnt Semir das Gespräch, „willst du mir nicht endlich sagen, was los ist?" „Was soll dennschon mit mir sein?" „Paul, ich bin dein Partner, arbeite mit dir und ich merke schon, wenn was ist!" Paul trinkt einen Schluck Bier, seufzt:"Es ist wegen einer Frau." „Ach, die Frau, von der du neulich erzählst hast, die in dich einen guten Kumpel sieht?", fragt Semir sicherheitshalber nach, bevor es das falsche Thema wird. „Ja, genau die!", stimmt Paul Semir zu. „Und?", fragt Semir neugierig:„Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!" Zur gleichen Zeit steht Andrea vor der Spüle in der Küche, will sich ein Glas Weisswein einschenken als sie den BMW mit Jenny auf den Hof vorfahren sieht. Sie geht an die Haustür, öffnet diese:"Hallo Jenny,wie geht's?" Jenny, die gerade aus dem BMW steigt und auf Andrea zukommt:"Hallo, danke, mir geht es gut! Ich wollte mal nach Paul schauen, wie es ihm geht." „Das ist schön, er wird sich bestimmt freuen", lädt Andrea Jenny ins Haus rein zukommen ein. Im Flur stehend:"Die Männer sind auf der Terrasse,geh schon mal vor, ich komme nach." Jenny fragt, wo der Weg zur Terrasse führt und Andrea zeigt ihr mit dem Finger in die Richtung Esszimmer:"Von dort aus immer weiter durchs Wohnzimmer und dann ist die Terrasse. Möchtest du auch ein Glas Weisswein?" „Ja, gerne", antwortet Jenny und in dem Moment ruft Lilly von oben nach der Mutter. Andrea entschuldigt sich bei Jenny und meint, sie komme gleich nach. Jenny geht langsam durch das Esszimmer auf das Wohnzimmer zukommend und steht einige Meter vor der Terrassentür, die einen Spalt geöffnet steht. Sie hört gerade die Worte von Paul:"Ich habe mit Jenny geschlafen",kommt es nun aus der Sprache heraus. „Das ist nicht zum ersten Mal passiert!" Semir, der gerade einen Schluck Bier nehmen will, lässt die Flasche von den Lippen und fragt unglaublich:"Jenny? Meinst du unsere Jenny auf der PAST?"„Welche sonst?", lächelt Paul, dem das Schweigen um die Frau gelüftet ist,„aber bitte behalte das für dich!" Enttäuscht und betroffen, was sie da gerade gehört hat, geht Jenny leise zurück in den Flur, auf die Haustür zu und knallt sie heftig zu. Andrea kommt von oben herunter, der BMW mit Jenny ist gerade am Küchenfenster vorbeigefahren und Andrea holt in der Küche die zwei Gläser mit dem Weisswein und geht auf die Terrasse. Semir und Paul haben zwar ein heftiges Knallen der Tür gehört, sich aber keine Gedanken darum gemacht. Als Semir seinen Kopf unglaublich schüttelt, was er gerade von Paul erfahren hat, sieht Semir durch den Blickwinkel seine Frau mit den zwei Gläser Wein auf die Terrasse kommen:"Schatz, musst du die Tür so heftig zuschlagen? Ich möchte keine nächste Baustelle reparieren müssen! Für wen ist das zweite Glas?" Andrea schaut ihren Mann mit verwunderten Augen an, wovon er spreche:"Bitte?" Dann schaut sie sich auf der Terrasse um und fragt:"Wo ist Jenny?" Semir und Paul schauen sich schockiert an:"Jenny ist hier???"

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