Mehr als nur Freundschaft?

Kapitel 22

Paul sieht nur noch die Rücklichter des BMW, mit dem gerade Jenny davongebraust ist. „Fuck! Jetzt schreiten wir auch noch", denkt sich Paul in Gedanken und wirft mit seinem rechten Schuh einen kleinen Stein vom Weg. Eigentlich hat dem Paul ja nichts ausgemacht, wenn seine Liebesschaften mit den anderen Frauen kurz oder nur für die Nacht waren, aber an Jenny fühlt er einen besonderen Reiz, sie löst etwas in ihm aus. Ja, er scheint langsam eifersüchtig zu werden. Um sich abzureagieren, beschliesst er eine Runde im Rheinpark zu joggen. Geht zu seinem Dienstwagen, setzt sich ans Steuer und sieht Susanne in ihrem Mercedes an ihm vorbeifahren.

Anders ergeht es Jenny mit ihren Gefühlen auch nicht, nachdem sie in ihrer Wohnung angekommen ist. „Eine Wiederholung? Was denkt er sich dabei? Dass er mit den Fingern schnippt, und ich springe dann mit ihm in die Kiste?", schwirrt in ihrem Gedanken und nebenbei packt sie schnell ihre kleine Sporttasche ein um beim Boxen ihren Frust auszulassen.

Am Abend nach dem Joggen und Duschen macht sich Paul eine Kleinigkeit zu essen, dabei fällt ihm ein, wie es seinem alten Freund Louis gehen würde. Er wählt Louis' Nummer auf seinem Handy und nach ein paar Sekunden:„Hi Louis, alter Freund! Wie geht es dir?", beginnt Paul das Gespräch, nachdem am anderen Ende der Leitung der Anruf angenommen wird. Die beiden Freunde unterhalten sich eine ganze Weile über dies und das, was die Arbeit bei der Polizei mache und was es Spannendes in einem Fall gebe und über die Frauen.

Alltage bei der Autobahnpolizei...

Der nächsten Morgen bringt kein schönes Wetter mit sich, es regnet in leichten Strömen und auf der PAST sind alle beschäftigt, ausser Paul, der mal wieder zu spät kommt. Jenny sitzt an ihrem Schreibtisch und blättert in ihrem schwarzen Notizbuch, welches auch ein Kalender hat und ihr Blick fällt auf den baldigen Geburtstag von Paul. Bei der Geburtstagsfeier von Emilia hatte Pauls Schwester Lisa, die gerne eine Überraschungsparty für ihren Bruder organisieren möchte, Jenny gefragt, ob sie einigen Kollegen bzw. Freunden einladen könnte. Jenny schaut durch die Glasscheibe rüber in das Büro der Kriminalhauptkommissare und sieht Semir, steht auf und geht zu ihm: „Semir, hast du kurz Zeit?" Semir, der gerade eine Akte zufrieden zuklappt, dreht sich zur Tür um, in der Jenny steht:"Klar Jenny, worum geht es?" „Paul hat bald Geburtstag Ende Juni. Seine Schwester möchte gerne eine Überraschungsparty machen. Würdest du gerne kommen? Du kannst deine Frau und die Mädchen mitbringen." „Klar, komme ich gerne! Paul ist doch mein Partner und Freund. Wo soll das Ganze stattfinden?" „Bei Lisa zuhause im Garten, an dem Freitag Ende Juni nach der Arbeit ab 15 Uhr, wenn das Wetter mitspielt." „Notiere ich zuhause in den Kalender und rede mit Andrea darüber. Jenny, danke!" In dem Moment kommt Paul in das Büro, „Morgen, ihr beide!", geht an Jenny vorbei auf seinen Stuhl zu, zieht die Jacke aus und wirft sie achtlos über den Stuhl, „so Partner, was steht an?", so ob alles in Ordnung wäre. Semir und Jenny sagen beide gleichzeitig „Guten Morgen!". Jenny dreht sich an der Tür auf Absatz um und geht auf Susannes Schreibtisch zu und bespricht mit ihr den Geburtstag von Paul und Susanne nimmt die Einladung dankend an. Die Sekretärin werde Hartmut fragen, ob er sie zur Party begleiten möchte. Derweil geht Jenny an ihren Arbeitsplatz zurück, notiert sich alles, wer kommt. „Ach, die Chefin und Finn müsse ich auch noch fragen", in ihren Gedanken einfallend. Sie will gerade aufstehen, als das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelt. Sie nimmt das Gespräch an.

Währenddessen unterhalten sich Paul und Semir über einen Bericht in einem alten Fall, den sie abschliessen. Paul lehnt sich im Stuhl zurück, schaut aus dem Fenster, wo der Regen an die Fensterscheiben ab prasselt, „ich habe gestern mit Louis telefoniert, es war eine gute und lange Unterhaltung." Semir schaut Paul an und fragt:"Louis, dein alter Freund von der Polizeischule? Der ein Spenderherz bekommen hat?" „Ja, genau der. Louis arbeitet auf der Polizeiwache in Hamburg, sie haben auch einen spannenden Fall mit Autoschieberei." „Ach, vielleicht ist da was dran im Fall Gravenberg?", kommt Semir vielleicht eine Idee. „Dann sollten wir gründlich nachforschen. Louis hat erzählt, dass das Hamburger Polizeirevier eine Veranstaltung Tag der offenen Tür plane. Ich wäre herzlich eingeladen." Mitten im Gespräch platzt Jenny in das Büro von Semir und Paul und kann noch den letzten Satz von Semir mithören:"Das hört sich gut an, dann kannst du mal sehen, wie Louis da im Revier arbeitet." „Entschuldigung, wenn ich störe", mit erhobene Händen geht Jenny an den Tisch von Paul, den Blick dann auf ihn gerichtet, „du hast mit Louis gesprochen? Das ist ja schön, wo du selten von ihm hörst." „Ja, war mal wieder schön, eine alte Stimme zu hören", sagt Paul. „Was gibt es, Jenny?", ist es Semir, der nachfragt, was es mit dem Zettel in der Hand auf sich hat in Jennys Händen. „Ach so, das, ja...ein Herr Gravenberg hat angerufen, er möchte gleich hierher kommen und mit euch beiden sprechen. Er habe Neuigkeiten." „Das trifft sich gut, wir wollten eh weiterforschen in diesem Fall", suchend schaut Semir in die Schublade nach der Akte Gravenberg, während Paul Jenny um einem Gespräch nach der Arbeit bittet. „Was gibt es denn noch zu sagen?", mit gerollten Augen verlässt Jenny das Büro. Semir deutet mit dem Kopf zu Jenny und fragt Paul:"Was ist los mit euch beiden?" Paul meint, es wäre eine kleine Meinungsverschiedenheit und blickt traurig Jenny hinterher. Er hatte gehofft, sie würde sich bereit erklären, denn er möchte nicht, dass ihre Freundschaft darunter leide.

Die Überraschungsidee...

„Das ist es!", fällt Jenny laut lächelnd ein, Susanne schaut verwundert zu Jenny rüber, diese hält den Zeigefinger an ihrem Mund „Psst", deutet Susanne zu, sie solle mal zu ihr rüber kommen. Susanne steht auf und kommt an ihrem Schreibtisch, setzt sich auf die Eckkante und fragt nach, was los sei. „Ich habe eine tolle Idee für Pauls Geburtstag", flüstert Jenny leise und Susanne ist ganz Ohr:"Na dann, verrate sie mir doch." Jenny erzählt Susanne, dass sie Pauls guten Freund Louis im Krankenhaus kennengelernt hat, wo er auf ein Spenderherz wartete, während Semir und Paul auf Verbrecherjagd nach dem Spenderherz waren und Jenny die ganze Zeit bei Louis im Krankenhaus an der Seite war. „Ich erinnere mich an den Fall, mit dem Helikopter und geklauter Transportbox. Ja, und was ist die Idee?" Jenny würde gerne Louis zu Pauls Geburtstag einladen, aber wie könnte sie Louis erreichen, ohne dass Paul es mitbekommt. „Ich kann Paul schlecht nach der Handynummer fragen, er wird mich genau ausfragen", senkt Jenny den Blick, „Moment mal, Paul hat gerade erzählt, dass Louis auf der Polizeiwache in Hamburg arbeitet." „Und ich dachte, du würdest ihm was Persönliches schenken?" lächelt Susanne und Jenny schaut sie mit grossen Augen an, „wie kommst du denn darauf?", perplex über den Satz von Susanne. „Ich habe dich in letzter Zeit mit Paul zusammen harmonieren sehen in euren gemeinsamen Einsätzen und gestern war euer Gespräch auf dem Parkplatz nicht zu überhören. Ich wollte zu meinem Auto gehen, ihr habt mich nicht bemerkt bei eurer Diskussion über die gemeinsame Nacht", klärt Susanne Jenny auf, die gerade ein wenig errötet. „Mist, jetzt weiss es doch einer hier auf der PAST", denkt Jenny heimlich. „Jenny, so wie du gestern reagiert hast, du empfindest was für Paul, oder?", fragend mit dem Blick an Jenny, die mit „Ja, ich denke schon. Ich mag ihn wirklich sehr, habe aber Angst, verletzt zu werden." Susanne bückt mit dem Körper ein wenig nach vorne, dreht Jenny mit dem Stuhl zu sich um, „ich kann dir zuhören, wenn du reden magst", streichelt ihr liebevoll und tröstend auf ihren Wangen. Susanne steht dann auf und meint, sie würde das problemlos herausfinden, auf welcher Wache Louis in Hamburg arbeitet und Jenny die Handynummer besorgt, „wie ist sein Nachname?" „Haas, mit doppeltem a", dankend an Susanne gewandt. In der Zwischenzeit kommt Finn mit Akten zu Jenny an ihren Tisch und stellt sie pustend ab:"Hier, noch mehr Aktenarbeiten." Jenny lässt einen Seufzer raus, mag sie die Arbeiten doch nicht so gerne, aber das gehört nun mal zu ihrem Beruf. „Du Finn, warte mal! Paul hat bald Geburtstag, würdest du gerne zu seiner Überraschungsparty an einem Freitag Ende Juni ab 15 Uhr kommen? Das Ganze findet bei seiner Schwester Zuhause statt." Finn freut sich über die Einladung, würde sehr gerne kommen:"Was schenken wir Paul?" „Ich lasse mir was einfallen, und bitte keinen Ton vor Paul über die Party!", mit dem Zeigefinger stillschweigend auf ihre Lippen. Finn nickt und geht an seinen Arbeitsplatz.

Zwei Stunden vergehen,stolz präsentiert Susanne einen kleinen Zettel vor Jennys Nase wedelnd hin und her, „ich habe es. Hier bitte, und viel Glück!" Freudig nimmt Jenny den Zettel in die Hand, rückt ihr Handy aus der Jackentasche und tippt die Nummer ein,schreibt eine Nachricht. Die Tür in der grossen Halle öffnet sich und Herr Gravenberg kommt in die PAST hinein. Bevor er das Büro der Kommissare erreicht,bekommt Jenny eine kurze Nachricht von Louis:"Schöne Idee zum Geburtstag! Ich melde mich nach der Arbeit wieder." Paul, der einen guten Blick durch die klare Glasscheibe auf die grosse Halle werfen kann,sieht Herr Gravenberg vor dem Schreibtisch von Jenny stehen, steht auf und beim Hinausgehen an Semir gewandt:"Herr Gravenberg ist da, ich hole ihn hierhin",klopft ihm auf den Tisch. Paul geht auf Herr Gravenberg zu, sieht Jenny lächelnd die Nachricht auf dem Handy lesen, welches sie dann in guter Laune in ihre Jacke steckt. Paul, der verwirrt ist über die schwankende Stimmung von Jenny vorhin im Büro und sie ihn jetzt mit einem Lächeln ansieht, reicht Herr Gravenberg die Hand aus:"Guten Tag, Herr Gravenberg. Gehen wir in das Büro",lässt ihn den Vortritt und schaut Jenny mit leichten enttäuschenden Augen an:„Eine Verabredung mit Stevie?" Jenny lächelt nur, ihre Augenbraunen heben hervor und sie bewegt ihre Lippen tonlos, Paul marschiert ohne ein weiteres Wort ins Büro, wo Semir auf ihn mit dem Besucher wartet. Nichtsahnend der arme Paul, worum es in der Nachricht geht, lehnt sich Jenny schwungvoll in den Stuhl und spielt mit dem Kugelschreiber zwischen ihren Fingern: „Hoffe, er freut sich über die Überraschung" in Gedanken und macht sich fröhlich an die Arbeit weiter.