Kapitel 85

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Das Puzzle wird grösser...

Alle schrecken auf, nachdem Paul mit voller Wut seine Hand in die geballte Faust verwandelt hat und auf den Tisch aufschlägt, so dass die Gläser ein wenig vom Boden abheben. Nun ist er verzweifelt und innerlich schnürt sich seine Kehle langsam zu, er dreht sich auf Absatz um und rennt raus in die Halle, auf den Verhörraum zu. Semir ahnt nichts Gutes und sprintet seinem Partner hinterher, gefolgt von Finn und der Krüger. Die Chefin und Finn gehen in den Nebenraum, das mit der verdunkelten Spiegelscheibe ausgestattet ist und beobachten das Geschehen, was gleich im Verhörraum passieren wird. Herr Dorn bleibt mit Susanne verdutzt im Raum sitzen, die Sekretärin weiss, wie aufbrausend Semir und Paul sein können, erwähnt dies aber nicht dem Besucher Herrn Dorn vor. An der Tür des Verhörraums angekommen, knallt Paul dessen Tür so heftig auf, dass diese in hohen Bogen um 180 Grad gegen die Wand kracht. Herr Schildt zuckt bei dem heftigen Aufprall zusammen, so als ob sein Herz in die Hose rutschen würde, nun wird er richtig käsig im Gesicht, als er Pauls wütender, feuerrotes Gesichtsausdruck sieht, der ihm sehr gefährlich nahe kommt. Florian bewegt seine Lippen tonlos und wird in dem Moment von Paul hart am Nacken angepackt, seinen Arm nach hinten auf den Rücken gelehnt, so dass dieser vor Schmerzen aufschreit und mit dem Kopf hart auf den Tisch aufschlägt. Paul zischt mit zusammengekniffene Zähnen:"Was fällt dir noch mehr zu dem Typen ein?" Semir fügt laut bei:"Wenn Sie nicht mit uns kooperieren, dann haben Sie ein Menschenleben auf dem Gewissen! Möchten Sie das?" Florian hadert mit einem schlechten Gewissen und stammelt mit dem gedrückten Mund auf der Tischoberfläche:"Der Mann kommt einmal in die Woche in die Waikiki-Bar, meistens abends." Daraufhin beschliesst Frau Krüger, dass Finn eine Kontrolle in der Waikiki-Bar machen soll. „Bartels, Sie werden jetzt in normalen Klamotten einen Besuch in der Waikiki-Bar erstatten und sich dort umsehen, ob da der Mann aufhält. Die Beschreibung nehmen Sie bitte mit und kommen Sie so schnell wie möglich wieder zurück." „Alles klar, Frau Krüger!", und möchte zur Umkleidekabine gehen, als er noch von ihr ein:"Seien Sie vorsichtig und vor allem bleiben Sie unauffällig!" Finn nickt mit dem Kopf und geht sich umziehen, dann ist er auf dem Weg zur Bar. Währenddessen im Verhörraum lässt Paul Herr Schildt wieder los und dieser reibt sich mit seiner Hand am Nacken, wo es schmerzt. „Und was noch?", fragt Semir, als Paul gerade auf der anderen Seite steht und mit seinen Fäusten auf den Tisch abstützt, dessen kräftigen Muskeln man an seinen Armen sehen kann, Florian gegenüber mit kalten Blick anschaut. Florian versucht sich fieberhaft zu erinnern, aber ihm fällt nur das ein:"Einmal, als der Mann mich für den ausgeführten Auftrag bar zahlen wollte, konnte ich aus seiner Geldbörse sehen, dass irgendein Dienstausweis fast rausgefallen ist. Er hat es aber schnell wieder in die Geldbörse reingesteckt. Das war in blau weisser Farbe, glaube ich." Semir und Paul sehen sich an, und Semir sagt:"Es gibt so viele Dienstausweise in blauer Farbe. Ist Ihnen sonst noch irgendwas aufgefallen? Welches Fahrzeug er fährt, zum Beispiel?" Herr Schildt zuckt mit den Schultern:"Wie gesagt, er kam ja meistens abends und in der Dunkelheit habe ich mal seinen Wagen gesehen, so einen grossen Wagen in leuchtender, ich glaube, roter Farbe. Das Modell kann ich nicht erkennen." Semir deutet mit seinem Kopfnicken Paul gegenüber an, dass er ihm nach draussen folgen soll und so verlassen die beiden den Raum und lassen Herr Schildt auf dem Stuhl sitzend zurück. Die Krüger kommt aus dem Nebenraum und trifft die beiden Kommissare auf dem Flur, gemeinsam gehen sie in den Besprechungsraum. Herr Dorn hat das Revier bereits verlassen, bittet aber um sofortige Benachrichtigung, falls in dem Fall was Neues gibt. „Bartels soll im Computer nach einem Besitzer mit dem roten SUV nachforschen", gibt Semir in Auftrag, als die Krüger sagt:"Ich habe Bartels zur Waikiki-Bar geschickt, er solle sich dort umsehen." „Auch gut", hofft Semir, dass Finn einen weiteren Anhaltspunkt mitbringt. Bei Paul klingelt das Handy, er holt es aus seiner Hosentasche und sieht die Nummer seiner Mutter. „Das ist meine Mutter, ich gehe mal kurz dran", sagt Paul und dreht sich um. An der Wand gelehnt spricht er leise mit seiner Mutter:"Mama, es ist gerade schlecht! Wir sind mitten in einem Fall. Oder ist was mit Papa passiert?" Paul nickt zwischendurch:"Dann ist ja alles gut. Ich komme bald wieder vorbei. Ja klar, kann ich Jenny mitbringen", und beendet das Gespräch:"Ich melde mich wieder. Hab dich lieb, Mama!" Paul hat seiner Mutter am Handy nicht gesagt, dass Jenny entführt wurde. Er möchte sie nicht beunruhigen. In dem Moment kommt Finn zurück, die Krüger ist erstaunt, wie schnell Bartels in der Zeit unterwegs war. „In der Waikiki-Bar ist heute geschlossene Gesellschaft, irgendeine Geburtstagsfeier", erzählt Finn und zieht sich seine Jacke aus und lehnt diese über seinen Stuhl. Die Zeit verfliegt in Nu, die Uhr geht auf Mitternacht zu. Wieder klingelt Pauls Handy, diesmal ist es ein Mitteilungston einer eingehenden Nachricht. Er schaut nach und drückt die Nachricht ungelesen weg. Semir schaut ihn ohne Worte an, Paul versteht seinen Gesichtsausdruck auch so:"Ach, nichts Wichtiges. Romy schreibt mal wieder." Die Chefin wundert sich über den Namen und Susanne weiss durch die Erzählungen von Jenny, wer Romy ist und sieht dabei Paul an, der ihr einen unbedeutenden Gesichtsausdruck zeigt.

In einer verlassene Waldhotel zerrt der Mann, der immer noch sein Gesicht hinter einer schwarzen Maske bedeckt hält, Jenny mit kräftigen Händen an ihrem Oberarm und geht mit ihr den Gang durch die Lagerhalle bis zur Tür, die in die Gaststätte führt, das an dem Waldhotel angegrenzt ist. Es riecht nach alter Gaststätte, Bierdeckel, Gläser, Tischkarten und Servietten liegen verteilt auf den Boden. Jenny sieht in der Dunkelheit, dessen Mondschein durch die alten, einfach verglasten Fenster scheint und ein kalter Luftzug zu spüren ist. Mit ihren Augen kann sieht sie das Chaos auf den Boden und hat Mühe, nicht darüber zu stolpern. Dabei kommt ihr eine Idee und sie stürzt mit Absicht über die zersplitterten Gläser. Der Mann packt erneut heftig an ihrem Oberarm und zwingt sie zum Aufstehen, dabei nimmt Jenny unbemerkt eine kleine, abgebrochene Glasscheibe mit und versucht sie, am Handgelenk vorsichtig in die untere Ärmel ihrer Jacke zu verstecken. Auf der Theke stehen einige Getränkeflaschen, Jenny bleibt stehen und ihr Blick auf das Getränk gerichtet. Der Mann begreift, dass Jenny Durst hat und zerrt sie weiter bis sie den Ausgang erreicht haben:"Ich habe im Auto was zu Trinken da." Der Mann öffnet die Tür nach draussen, auf dem Vorplatz kann man erkennen, dass hier für eine längere Zeit niemand mehr hier war. Jenny wird beim Gehen unsanft von dem Mann am Oberarm zum roten SUV Wagen vorwärts gedrängt und auf dem Beifahrersitz lässt er sie Platz nehmen. Er macht die Fesseln ab und nimmt stattdessen Handschellen aus seiner hinteren Hosentasche und kettet Jennys Handgelenke damit am Haltegriff des Autodaches fest. Auf der Rückbank holt der Mann eine kleine Flasche Wasser hervor und dreht es auf. Gefühllos reisst er Jenny das Tape von den Lippen, was sie mit einem schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck zeigt:"Aua! Sie tun mir weh! Was wollen Sie überhaupt von mir?" Weiter kann Jenny nicht reden, da hat sie schon die Flasche an ihrem Mund und sie trinkt daraus einen Schluck Wasser. „Sie stellen zu viele Fragen. Ich will, dass ihr Bulle spürt, wie es ist, seine Liebste zu verlieren!", hört Jenny sein höhnisches Lachen hinter der schwarzen Maske. „Was hat Paul Ihnen denn angetan?", versucht Jenny mit Fassung den Mann zu einem Gespräch zu bewegen. Dazu kommt es leider nicht, denn der Mann hat bereits ihre Lippen mit einem neuen Tape verriegelt. Jenny sieht nur noch, wie der Mann ans Steuer geht, den Motor aufheulen lässt und in die stockdunkle Nacht wegfährt.

Im Besprechungsraum klingelt das Telefon auf dem Tisch, die Krüger geht ran. Alle starren sie an und nach dem kurzen Gespräch legt sie wieder auf. „Das war der Dienstleiter der Polizeiwache Neuss, er wollte wissen, was wir mit Florian Schildt machen."Semir verdreht die Augen und ist genervt:"Um diese Uhrzeit fragt er danach? Der hat sie nicht mehr alle! Also echt, sagen Sie mir den Namen des Dienstleiters,und ich werde selber mit ihm sprechen." „Wenn Sie mehr Erfolg haben als ich, bitte schön. Sein Name ist Morgenstern, glaube ich.", sagt die Krüger. „WAS?Morgenstern?", ungläubig schaut Semir die Krüger an und dann zu Paul:„Irgendwoher kenne ich den Namen, schau mal in die Akte!"    

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