Kapitel 132

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Ungewissene Zukunft...

Paul geht nun auf seinem Motorrad zu, bleibt stehen und findet einen Strafzettel fürs Falschparken daran hängen und steckt diese achtungslos in die Bikerjacke, setzt seinen Helm auf, klappt das Visier zu und gibt Gas. Ein Auto, das von hinten kommt, kann gerade noch scharf abbremsen, als Paul stur stracks ohne zu blinken einfach davon braust. Zu gross ist seine Enttäuschung, so tief ist sein Schmerz, andererseits hat er sich den Abschied anders vorgestellt, kommt die Freude wieder auf, wenn die eine Woche Seminar um ist? Wird Jenny bei ihm bleiben? Wie geht es mit den beiden weiter? Frage für Frage, und keine Antwort ist in Sicht.

Im Flieger sitzt Jenny lustlos am Fenster, starrt einfach auf die weisse Wölkchen, die wie weisse Watte aussehen und kann sich vorstellen, darauf zu hüpfen. „Möchten Sie was trinken?", wird Jenny von der Stewardess aus den Träumen gerissen und schaut diese an. Die Stewardess steht mit dem Servierwagen in der Mitte des Gangs und wartet ihre Antwort ab. „Ein Wasser und einen Tomatensaft, bitte!", bestellt Jenny. „Gerne." Die bediente Frau überreicht Jenny die zwei Getränke und wendet sich nun den anderen Passagieren zu. „Das habe ich prima hinbekommen! Paul geht es nicht gut und mir auch nicht. Und Alex? Der macht sich Hoffnungen auf eine Zukunft mit mir. Möchte ich das denn, mit ihm in Brasilien ein neues Leben beginnen? Was mache ich mit der PAST, die wie eine Familie für mich geworden ist? Was geschieht nach dem Seminar?", die Gedanken kreisen in Jennys Kopf und sie starrt weiterhin aus dem Fenster. Nach einer gefühlten Zeit schläft sie ein und wird erst wieder wach, als die Stewardess die Essenausgabe verteilt. Jenny stochert nur lustlos darin um, nimmt doch ein kleines Bissen zu sich. Sie spürt eine leichte Übelkeit in ihrem Magen, den Rest lässt sie einfach auf den aufgeklappten Tisch am Sitz der vorderen Person stehen.

Unterwegs hält Paul kurz vor der Auffahrt auf die Autobahn an einer Tankstelle an. Er möchte in diesem Zustand auf keinen Fall nach Hause, zu seinen Eltern auch nicht. Er liebt seine Eltern, aber in dem Moment hat er keinen Nerv dafür, den Fragen gegenüber zu stehen. Die Eltern merken schon an dem Gesichtsausdruck, wenn was nicht in Ordnung ist. „Semir? Da war ich die halbe Nacht schon gewesen, ich möchte ihn nicht auf den Nerv gehen. Tja, was bleibt mir noch?", überlegt Paul mit dem restlichen Sonntag. Dann hat Paul wieder die Bilder vor sich abspielen, wie Jenny sich gesträubt hatte, auf seinem Motorrad zu steigen, als dieser sie abgeholt hatte für Emilias Geburtstag. Das Gefühl, ihre Hände um seinen Hüften gelehnt...Der romantische Tagesausflug, wo Paul Jenny auf seinem Bike lenken liess, er hinter Jenny sitzend und die beiden so viel Spass hatten und der Abend so romantisch verlaufen war...mit Kerzenschein und Rosenblätter...und der See, der uns zusammenbrachte... Paul kommt in die Realität zurück, schaut auf seinen Bike und ihm fällt ein, er habe gestern mit Sebastian die Handynummer ausgetauscht. Er sucht nach der Nummer und findet sie. „Hi, ich bin's, Paul!" Er lächelt und fragt:"Hast du vielleicht Lust auf einen Trip mit dem Motorrad?" Beide verabreden noch schnell den Zeitpunkt und die Tankstelle.

Susanne erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Sie hat den langen Abend mit Markus Winter in einer Cocktailbar im Herzen Kölns verbracht. Markus hat sie noch persönlich nach Hause gebracht, und sie freundlich gefragt, ob sie sich wieder mit ihm treffen würde. Zur Freude ihrerseits hat sie Markus ihre Handynummer gegeben und Markus möchte sie in den nächsten Tagen mal anrufen. Maria, Friedrichs Babysitterin, hat sie heute an dem Sonntag lange ausschlafen lassen. Marias frisch zubereiteter Kaffeeduft verfolgt Susanne bis ins Schlafzimmer, langsam erwacht sie mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Seufzend dreht sie sich auf den Bauch und ihren Kopf in den Kissen gesteckt, dann steht sie auf und geht in die Küche, wo Maria sich gerade eine Tasse Kaffee einschenken möchte. „Oh, habe ich Sie geweckt?", fragt Maria, als Susanne plötzlich im Türrahmen steht. „Nein, nein, alles gut. Ihr Kaffee hat mich geweckt." Maria lächelt und fragt:„Möchten Sie auch eine?" Friedrich kommt aus dem Wohnzimmer zu seiner Mutter angelaufen, „Mama!" Susanne nickt und nimmt Platz an dem kleinen Tisch in der Küche, der für zwei Personen gedacht ist. Sie knuddelt ihren Sohn, lange hält der kleine Spross es nicht auf ihrem Schoss aus und Susanne lässt ihn wieder auf den Boden. Der Kleine flitzt zurück ins Wohnzimmer zu seinen Bausteinen. Mit beiden Händen hält Susanne sich an der Tasse fest, riecht daran und spricht:"Mhm, köstlich!" Die Babysitterin nickt freundlich und erzählt, was es mit dem Abend gestern auf sich hat für Friedrich und sie. „Ich danke Ihnen, dass Sie die ganze Nacht hier waren." „Aber ist doch selbstverständlich! Ich gönne Ihnen den freien Abend auch gerne, darf ich fragen, ob Sie sich gut amüsiert haben?" Verlegen und mit zusammengepressten Lippen schweigt Susanne und ihre Augen leuchten. „Ich wünsche Ihnen wirklich alles Gute!" „Danke, Maria!" Maria trinkt ihren Kaffee aus, verabschiedet sich von den Kleinen und Susanne bringt sie zur Tür und bedankt sich noch mal für die Fürsorge um ihren Sohn. Beide verabschieden sich mit Küsschen an der Wange. Den restlichen Tag denkt Susanne an Markus.

Am späten Nachmittag kann sich Semir nicht auf das Gesellschaftspiel „Mensch ärgere dich nicht" mit seinen Töchtern konzentrieren. Andrea merkt, dass Semir mit seinen Gedanken woanders ist. „Denkst du an Paul?", fragt seine Frau. „Ja, was er wohl jetzt macht? Jenny müsste gleich drüben in den USA gelandet sein." „Papa, du bist dran!", ruft Lilly ins Gespräch. Semir lässt die Würfel rollen und schiebt seine Figur vorwärts, dabei schmeisst er die Figur seiner Frau aus dem Rennen. Andrea nimmt es mit Humor, sie legt ihre Hand auf die ihres Mannes. „Du kannst ihn mal anrufen und fragen, ob alles in Ordnung sei. Paul kann vorbeikommen, Bier haben wir genug da." „Danke, Schatz!", möchte Semir aufstehen und geht etwas weiter auf den Garten zu und wählt Pauls Nummer an. Semir muss schmunzeln als er Dana auf der Liege sieht und mit ihrem Handy beschäftigt ist. Dana und Finn schreiben sich gegenseitig Nachrichten. Als Dana ihren Vater sieht, ruft sie quer durch den Garten:"Papa, Finn kommt gerne zum Abendessen!" „Gut, aber nicht heute. Wir sagen dir schon Bescheid, wann es passt", antwortet Semir und beginnt mit Paul zu unterhalten. „Hey Partner, alles gut bei dir? Ich kann dich schlecht verstehen", spricht Semir laut. „Tja, wie es mir geht, kannst du dir schon denken. Scheisse! Ich bin mit Sebastian auf einem Biker Fest." Die Musik ertönt laut im Hintergrund. Paul hat nun auch die Mühe, Semir zu verstehen. „Wir sehen uns morgen auf der PAST", brüllt Paul noch ins Handy und Semir muss das Handy von seinem Ohr weghalten, so laut ist es. Semir kommt zurück an den Tisch. „Paul ist auf irgendeinem Motorrad Fest." „Oh, alleine?", schaut Andrea Semir mit grossen Augen an. „Nein, mit einem Kollegen von einer anderen Polizeiwache. Hoffentlich macht Paul keine Dummheiten!" „Wie, Paul?" „Du weisst schon, bei Liebeskummer...", mehr mag Semir nicht vor den kleinen Mädchen laut aussprechen, Andrea begreift schon, was ihr Mann meint. „Bestimmt nicht." „Abwarten!" Semir seufzt tief und hofft, dass doch alles gut wird.

Nun landet der Flieger am JFK Airport in New York, Jenny verlässt das Flugzeug und beim Ausgang wünscht die Stewardess ihr alles Gute für die Zukunft. Für Jenny ist es eine Ungewissheit in die Zukunft, jetzt erstmal konzentriert sie sich auf Ausgang zu, die Kontrolle geht schnell und in der Empfangshalle stehen viele Menschen, Jenny geht an den Schilder vorbei, die den Namen zeigen und findet ihr Schild mit der Aufschrift DORN. Sie begrüsst den Mann, der sie abholt. „Hi, I am James, your chauffeur", und zwinkert ihr mit seinem rechten Augen zu. „Genau wie Paul, das Augenzwinkern", lächelt Jenny in Gedanken. Während beide auf den Ausgang zugehen, steht Paul in Deutschland auf dem Fest neben Sebastian und eine brünett haarige Frau in Bikerklamotten steht auf einmal vor ihm. Sie geht auf die Flirtversuche ein:"Hi, Lust auf ein Bier?" Paul blickt von Sebastian zu der Stimme hin...    

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