Kapitel 21

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Auf der PAST...

Ob es ein guter Start in die neue Woche ist, wird sich noch zeigen. Semir und Paul treffen beide fast gleichzeitig auf der PAST ein, gehen in ihr Büro, fahren ihre Computer hoch, machen sich zum Arbeiten bereit. Dann fällt Pauls Blick durch die Glasscheibe, die das Büro der Kommissare mit der grossen Halle, wo Susanne und Jenny sowie andere Mitarbeiter an den Schreibtischen arbeiten, abtrennt, auf den Schreibtisch von Jenny, der noch mit einem leeren Stuhl vorzufinden ist. An Semir vorbeigehend gewandt:"Möchtest du auch einen Kaffee?" Ohne den Blick vom Monitor zu lassen, nickt er nur mit einem „Ja, danke!" Paul geht in die kleine Küche, trifft dort auf Susanne, die gerade Kaffee in die Tasse einschenkt. Paul holt aus dem Hängeschrank zwei Tassen und gesellt sie zu der Tasse von Susanne, „für Semir und mich auch, bitte!" Während Paul Susanne zuschaut, wie der Kaffee aus der Kanne fliesst, kann er seine Neugier nicht lassen:"Sag mal, sollte Jenny heute wieder arbeiten kommen?" Susanne stellt die Kanne wieder an den Platz zurück, nachdem alle drei Tassen gefüllt sind und schaut auf ihre Armbanduhr:„Komisch, sie müsste eigentlich schon hier sein. Heute ist ihr erster Arbeitstag nach der Verletzung", und zuckt beim Verlassen der Küche mit den Schultern und geht an ihren Platz. Paul geht mit den zwei Tassen zurück in das Büro, wo Semir ihm dankend die Tasse aus seiner Hand nimmt, einen Schluck daraus trinkt:"Ah, tut das gut! Ich habe heute Morgen in der Hektik noch keinen Kaffee trinken können." Paul erhebt seine Augen:„Frauenstreik in der Küche?" Semir nimmt einen weiteren Schluck Kaffee, „nein, wir sind gestern frühzeitig losgefahren von Holland und waren in einem Stau verwickelt. Mit Blaulicht wäre ich schneller aus dem Stau rausgekommen. Der hat aber fast eine Stunde gedauert und so hatten wir gestern nicht mehr viel Zeit gehabt, die Taschen auszupacken, die im Flur standen. Den Wecker haben Andrea und ich nicht gehört, und so waren wir alle hektisch im Haus beschäftigt, du kannst dir sicher vorstellen, wie das Chaos dann aussieht." „Oh ja", lacht Paul und schaut aus dem Fenster, in dem Moment parkt der dunkelgrauen BMW von Jenny in die Parklücke. Ein Lächeln kommt auf Pauls Gesicht, und Semir, der nicht weiss, warum Paul lächelt, sagt nur:"Lebe du mal mit vier Frauen in einem Haus!" Paul schnappt den Apfel auf dem Tisch, trinkt die Tasse aus, geht in die Küche und stellt die Tasse auf der Spüle ab, macht eine neue Tasse mit Kaffee und verlässt die Küche. Er bringt den Kaffee zu Jenny an den Schreibtisch, die gerade eingetroffen ist, und er noch mitbekommt, wie Jenny sich bei Susanne mit einem „Danke!" bedankt. Dann bückt sie sich zu der untersten Schublade, öffnet sie und wühlt darin rum. „Guten Morgen, du bist aber spät heute", mit einem Apfel kauend vor ihr stehend, hört Jenny die vertraute Stimme, setzt sich aufrichtig hin und schaut Paul in die Augen, die Mundwickel leicht zu einem Lächeln gezogen, dann fällt ihr Blick auf den Kaffee, „Guten Morgen, danke für den Kaffee! Ich bin wieder in meine Wohnung gezogen und habe komplett vergessen, den Wecker zu stellen. Dank Susanne bin ich jetzt hier", und wühlt in die andere Schublade, und hört noch gerade Paul murmelnden sagen:"Ach, und ich dachte, du warst bei deinem Neuen", dreht sich um und marschiert weiter mit dem Apfel kauend zu seinem Büro zurück. „Hä? Was ...", macht Jenny mit einer schüttelten Kopfbewegung Paul hinterher schauend, die ein Fragezeichen aufwirft. „Was war das für ein merkwürdiger Satz?" denkt sie in stillen Gedanken und scheint endlich fündig in der Schublade zu sein, nämlich ihr kleines schwarzes Notizbuch.


Finn kommt zu Jenny an den Schreibtisch, „Wie geht es dir? Heute fahren wir Streife auf der Autobahn, ist das in Ordnung für dich?" Jenny, die gerade ihre leere Kaffeetasse in die Küche bringen will, „mir geht es gut, danke! Streife fahren, das wird schon gehen. Aber ICH fahre!", nimmt ihre Jacke vom Stuhl und geht mit Finn auf den Parkplatz und beide düsen mit dem BMW von Jenny Richtung Autobahn. Dort angekommen, suchen sie sich eine Stelle an der Fahrbahnseite aus, wo sie LKW Kontrollen durchführen. Während Jenny gerade ein LKW mit polnischer Kennzeichen mit dem Polizei Stoppschild zum Anhalten an die Fahrbahnseite winkt und dem Mann im Führerhaus auffordert, sich auszusteigen und die Papiere vorzulegen, bemerkt Finn in seinem Gefühl von weitem auf der Autobahn auf ihn zukommen fahrend ein LKW, das russischen Kennzeichen trägt, er möge den überprüfen. Winkt mit dem Stoppschild zum Anhalten hinter dem anderen LKW, um das sich Jenny kümmert. Der Fahrer hält an, zur Aufforderung von Finn, öffnet er die Tür, und Finn sieht ein kräftiger, muskelbepackter Mann, der einen Glatzkopf und die beiden Armen voller Tattoo, die unter dem schwarzen T-Shirt mit schwarzer Jeanshose hervor zeigen, und steigt aus. Finn schluckt schwer, versucht sich nichts anzumerken, und möchte die Papiere sehen. Der Glatzkopf wühlt mit der rechten Hand an der geöffneten Türseite im Fach und kramt die Unterlagen heraus. Spricht mit russischem Akzent:"Hier bitte", und reicht sie Finn, der mit „Danke und öffnen Sie bitte den Container." Dabei sieht Finn zufällig auf das linke Handgelenk des Mannes, welches ein Tattoo in Wappen mit einem Adler und zwei Köpfen auf dem Hals darstellt. Denkt sich nichts dabei, prüft die Papiere, die in Ordnung scheinen und steigt in den Container, der Mann bleibt an der Fahrbahnseite stehen. Finn schaut sich im Container um, der leer erscheint und beim genauen Anblick fällt ihm in einer Ecke ein paar weissen Glassplitter ins Auge, geht näher dran und er zückt eine Plastikfolie aus seiner Dienstjacke und steckt mit dem Kuli die Splitter in die Folie, ohne dass das der Glatzkopf es bemerkt, steckt sie in die Jacke rein und verlässt den Container. Zeigt dem Mann den rechten Daumen hoch, dass soweit alles in Ordnung sei, und er die Fahrt wieder aufnehmen kann. Eine Weile kontrollieren Jenny und Finn die LKWs, kurz vor Feierabend kehren sie auf die PAST zurück. Auf dem Parkplatz ankommend, sieht Jenny gerade aus der Tür Semir und Paul rauskommen, Finn verabschiedet sich von ihr, bringt noch schnell die gefundenen Splitter in die PAST hinein, bevor er sie auf dem Nachhauseweg verliert. Es könnte vielleicht ein wichtiger Beweis sein. Jenny bleibt an ihrem BMW angelehnt, ruft: „Du Paul, warte mal, bitte!" Paul dreht sich um, wer denn da nach ihm rufe und als er Jenny sieht, klopft er Semir kurz und schnell auf die Schultern, „bis morgen dann!" und geht zu Jenny hin. „Wie war dein erster Tag heute? Alles gut mit Finn oder hast du Beschwerden über ihn?", lacht Paul, der nun vor Jenny steht. Jenny öffnet die Hintertür des BMW und holt von der Rückbank die schwarze Motorradjacke von Paul hervor und reicht sie ihm, die er dankend annimmt. „Alles gut heute, ähm...was war das für eine Bemerkung heute Morgen?", mit gehobenen Augenbraunen fragt Jenny und schaut dabei in Pauls schönen, braunen Augen. Paul zuckt nur mit den Schultern, die eine Hand mit der Jacke festhaltend und die andere Hand in der Hosentasche gesteckt, „Was denn für eine Bemerkung?" „Paul, bitte!", Jenny ist genervt, dass er immer so ahnungslos tut, „ich hätte einen Neuen. Was soll das?" „Ach das, ich habe dich gestern gesehen, als ich beim Joggen war, war mir aber nicht ganz sicher, ob du das warst in einem Cabriolet.", rückt nun Paul mit der Sprache raus. „Ja, Stevie hat mich spontan zu einem Mittagessen eingeladen." Gerade in dem Moment kommt Susanne aus der PAST, will zu ihrem Auto gehen und sieht Paul und Jenny in ein Gespräch vertieft, die Augen nicht voneinander lassen, ohne dass die beiden Susanne bemerken. „Läuft da was zwischen euch beiden?", ist es nun Paul mit einem herausfordernden Blick an Jenny gewandt, der gerne eine ehrliche Antwort hätte. „Ich weiss es noch nicht, das versuche ich gerade herauszufinden", provoziert Jenny ihn mit der Antwort, nachdem sie seinen Blick gesehen hat. Daraufhin Paul mit einem „Mhm...und unsere gemeinsame Nacht, was hat sie für eine Bedeutung bei dir?" Langsam artet die Diskussion in einen Streit aus. „Und für dich?", stellt Jenny schnell die Gegenfrage und blinzelt die Augen. „Ich habe dich zuerst gefragt!" „Mann Paul, ja, die Nacht war schön. Wir sind Freunde, arbeiten zusammen, mehr nicht", mit der rechten Hand die zwei Finger übereinander gekreuzigt hinter ihrem Rücken versteckt, „ausserdem möchte ich nicht, dass es hier auf der Arbeit die Runde macht!" „Ähm, das weiss ja doch keiner, ich fand es schön und hätte nichts gegen eine Wiederholung", versucht Paul mit einem Lächeln Jenny anzusehen und reibt sich mit der rechten Zeigefinger an seiner Augenbraunen. „Lass es gut sein, du kapierst ja auch nix!", Jenny öffnet die Fahrertür ihres BMWs und steigt ein, schlägt die Tür mit voller Wucht zu und startet den Motor. Sie bekommt nicht mehr mit, wie Paul noch zu sagen „Jenny, warte! Ich interessiere mich wirklich für dich!" versucht, denn sie ist davongebraust...

Mehr als nur Freundschaft?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt