Kapitel 129

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Rettung für die Liebe? ...

Bei Semir in der Küche hat Paul ihm die Geschichte erzählt, dabei hat er das Klingeln seines Handys ignoriert. Als Paul fertig ist, und sich die Tränen mit seinem Handrücken wegwischt, seufzt Semir:"Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass Alex plötzlich auftaucht. Ich dachte, er wäre irgendwo in Brasilien verwurzelt, hätte eine Frau und Kinder." „Hat er das?", fragt Paul neugierig, und Semir schüttelt den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste. Irgendwie verhält er sich merkwürdig." „Ach, hat er dir was erzählt?", nun schrillen bei Paul die Alarmglocken. „Eigentlich nicht viel, nur über sein Leben in Brasilien und dass er seine Mutter gefunden hat. Weswegen er hier ist, er sagt Urlaub." „Und wieso habe ich das Gefühl, da steckt mehr dahinter?", nun macht sich Paul Sorgen um Jenny. „Semir, weisst du, was mir Angst macht? Dass Jenny sich wieder auf Alex einlässt. All meine Mühe, Jenny für mich zu beeindrucken, wären dann umsonst gewesen. " Sein Partner trinkt den Tee aus, schaut Paul schief an:"Wie kommst du denn jetzt auf den Schwachsinn? Jenny ist doch mit dir zusammen." „Darf ich dich daran erinnern, dass Jenny damals unter seinem Weggang gelitten hat? Und als er plötzlich vor ihr stand, auf dem Fest, da ist sie vor ihm weggelaufen. Also, für mich sieht das nach versteckten Gefühle aus." „Paul,..." „Nee, Semir! Als ich plötzlich Summer gegenüber stand, habe ich mich nicht so verhalten wie Jenny. Ich wusste zu dem Zeitpunkt schon, dass Jenny meine Liebe ist." „Ich kann dir nur raten, rede bitte mit Jenny und sag ihr das über die Gefühle, was du mir eben gesagt hast." Paul reibt sich mit seinem Zeigefinger an seinem Augenbraunen. „Langsam glaube ich, dass Jenny ihrer Oma begegnet ist, und diese ihr was über die Liebe gesagt hat. Vielleicht meinte Jennys Oma das, was gerade passiert." „Ähm, du meinst, Jennys Oma kann voraus sehen, dass Alex plötzlich wieder Interesse an ihr zeigt?" „So genau hat Jenny mir nicht erzählt, aber in ihren Träumen kamen immer Alex Augen zum Vorschein." „Langsam wird es gruselig", stellt Semir fest und Paul fügt dem hinzu:"Sag ich doch!"

Nachdem Jenny das Buch wieder in das Regal zu den anderen Büchern gestellt hat, hat sich ihr Weinen aufgehört und ein Schmerz zurückbleibt, von dem Jenny sich fürchtet, dass der Schmerz nie vergehen würde, geht sie ins Bad und wäscht sich ihr Gesicht und versucht ihre geschwollenen Augen zu kühlen. Als Jenny mit geschlossenen Augen nach einem Handtuch tastet, findet sie einen über die Kante der Badewanne gelehnt und tupft sich dabei an ihr Gesicht. Sofort hat sie Pauls Duft in ihrer Nase und sie öffnet die Augen, in der Hoffnung, Paul würde jetzt hier im Bad hinter ihr stehen, was aber nicht der Fall ist und sieht, dass sie aus Versehen das T-Shirt von Paul genommen hat. Schnell holt sie das richtige Handtuch und nach der Gesichtspflege nimmt sie Pauls T-Shirt mit ins Schlafzimmer. Setzt sich auf das Bett und hält das T-Shirt an ihre Nase und atmet den Duft ein. „Paul, wo bist du?", spricht Jenny mit sich selbst. Sie wirft noch mal einen Blick auf ihr Handy, ob sich Paul in der Zwischenzeit gemeldet hat. Ihre Blicke senken zu Boden als sie keine Nachricht vorfindet. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass der Flug nach New York bald anstehe. „Will ich das überhaupt noch? Vielleicht kann ich da in Ruhe nachdenken und über die Gefühle zu Paul und Alex im Klaren zu sein...", nachdenklich packt Jenny dabei noch die nötigste Sachen ein, darunter hat sie Pauls Lieblings T-Shirt mit ihren Klamotten zusammen in den Rucksack verstaut. Sie stellt den Reiserucksack in den Flug, die wichtigsten Dokumente legt sie auf den Esstisch. „Geld? Ach, kann ich am Flughafen gegen Dollar eintauschen. Da brauche ich auch noch Zeit dafür, also noch etwas früher aufstehen", seufzt Jenny und rechnet nach, wie lange sie für die Fahrt zum Flughafen braucht, Tasche abgeben, Währung umtauschen und durch die Kontrolle. Sie stellt den Wecker ein und ihr Blick auf die Uhr zeigt schon fast 3 Uhr morgens. „Viel Schlaf habe ich dann auch nicht mehr. Kann ich denn überhaupt noch schlafen?" In Jennys Kopf schwirren so viele Gedanken, dass sie sich im Bett nur noch hin und her wälzt. Schliesslich gibt sie auf, richtet sich im Bett auf und lehnt sich mit dem Rücken an die Rückseite des Bettes und knöpft sich Pauls Kissen vor. Der Duft seiner Haare auf dem Kissen steigt ihr zu Nase. Sie schliesst ihre Augen und träumt vor sich hin...

Nun möchte Paul aufstehen und sich langsam auf dem Weg nach Hause machen. Bange hat er schon, denn er weiss nicht, was dann passieren würde, wenn er wirklich Jenny gegenüber steht. An der Haustür stehen nun Semir und Paul, dieser möchte kurz auf sein Handy schauen, hört die Mailbox ab. Jennys Stimme ertönt auf dem Band. „Paul, ich bin dir dem Auto hinterher gelaufen, aber du hast mich nicht gesehen! Ich bin zuhause und möchte gerne mit dir sprechen, bevor ich nach New York fliege. Ich kann das Geschehen nicht einfach so stehen lassen. Bitte, Paul, komm nach Hause! Ich liebe dich!" Hastig schaut er auf dem Display nach der Uhrzeit, es ist mittlerweile auf 5 Uhr morgens zugegangen. Der Himmel über Köln erwacht langsam aus der Dunkelheit, nun wird Paul schlagartig klar, dass Jenny heute nach New York fliegt. Dieser Gedanke hat Paul seit dem Auftauchen von Alex komplett verdrängt. „Fuck! Hoffentlich schaffe ich es noch", drückt Paul Semir in die Umarmung, „danke Mann, fürs Zuhören und dass ich dich mitten in der Nacht gestört habe." „Ach, dafür sind Freunde da!", ruft Semir dem laufenden Paul hinterher, „viel Glück mit Jenny!" Paul zeigt seinem Partner schnell seinen hochgestreckten Daumen und braust mit quietschenden Reifen vom Hof ab, der eine kleine Staubwolke hinterlässt. Semir blickt dem Mercedes noch eine Weile hinterher, er werde mal mit Alex ein ernstes Gespräch führen müssen.

Zwei Männer kommen auf Jenny zu, der eine sagt:"Nimm mich, Jenny!" und der andere streckt einfach nur die Hand nach ihr aus. Jenny zweifelt und blickt den beiden Männern in deren Augen. Im Hintergrund läuft gerade die Sanduhr und als der letzte Sand durchsickert, klingelt es... Erschreckt wacht Jenny aus ihrem Traum auf, das Klingeln kommt von ihrem Wecker auf dem Nachttisch. Mit geräderten Augen steht sie auf, macht sich fertig und ist enttäuscht, dass Paul nicht da ist. Sie ruft ein Taxi und bereitet die letzten Vorbereitungen vor. Nun wartet sie auf das Taxi und schreibt einen Zettel an Paul, legt diese auf den Tisch im Esszimmer zurück, schnappt ihren Reiserucksack, schaut sich ein letztes Mal um und verlässt die Wohnung.

Unterwegs rast Paul so schnell er kann, die Strassen entlang nach Hause. Er möchte Jenny anrufen, als er gerade die Nummer findet, streikt sein Handy und geht komplett aus. „Ach, FUCK! Was ist los? Akku alle, Mist!" Er gibt noch mehr Gas und die Tankanzeige piept nun auch schon. „Das darf doch nicht wahr sein!" Derweil hält der Taxi vor der Wohnung Renner/Dorn. Jenny lädt ihren Reiserucksack in den Kofferraum, schaut sich um und steigt ein. „Zum Flughafen Köln/Bonn, bitte." Kaum ist das Taxi um die Ecke gebogen, rast der schwarze Mercedes auf den Bürgerstein vor der Haustür, die zu den Wohnungen führt, zu und steht schief auf dem Parkplatz. Schnell sprintet Paul nach oben in die Wohnung. „Jenny?", sucht Paul in allen Räumen und sein Blick fällt auf den Zettel, das auf dem Tisch liegt. Er liest:"Lieber Paul, ich habe vergebens auf dich gewartet! Ich hätte so gerne mit dir geredet, dich gerne noch mal gesehen. Es tut mir wirklich leid, dass die Situation ausser Kontrolle geraten ist, ich habe das nicht gewollt! Jenny..." Die letzte Chance hat Paul noch, zum Flughafen zu fahren. „Mist, welcher Flughafen?" Paul verlässt sich auf sein Bauchgefühl und vermutet den Flughafen Köln/Bonn. So schnell wie Paul von unten nach oben gekommen ist, ist er schon wieder draussen und steigt in den Mercedes. Beim Starten des Motors ertönt das Klingeln der Tankanzeige. „Verdammt!", haut Paul mit den Händen an das Lenkrad. Die nächste Tankstelle ist weiter weg, wenn er trotzdem losfährt, kann er sich darauf verlassen, den Mercedes eigenhändig zur Tankstelle schieben. Nee, die Idee ist scheisse! Dann fällt ihm eine andere Lösung ein, schnell steigt er aus dem Mercedes und rennt auf die Garage zu, öffnet diese und streift den Motorradhelm über seinen Kopf, setzt sich auf seinen BMW-Motorrad und gibt mächtig Gas, der Auspuff macht einen lauten Krach beim Starten. Nun zählt jede Sekunde...    

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