Kapitel 154

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Schlussstrich unter der Vergangenheit...

Jenny steht die Kinnlade runter und zieht ihre Hand von Alex weg, dreht sich um und kneift sich die Augen zusammen. Einen Moment sieht Alex Jenny von hinten an, dann steht Alex auf und legt seine Hände an Jennys Schulter. Zaghaft möchte er sie zu sich umdrehen, doch Jenny geht zwei Schritte weiter nach vorne. Mit einem empörten Gesichtsausdruck blickt sie Alex an. „Damit ich das richtig verstanden habe, möchtest du, dass ich mit dir heile Welt vor deiner Mutter spiele und ihr ein Enkelkind schenke?" „Wäre das so schlimm? Ich meine, wir waren ja öfters im Bett, und..." „Sag mal, tickst du noch sauber? Weisst du, was du da tust?", nun wird Jenny richtig laut. „Süsse, ...", weiter kommt Alex nicht, da Jenny ihm eine Ohrfeige gescheuert hat. „Nenn mich nie wieder Süsse!" Ein wenig erschrocken reibt sich Alex mit seiner Hand an die betroffene Wange und bewegt seinen Kiefer. „Du kannst doch jede andere Frau haben, musst das denn unbedingt ich sein? Und ich habe dir das geglaubt, dass du das ehrlich meintest mit der Liebe", nun steigt die Wut höher bei Jenny, sie geht einige Schritte auf und ab, „meine Entscheidung ist gefallen, ich sehe keine Zukunft mehr für uns!" „Vielleicht ändert das mit einem Kind, ich kann mich auch ändern", versucht Alex Jenny irgendwie zu überreden. Jenny prustet laut, stemmt ihre Hände an ihren Hüften. „Alex, ich sage es klar und deutlich: Ich liebe dich nicht mehr!" Alex setzt seinen Dackelblick auf. „Für meine Mutter, bitte!" Jenny jedoch bleibt hart. „Das miese Spiel mache ich nicht mit! Ich belüge und betrüge keine Menschen in der Familie. Ich dachte, du legst Wert auf deine Mutter, sonst wärst du nicht nach Brasilien gegangen, um deine Mutter zu finden?" Jenny ist fassungslos über Alex Vorschlag und in ihr sträubt sich die Wut mehr. „Dabei geht es gar nicht um mich! Und ich habe darunter gelitten, dass du gegangen bist! Du hast nicht um unsere Liebe gekämpft, sonst hättest du anders gehandelt." Jennys Augen werden feucht, sie versucht die Tränen zurückzuhalten. „Unsere Zeit ist vorbei, ich glaube nicht, dass ich jemals wieder mit dir glücklich werde. Dazu ist zu viel geschehen!" Jenny legt ihren beiden Händen auf ihren Bauch und lässt die Neuigkeit raus. „Unter meinem Herzen wächst ein neues Leben heran. Ich werde es mit dem Mann bekommen, der mich auch in guten wie in schweren Tagen beisteht und seine bedingungslose Liebe aus vollem Herzen gibt. Das hat mir bei dir gefehlt." Alex wirft einen Blick auf Jennys Bauch, von dem man noch nicht sehr viel sehen kann. „Du erwartest ein Kind? Du bluffst nur", grinst Alex frech und Jenny schaut ihn mit einem kalten Gesichtsausdruck ernsthaft an. „Nein, Alex! Es ist die Wahrheit. Mein Herz ist an Paul vergeben und ich liebe ihn! Das ist mir klar geworden." Jenny wendet sich von Alex ab und geht auf die Tür zu. „Mach es gut, Alex!" Zurück bleibt ein sprachloser Alex, der nicht mit Jennys Hartnäckigkeit gerechnet hat. „Mist!", flucht Alex. Sein Plan scheint zum Tode verurteilt zu sein. Unten in der Lobby angekommen, muss sich Jenny erstmal durchschnaufen, das war doch zu viel für sie gewesen. Mit langsamen Schritten geht sie hinaus in die frische, kalte Luft und steigt in das Taxi. Der Fahrer dreht sich nach hinten um, sieht, dass Jenny ein weinendes Gesicht hat und fragt nach:"Ist alles in Ordnung?" „Ja", versucht Jenny zu lächeln, was ihr aber mühsam gelingt. „Ich möchte nur noch nach Hause!" „Gerne, dazu bräuchte ich aber die Adresse", startet der Mann den Motor und hört, wie Jenny ihm die Strasse nennt und das Taxi fährt zu der angegebenen Strasse. „Paul! Ich komme zu dir!", Jenny denkt freudig in ihren Gedanken an Paul, ihr Herzklopfen schlägt in hohen Rhythmus. Sie macht sich Gedanken, wie sie Paul die freudige Nachricht über ihre Schwangerschaft überbringt. „Paul, du wirst Papa!... Ein Junge oder ein Mädchen, was möchtest du?... Aus Zwei wird bald Drei, verstehst du?... Schreiende Nächte und Windeln wechseln stehen demnächst auf dem Plan...", während der Fahrt im Taxi malt sich Jenny die verrückteste Ideen aus, wie sie es ausdrücken soll. Letztendlich lässt sie es auf sich ankommen, wenn sie Paul gegenüber steht, dann flutscht das schon irgendwie aus ihrem Munde. Das Taxi biegt in die Strasse, und kommt langsam zum Stehen. Aufgeregt schaut Jenny aus dem Fenster, kann aber Pauls Mercedes nicht finden. Jenny zückt aus ihrer Geldbörse Geldscheine heraus und bezahlt die Fahrt. Ein wenig geknickt steigt Jenny aus dem Taxi und der Mann hilft ihr noch, den Reiserucksack aus dem Kofferraum zu holen und streift sie Jenny an den Rücken. „Vielen Dank!", sagt Jenny und der Mann bedankt sich ebenfalls und wünscht ihr noch einen schönen Abend. Es ist mittlerweile dunkel geworden, als Jenny näher an die Haustür kommt, sieht sie Licht in der Wohnung. „Paul ist doch da!", ihr Lächeln wird breit und hastig geht sie hinein, nun steht sie vor der Wohnungstür.

Bei den Gerkhans ist das Familienessen mit dem Gast Finn fröhlich verlaufen, selbst Andrea ist zufrieden, da gut gegessen wurde. Es herrscht eine kühle Luft draussen auf der Terrasse, auf dem Tisch brennt das Lichtlein im Windlichtglas. Die kleinen Mädchen haben sich ins Wohnzimmer zurückgezogen und schauen sich einen Film an. „Einen Wein auf den schönen Abend?", fragt Andrea in die Runde, als sie gerade aufsteht und das Geschirr zusammenräumt. „Für mich einen Bier, mein Herz", bittet Semir seiner Frau. „Ähm, ich nehme das gleiche wie Ihr Mann", höflich unterstützt Finn Andrea mit dem Geschirr. „Sie sind doch unser Gast, das brauchen Sie nicht zu machen." Andrea lächelt Finn an und dieser wird von Dana abgelöst. Dana geht mit Andrea ins Haus und holt Getränke für die Runde draussen. „So, wie hat es Ihnen bei uns gefallen?", möchte Semir von Finn wissen. „Ganz gut, Sie haben eine nette Familie", antwortet Finn und Semir lächelt. „Das freut mich, dass es Ihnen gefallen hat. Und ich bin Ihnen dankbar, dass Sie meiner Tochter bei den Prüfungsaufgaben unterstützen." „Das mache ich gerne." „Übertreibe es nicht mit Dana!", mahnt Semir und Finn wusste, dass Semir sowas andeuten würde. Daraufhin gibt sich Finn cool und meint, er wäre kein Frauenaufreisser. „Dann bin ich ja beruhigt", scheint Semir erleichtert zu sein. Nun kommen die beiden Frauen mit Getränke zurück. Die Männer lassen sich die Flasche Bier aneinander zuprosten, während bei Andrea und Dana mit den Weingläsern vorsichtig geprostet wird. „Auf den schönen Abend!", beginnt Andrea, und die anderen stimmen zu. Es wird noch weiter lustig unterhaltsam.

Das Herzklopfen pocht Jenny so sehr unter dem T-Shirt, sie streift ihren Reiserucksack ab und lehnt diese an die Wand. Sie möchte auf die Türklingel drücken. Just in dem Moment hat Paul die Idee, Jenny anzurufen und nachzufragen, wann er sie vom Flughafen abholen solle. Er wählt ihre Nummer, dabei steht Paul im Flur und ordnet die Briefe. Er hört das Handyklingeln durch die Wohnungstür. Jenny schreckt durch den Klingelton ihres Handys auf und greift nach dem Handy. Noch hat sie den Anruf nicht angenommen, ist es Paul der verwundert über die Geräusche die Tür öffnet und Jenny in der Türschwelle sieht. Beide blicken in die Augen, das Lächeln der beiden wird breit...im Hintergrund läuft immer noch Pauls Lieblingsmusik...beide drücken auf das Handy und der Ton verstummt. „Hi, wie geht's?", ist es Jenny, die Paul freudig anschaut. „Jenny", in Pauls Augen leuchtet Freude auf und er umarmt sie so schwungvoll, dass Jenny kaum noch stehen kann. „Jenny", haucht Paul ihr in das Ohr, „ich habe dich sehr vermisst!" „Ich dich doch auch!" Nun küssen sie sich voller Leidenschaft, nach einer Weile ausser Atem lehnen beide Stirn an Stirn, die Musik läuft immer noch... „Ich freue mich, dass du da bist!", wieder sucht Pauls Lippen die von Jenny. „Paul, mir ist klar geworden, meine Liebe gehört nur dir!" Jenny krault mit ihren Händen durch Pauls wuschelige Haare. Beide haben Freudentränen in den Augen. „Ich lasse dich nie mehr los", wird Paul emotional und hebt Jenny hoch an seinen Hüften. Die Küsse werden fordernder, mit dem Fuss schlägt Paul die Wohnungstür hinter sich zu und begibt sich mit Jenny auf die Couch. Die Zungenküsse wollen einfach nicht aufhören, so sehr haben sie sich vermisst, die Zärtlichkeit des anderen hat in den letzten Tagen gefehlt. Nun richtet Jenny ihre Augen auf den Rosenstrauss. „Ich weiss, ich bin nicht der Blumentyp, aber ich möchte dir sagen, dass ich dich liebe, und wie sehr!", Paul wartet Jennys Reaktion ab und wird von ihren Küssen überhäuft. „Ich habe für uns was Kleines vorbereitet, und ich hole uns jetzt Sekt. Das Wiedersehen muss gefeiert werden!" Paul will gerade aufstehen, Jenny hält ihn zurück. „Warte bitte, ich muss dir noch was sagen..."     

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