Kapitel 41

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Die Enttäuschung...

„Stevie?", ist es Jenny, die sprachlos und etwas verwirrt zwischen den zwei Männern ist, und steigt aus dem Wagen, „was machst du hier?" „Ich habe mir gedacht, ich wollte dich mit einem spontanen Besuch überraschen. Lust auf was Trinken zu gehen?" Bei Paul trifft der Schock noch mehr und er steigt ebenfalls aus, geht zum Kofferraum, wo auch gerade Jenny angekommen ist und beide ihre Händen gleichzeitig auf den Griff zum Öffnen halten und einige Sekunden dabei belassen. Dann zieht Jenny ihre Hand zurück und lässt sich von Paul helfen, ihren Koffer aus dem Wagen zu holen. Stevie kommt dazu und nimmt Paul den Koffer ab:"Danke, das mache ich schon." Hatte doch Jenny Stevie das ganze Wochenende komplett aus den Gedanken gestrichen und nun steht er unerwartet vor ihr und gerade eben hat Paul ihr etwas über seine Gefühle gesagt. Völlig verwirrt kommt aus ihrem Mund an Paul gerichtet:„Danke für alles, bis morgen auf der Arbeit. Gute Nacht!" Wie versteinert lässt sich Jenny von Stevie bis zu ihrem Hauseingang begleiten und sie hört noch, wie Paul ihr nachruft:"Schlaf gut!" Mit einem lauten Krachen lässt Paul den Kofferraum heftig zuschlagen und humpelt zur Fahrerseite, steigt ein und laut:"FUCK!" auf den Lenkrad schlagen sagend und braust mit quietschenden Reifen davon. „Sag mal, ist der immer so?", fragt Stevie Jenny, dem das Davonbrausen nicht normal vorkommt. Jenny gibt dazu keine Antwort und erschöpft wirkend sagt sie zu Stevie:"Du, ich bin wirklich hundemüde. Wir hatten einen verdeckten Einsatz gehabt, das war anstrengend. Ich würde jetzt gerne ins Bett gehen." Stevie hält den Koffer immer noch in der Hand:"Ich trage dir den Koffer nach oben." „Das brauchst du nicht, wir haben einen Lift", zeigt Jenny mit dem Finger durch das Glas der Hauseingangstür auf den Lift, der sich geradeaus befindet. „Ich helfe dir wirklich gern!" „Das glaube ich dir, das mache ich schon", versucht Jenny erneut. „Ok, dann wünsche ich dir eine gute Nacht! Wir telefonieren", und gibt ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange und geht zu seinem Wagen zurück. All dies hat Paul nicht mehr mitbekommen, so enttäuscht er davongerast ist. Auch die Enttäuschung, dass das Gespräch unterbrochen wurde, steht Jenny ins Gesicht geschrieben, als sie mit dem Lift auf ihre 3. Etage fährt. In dem Lift kommen ihr die Bilder mit Paul letzte Nacht im Hotelaufzug vor ihren Augen. Bei ihr herrscht im Moment eine Leere, so alleine sie sich jetzt fühlt und an der Wohnung angekommen, schliesst sie die Tür auf, lässt den Koffer im Flur stehen und geht ins Bad. Jenny schaut sich im Spiegel an und seufzt nachdenklich:"Paul, was machst du nur mit mir?", dreht den Wasserhahn auf und lässt kaltes Wasser auf ihr Gesicht leiten und atmet aus. Dann zieht sie die Klamotten gegen Schlafanzug um und geht müde in ihr Bett. Obwohl sie sehr müde ist, wollen die Augen nicht einfach schliessen lassen. Sie wälzt sich hin und her, wirft die Bettdecke zurück. Wenn die Erinnerungen an den verheissungsvollen Sex nur verschwinden würde. Je mehr sie daran denkt, desto mehr Kribbeln spürt sie am ganzen Körper, so sehr sie die Nacht mit Paul genossen hat. Dann kommt die Angst in ihr hoch, hatte sie damals nach der Sache mit Alex geschworen, sich nie wieder auf einen Kollegen einzulassen. Sie habe sich anfangs gegen Paul gesträubt, sein Machogehabe ging ihr damals auf die Nerven. Mittlerweile kommen die beiden besser klar und das Wochenende hatte das Private aus den beiden wie aus einem Buch aufschlagend gezeigt.

Unterdessen geht es Paul auch nicht anders, schlecht gelaunt kommt er zuhause an, öffnet die Wohnungstür und stellt den Koffer achtlos in eine Ecke im Flur, nimmt sich einen Apfel aus der Obstschüssel, setzt sich auf die Couch und beisst grosse Stücke ab. „Was muss der Typ auch auftauchen? Ich hatte es fast soweit, ihr was zu meinen Gefühlen sagen.", in seinen stillen Gedanken sagen. Kurzentschlossen steht Paul auf und springt unter die Dusche um einen klaren Kopf zu bekommen. Viel hat es nicht geholfen, denn vor dem Spiegel sieht Paul immer noch so aus wie vorher und versorgt die Wunde. Als er sein Knie betrachtet, stellt er fest, dass es geschwollen ist und beim Tasten wehtut. „Also doch morgen zum Arzt damit, am besten vor der Arbeit." Paul humpelt aus dem Bad ins Bett, den Kopfkissen zusammen geknüllt und legt seinen Kopf drauf. Tausende Gedanken schweifen ihm durch den Kopf, was wäre, wenn ich den Satz zu Ende gesagt hätte, wie hätte Jenny reagiert? Was, Wie, Wenn, Wäre...??? Genervt von einer Seite auf die andere Seite wälzend kann Paul nicht einschlafen, obwohl er doch so erschöpft von der Action heute Mittag ist und sein Knie vor Schmerzen pocht. Sein Blick fällt auf die leere Bettseite, das Bett erscheint ihm zu gross, strahlt eine Kälte aus und da fehlt irgendwas, was er am Wochenende im Hotel hatte, nämlich Jenny auf der anderen Bettseite. Nach einer Weile knipst er die Nachtlampe auf dem kleinen Tisch an, greift zum Handy, sucht nach Jennys Namen und tippt:„Hi, ich wollte mit dir über meine Gefühle sprechen...es war sehr schön mit Dir! Du fehlst mir!" Hält den Finger über die „Senden"-Taste und zögert immer wieder. Letztlich löscht er die Nachricht und wirft das Handy auf den Tisch, schaltet das Licht aus und versucht verzweifelt die Augen zu schliessen. Die Nacht wird zu einer schlaflosen Nacht bei Paul. Zur gleichen Zeit ist Jenny auch kurz davor, Paul eine Nachricht zu schreiben:"Hallo Paul! Es tut mir leid, dass Stevie zum falschen Zeitpunkt aufgetaucht ist. Was möchtest du mir sagen? P.S.:Ich hatte wirklich viel Spass mit dir gehabt!" Fest gekuschelt hält Jenny das Handy in der Hand und der Tanz mit Paul geht ihr durch den Kopf, bis sie irgendwann einschläft und das Handy langsam aus ihrer Hand fällt und die Nachricht immer noch auf dem Display erscheint und nicht abgeschickt wird...


Unzufriedener Montag...

Die Nacht schlecht geschlafen und vor Schmerzen im Knie, ist Paul schon früh aufgestanden, bereits fertig angezogen und bereitet sich das kleine Frühstück für sich vor. Es ist fast acht Uhr morgens, und Paul teilt Frau Krüger telefonisch mit, dass er heute zum Arzt gehe, da er Schmerzen im Knie habe und womöglich nicht auf die PAST kommen werde. Nach dem Frühstück macht sich Paul humpelnd auf dem Weg zum Mercedes, der unten an seiner Wohnung geparkt steht und begibt sich auf die Fahrt zum Arzt.

Durch das Klingeln des Weckers erwacht Jenny aus dem unruhigen Schlaf der letzte Nacht und sie sortiert erstmal ihre Gedanken, wo sie sich befindet. Dann fällt ihr Blick auf das Handy, das etwas weiter neben ihr auf der Matratze liegt. Sie nimmt es zu sich, merkt, dass von ihr eine Nachricht an Paul geschrieben vorzeigt, aber nicht abgesendet wurde. Sie löscht es und steht unfreiwillig aus dem Bett, macht sich für die Arbeit fertig. Nimmt nur einen Cappuccino im Stehen ein, Hunger hat sie nicht. Während sie den Cappuccino trinkt, denkt sie in der Stille nach:"Ob Paul jetzt beim Arzt ist?" Schaut auf die Uhr und ups...schon ist sie weg zur PAST.

Auf dem Revier erscheinen alle ausser Paul, müde und teilweise schlecht gelaunt an dem Montagmorgen hinter den Schreibtischen. Frau Krüger kommt aus ihrem Büro und sieht die Gesichter ihrer Mitarbeiter, und entschliesst sich kurzfristig eine Mitteilung bekannt zugeben:"Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten einen Sondereinsatz am Wochenende gehabt, das gestern Nachmittag abgeschlossen werden konnte. An die Kollegen, die das Wochenende im Einsatz waren, die können bitte für heute Schluss machen und ich sehe Sie morgen wieder fit hier auf der PAST. Schönen Feierabend für sie und die anderen wünsche ich ein frohes Schaffen!",geht in das Büro zurück und erledigt was Wichtiges bevor sie auch für heute Schluss macht. Semir sieht Jenny und geht auf sie zu:"Wie geht's eigentlich Paul?" „Tja, er scheint wohl ein Problem mit dem Knie zu haben, so wie er gestern gehumpelt ist. Du kennst ihn doch, er spielt immer alles herunter",seufzt Jenny. „Ich rufe ihn mal an", deutet Semir mit dem Handy zeigend auf Jenny und geht in sein Büro. Wie der Zufall es möchte, ist es Paul, der zuerst Semir anruft:"Hallo Semir, ich bin gerade beim Arzt. Wegen dem Knie müsste ich ins Krankenhaus zum Röntgen, gut sieht es leider nicht aus. Könntest du mich zuhause abholen und mich ins Krankenhaus fahren, falls ich danach nicht selbst am Steuer sitzen kann?" „Klar Paul, dafür sind Freunde da! Die Chefin hat uns für heute frei gegeben, ich komme direkt zu dir. Bis gleich, Partner!" und legt auf. Aus dem Büro herauskommend in die grosse Halle geht Semir zum Arbeitsplatz, wo Jenny gerade ihre Sachen wegräumt und die Jacke anziehen will:"Jenny, Paul hat mich gerade angerufen. Sein Knie sieht nicht gut aus. Ich hole ihn ab und bringe ihn ins Krankenhaus zum Röntgen. Bis morgen!" „Bis morgen", schaut Jenny Semir mit hängendem Blick hinterher, der gerade die Tür der PAST hinter sich verlässt. Susanne,die das Gespräch zwischen den beiden mitbekommen hat, kommt auf Jenny zu, nimmt sie in die Arme:"Was ist los? Warum schaust du so traurig?" Jenny legt ihren Kopf an die Schulter von Susanne und diese hört ihre Antwort:"Paul hat Semir gefragt, ob er ihn ins Krankenhaus zum Röntgen bringen kann." „Ach, das ist doch nichts Schlimmes das Röntgen", wundert sich Susanne wegen der Kleinigkeit,das zu Traurigkeit führt. „Ach", kommt es von Jenny, die sich aus der freundschaftlichen Umarmung löst, „das ist es nicht." Susanne nimmt Jennys Hände in ihre und drückt sie fest:"Du weisst, ich bin immer für dich da, wenn du reden möchtest!" „Danke, das weiss ich. Aber nicht heute, dafür bin ich zu müde, ich habe letzte Nacht nicht so gut geschlafen." „Dann ruhe dich jetzt Zuhause aus. Wenn was ist, du kannst mich jederzeit anrufen, auch nachts!",versucht Susanne Jenny ein wenig aufzuheitern und beide verabschieden sich. In ihrem BMW sitzend lässt Jenny ihren Kopf ans Lenkrad sinken und grübelt nach,wieso Paul sie nicht angerufen und gefragt hat, ob sie ihn ins Krankenhaus begleiten würde. Sie hätte das gerne gemacht, nicht nur aus Kollegialität, eher mehr wie Freunde oder noch mehr als Freundschaft. Jenny denkt zu viel darüber nach und mit der Zeit bekommt sie Kopfschmerzen, auch von dem kurzen,schlechten Schlaf letzter Nacht und startet den BMW, macht sich auf den Heimweg. Irgendwie fühlt sich Jenny innerlich betroffen, dass Paul lieber Semir bevorzugt als sie...    

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