Kapitel 156

302 13 4
                                    


Tröstende Worte...

„Jenny, das ist doch schön! Deswegen weinst du?", nun ist Martin verwirrt, weil seine Tochter weint. Er schaut Jenny in die Augen und diese wimmert weiter. „Nein, nicht deswegen. Ich...", Jenny bricht den Satz ab, als sie Nora sieht, die nun in den Flur kommt. „Hallo, Jenny!", sagt sie freundlich und erst jetzt bemerkt Nora, dass Jenny ein weinendes Gesicht hat. „Entschuldige bitte, ich wollte nicht stören." Mit beiden Händen erhebt sich Nora und will wieder ins Wohnzimmer gehen, als Martin sich zu Nora umdreht und bittet sie, ihn mit seiner Tochter alleine zu lassen. Nora zeigt daraufhin Verständnis und möchte sich ins Schlafzimmer zurück ziehen. Mit einem Kuss von Nora an Martin verabschiedet diese, an Jenny mit einem „Gute Nacht" gewandt und geht die Treppenstufen nach oben. „Komm, wir gehen ins Wohnzimmer, und du erzählst mir, was passiert ist", schlägt Martin vor und legt seinen Arm um ihre Schulter. Jenny nickt nur und lässt sich von ihrem Vater ins Wohnzimmer führen. Er holt aus der Küche ein sauberes Glas, schenkt Wasser ein und übergibt sie Jenny, die ihn dankend anschaut. Nachdem Jenny einen Schluck genommen hat, kuschelt sie sich an ihrem Vater, der gerade auf die Couch neben ihr sitzt. Sie beginnt die ganze Geschichte zu erzählen, wo Alex überraschend auf dem Sommerfest auftauchte bis hin zu der Rückkehr gerad eben in der gemeinsamen Wohnung von Paul und ihr. Martin hört seiner Tochter geduldig zu und als diese zu Ende erzählt hat, drückt er sie ganz feste in seine Umarmung. „Dass ich nochmal Opa werde, das freut mich! Weiss Paul das schon?", zu gut kennt Martin das Gefühl, wenn man die Neuigkeit erfährt, denn schliesslich hat er es damals selbst erlebt, als Patrick und Jenny unterwegs waren. „Nein, ich wollte es ihm heute sagen, aber da stand diese Zicke in der Tür!", bei dem Gedanken an die Frau, die frech grinste, wird es Jenny schlecht und sie rennt so schnell sie kann mit der Hand vor dem Mund zur Toilette. Martin sieht amüsant von der Couch zu, wie Jenny um die Ecke rennt. In ihn kommt die schöne Erinnerung auf, die er damals mit seiner geschiedenen Frau erlebt hatte. Die Schwangerschaftsübelkeiten gehören nun mal dazu, verlaufen aber bei jedem unterschiedlich. Nach einer Weile kommt Jenny wieder zurück, ihr scheint es langsam besser zu gehen. „Geht das jetzt so lange, die neun Monaten?", dieser Gedanken macht sie echt zu schaffen und sieht, wie ihr Vater lächelt. „Dein Lachen möchte ich haben", ärgert sich Jenny und setzt sich wieder neben ihrem Vater. „Deine Mimik ist lustig, ich lache dich nicht aus. Tja, ich bin ein Mann und ich weiss nicht, ob es dir die ganze neun Monaten so geht mit der Übelkeit." „Dann muss ich zur Gynäkologie gehen und wie weit in bin. Demnächst stehen Babybücher statt Frauenmagazine auf dem Tisch, Windeln statt Shoppingtüten und schreiende Nächte statt erholsamen Schlaf", zählt Jenny an den Finger auf. „Ach, so schlimm wird es nicht sein! Du bist nicht alleine, Paul ist ja auch noch da", macht Martin Jenny Mut vor der neuen Herausforderung. Jenny zuckt nur tonlos mit den Schultern. „Ich denke, Paul hat ein Recht zu erfahren, dass er Vater wird." Jenny seufzt und knuddelt sich an ihrem Vater.

Dort angekommen, sieht Paul in der Einfahrt der Villa Dorn Jennys BMW stehen. Den Motorrad stellt er ab und steigt von der Maschine ab. Vorsichtig streift er seinen Helm ab, seine blonde Mähne wird gelockert. Sein Bauchgefühl hatte Recht gehabt, dass Jenny Zuflucht bei ihrem Vater sucht. Nun wird es Paul ein wenig mulmig vor dem Gespräch. „Was ist, wenn Jenny nicht mit mir reden möchte?", dieser Gedanke macht Paul Angst. „Wenn ich es nicht versuche, dann werde ich es gar nicht erfahren." Paul geht die Treppenstufen nach oben und drückt auf die Klingel. Zu später Stunden schrecken die beiden Köpfe von Jenny und Martin auf, blicken sich an, als Martin aufsteht, hält Jenny ihn an dem Handgelenk fest. „Wenn es Paul ist, ich will nicht mit ihm reden!" „Jenny, sei nicht kindisch! Klärt das bitte, auch dem kleinem Würmchen da drin zuliebe!" „Sag ihm aber nicht, dass ich schwanger bin!" „Wieso sollte ich? Das ist deine Aufgabe und nun gehe ich mal nachschauen, wer das ist", schon ist Martin im Flur und macht das Licht an. Von draussen sieht Paul durch die Glasscheibe das Licht im Flur angehen, eine Person kommt an die Haustür. „Hallo, Martin", begrüsst Paul, nachdem die Tür geöffnet wurde. „Hallo, Paul!" „Kann ich bitte mit Jenny sprechen? Ich glaube, das ist alles ein dummes Missverständnis", versucht Paul zu erklären. Im Wohnzimmer kann Jenny die Neugier nicht aushalten und schleicht in den Flur. Sie hört das Gespräch mit. „Ich schwöre, ich habe Jenny nicht hintergangen, als sie in New York war!", beteuert Paul seine ganze Unschuld. „Paul, beruhige dich. Ich glaube dir schon, dass du ehrlich bist. Lass Jenny etwas Zeit, dann wird sie mit dir zur Aussprache treffen", möchte Martin Paul ein wenig gedulden. „Ok, sage ihr bitte, dass ich sie liebe!", gibt Paul noch mit auf dem Weg. Da platzt Jenny der Kragen und sie steht nun hinter ihrem Vater und mit lauter Stimme sagt sie:"Lass mich in Ruhe! Ich möchte nicht mit dir reden!" „Jenny!", nun ruft Paul nach ihr und kommt näher an Martin dran, „Jenny, warte bitte!" Jenny ist schon längst die Treppenstufen nach oben gerannt in ihr Kinderzimmer. Vater Dorn hält Paul mit seinen Händen an Pauls Schulter fest. „Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Ich rede mit Jenny, ok?" Martin hat die Mühe, Paul zurück zu halten, denn dieser brennt darauf, ins Haus zu stürmen und Jenny hinterher zu laufen. Widerwillig gibt Paul nach und geht einige Treppenstufen runter. „Zuviel Aufregung ist nicht gut für Jenny", sagt Martin noch, was Paul verwundert aussehen lässt. „Ähm, ich verstehe nicht ganz?" Verlegen sucht Martin nach einer Ausrede, denn er möchte sich nicht verplappern. „Ich meine, der Jetlag und so, das ist zuviel an einem Tag." „Ach so, ja ok.", Paul gibt sich nicht ganz zufrieden mit der Antwort, drückt aber sein Mitgefühl aus. „Paul, mach dir keine Sorgen, es wird alles wieder gut, da bin ich mir sicher!" Mit voller Hoffnung in die Zukunft verabschieden sich die beiden Männer und Paul geht zu seinem Motorrad zurück. Jenny steht hinter dem Fenster und schaut sehnsüchtig auf Paul herab, der geknickt und mit hängendem Kopf auf sein Motorrad zugeht. Er spürt, dass Jenny in der Nähe sein muss und richtet seinen Kopf gegen das Fenster. Er sieht nur die Raffrollos im dunklen Raum. Es beginnt leicht zu regnen, Paul setzt seinen Helm auf, steigt auf die Maschine und lässt den Motor aufheulen. Einen Moment wartet er noch, seinen Blick durch das Visier des Helmes auf das Fenster gerichtet, hinter der Jenny immer noch steht. Das alles hat sie schon einmal erlebt, in ihr kommt die Erinnerungen hoch, wie sie das erste Mal mit Paul auf der Maschine zu Emilias Geburtstag fuhr und beim Nachhause bringen hatte Paul sie hier auf der Einfahrt geküsst. Da wollte sie nicht wirklich zugeben, dass sie sich in Paul verliebt haben könnte. Die Tränen kullern an ihrer Wange, mit dem Handrücken wischt sie es weg. Als sich am Fenster nichts rührt, klappt Paul das Visier zu, gibt Gas und lenkt den Motorrad auf die Ausfahrt zu. Wie in Trance klatscht Jenny mit der einen Hand gegen die Fensterscheibe und flüstert „Paul" und dann immer lauter werdend „Paul", bis das rote Rücklicht des Motorrads um die Ecke abbiegt. Martin hört den lauten Ruf seiner Tochter und öffnet die Tür zu Jennys ehemaligem Kinderzimmer weit auf und sieht, wie Jenny sich mit dem Rücken an das Fenster lehnt und zu Knien abrutscht. Ihre Hände an das Gesicht gelehnt, das Weinen wird lauter. Martin geht zu Knie, tröstet Jenny und diese wimmert:"Papa, ich liebe Paul doch. Ich würde ihm so gerne sagen, dass er Vater wird." „Warum sagst du es ihm dann nicht?" „Würde ich gerne, wenn nicht diese..." Der Vater nimmt Jennys Hände von ihrem Gesicht und blickt sie an. „Du hast mir die ganze Geschichte erzählt, auch über Alex. Hast du vielleicht mal daran gedacht, wie Paul sich gefühlt haben muss, als Alex dich um eine neue Chance und einen Neuanfang gebeten hat? Vielleicht bist du zu hart mit Paul umgegangen?" „Ich hätte ihm vielleicht zuhören sollen und nicht gleich weglaufen sollen", wird Jenny das Ausmass der Situation langsam bewusst. „Dann fahre ich jetzt zu Paul", schon will Jenny aufstehen, aber ihr Vater hält sie zurück. „Heute nicht mehr! Denk an das Baby, du sollst dich schonen. Schlaf erstmal und morgen früh kannst du immer noch mit Paul reden, ok?" macht Martin einen Vorschlag und Jenny weiss, dass ihr Vater es gut mit ihr meint und willigt ein. „Gute Nacht", sagt Martin, bevor er das Zimmer verlässt und gibt ihr einen Kuss. „Dir auch, Papa!" Während Jenny aus ihrem Kleiderschrank ein T-Shirt für die Nacht heraussucht, denkt sie an Paul und hat ein schlechtes Gewissen...    

Mehr als nur Freundschaft?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt